1070 - Gefangene der Materie
wirklich sind", dudelte Kerma-Jo.
„Wenn man die so reden hört", meldete sich Gucky über Helmfunk bei Rhodan, „könnte man denken, sie besäßen eine Art drittes Auge."
„Bist du etwa neidisch, Kleiner?" fragte Rhodan anzüglich.
„Meine Stellung ist eine derart exponierte, daß ich Neid überhaupt nicht kenne", versetzte der Ilt beleidigt. „Und wenn die beiden Riesenschnecken den Urknall rekonstruieren könnten, wäre ich doch noch immer König der Mutanten."
„Ich wußte gar nicht, daß man dich dazu ernannt hat!"
„Es ist eine Floskel", versetzte Gucky. „Ich wollte dich nur mit der Nase darauf stoßen, wie die Verhältnisse nun einmal sind."
Rhodan ging nicht weiter darauf ein, denn wie er Gucky kannte, wäre eine endlose Diskussion daraus entstanden. Er konnte sich jedoch gut vorstellen, wie sehr den Kleinen die erstaunlichen Fähigkeiten der beiden Dargheten irritierten.
Rhodans Gedanken widmeten sich wieder den hauptsächlichen Problemen, mit denen sie sich auseinander zusetzen hatten.
Er dachte an die vielen Barrieren und Hindernisse, auf die sie bei ihrer Suche nach den Porleytern schon gestoßen waren. Eine entsetzliche Idee kam ihm in den Sinn.
War es nicht möglich, daß die Porleyter besonders hartnäckige Verfolger einfach dadurch bestraften, daß sie deren Bewußtseine in solche konservierten Gefängnisse steckten?
Nein, widersprach sich Rhodan im stillen. So unmenschlich konnten die Porleyter nicht handeln. Sie waren die Vorläuferorganisation der Ritter der Tiefe gewesen und hatten als solche bestimmt einen hohen ethischen Entwicklungsstand erreicht.
Rhodans Überlegungen wurden unterbrochen, als er sah, daß die beiden Dargheten sich von dem kristallinen Gebilde entfernten und am Flußufer entlang krochen.
„He!" rief Rhodan und rannte ihnen nach. „Wohin geht ihr? Was ist geschehen?"
Sie beachteten ihn nicht, sondern schienen in eine heftige Diskussion verstrickt zu sein. Dabei hatten sie ihre Sprechfunkanlagen abgeschaltet.
Es kam selten vor, daß Kerma-Jo und Sagus-Rhet nicht einer Meinung waren, aber wenn es der Fall war, schienen sie eine gewisse Scheu davor zu haben, ihre Uneinigkeit gegenüber anderen zur Schau zu stellen.
Erst als Rhodan sie eingeholt hatte, blieben sie stehen.
„Das, was wir herausgefunden haben, ist zu bedeutend, um sofort ausgesprochen zu werden", sagte Kerma-Jo.
Rhodan starrte sie an. Er war seiner Sache plötzlich ganz sicher. Es gab bestimmte Eingebungen, auf die er sich schon sein ganzes Leben hatte verlassen können. Dies war wieder ein solcher Moment.
Er wußte, was die Dargheten herausgefunden hatten, und er sagte es ihnen auf den Kopf zu.
„Ihr wißt jetzt, wer die gefangenen Bewußtseine sind!"
Kerma-Jo und Sagus-Rhet in ihren unförmigen Überlebensgeräten wälzten sich herum, so daß sie Kopfseite an Kopfseite gegenüber zu liegen kamen. Es war, als müßten sie in diesem Augenblick einander fixieren.
„Woher weißt du es?" fragte Sagus-Rhet schließlich. Er schien Rhodan der temperamentvollere von beiden zu sein, obwohl es dafür natürlich keine objektiven Beweise gab.
„Er weiß es eben", sagte Kerma-Jo philosophisch, bevor Rhodan antworten konnte.
„Wir können es ihm ebenso gut jetzt sagen."
Alaska und Waringer waren Rhodan gefolgt. Rhodan konnte sie vor Anspannung heftig atmen hören.
Kerma-Jo drehte sich behäbig herum.
„Wir haben sie gefunden", sagte er ruhig. „Sie stecken in den konservierten Objekten."
."Wer?" fragte Alaska verblüfft.
„Die Porleyter!" riefen die Materiesuggestoren und Rhodan wie aus einem Mund.
*
Die Tragweite der Entdeckung war nicht so einfach zu übersehen. Rhodan wußte, daß es lange dauern würde, bis sie alle Konsequenzen, die sich daraus ergaben, erfassen würden.
Alaska Saedelaere und Waringer diskutierten heftig miteinander. Rhodan beteiligte sich nicht an diesem kontrovers geführten Gespräch. Seine Gedanken wanderten ein paar Wochen zurück in die Vergangenheit, zu einem Zeitpunkt, da er in der Station der Porleyter unter dem Dom Kesdschan auf Khrat die Steinerne Charta von Moragan-Pordh gefunden hatte.
Er erinnerte sich noch genau, wie er in den halbzerfallenen Steinkreis getreten war.
Im Licht der jüngsten Entdeckung betrachtet, erhielten seine früheren Erlebnisse eine ganz neue Bedeutung.
Hatte er damals nicht den Eindruck gehabt, die „Steine" würden zu ihm sprechen?
Jedenfalls hatte er von ihnen wichtige Informationen erhalten, auch die
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