1071 - Die Urnen-Gang
tat es. Sie weinte dabei. Zitterte auch, und ich konnte nichts für sie tun, denn der Mann mit der Maschinenpistole ließ mich keine Sekunde aus den Augen.
Ja, wir waren reingelegt worden, und das auf eine verdammt raffinierte Art und Weise. Soldaten eben beherrschten diese Taktik, und sie waren hervorragend ausgebildet worden.
Der Fahrer spielte hier den Chef. Er dirigierte den MPi-Mann etwas zur Seite, damit er aussteigen konnte, ohne in die Schußlinie zu geraten.
»Du kennst das Spiel doch sicherlich, Mister.«
»Nein.«
»Dann werde ich es dir sagen. Umdrehen, mit dem Gesicht zum Wagen, die Arme auf das Dach gestützt. Ist alles ganz einfach und tut auch nicht weh. Siehst du fast in jeder TV-Serie!«
Ich kannte die Prozedur. Oft genug hatte ich sie selbst durchgeführt. Diesmal war der andere am längeren Hebel. Ich tat auch nichts, um ihn zu provozieren. In der Stille war nur das leise Weinen der Sonja zu hören.
Dann hörte ich, wie der Fahrer hinter mich trat. Er tastete mich nicht ab, sondern gab seine Befehle.
»Solltest du zufällig eine Waffe tragen, rück sie sofort raus. Wenn nicht, hole ich sie mir selbst, aber erst nach zwei Beinschüssen.«
»Ist schon okay.«
»Na bitte.«
Ich bewegte mich vorsichtig und mußte auch eine Hand auf dem Dach liegenlassen. Es tat mir in der Seele weh, die Beretta abgeben zu müssen, doch eine andere Chance hatte ich nicht.
»Oh, eine Beretta, sehr schön. Die fehlt noch in meiner Sammlung. Jetzt würde mich noch interessieren, wer du bist.«
Ich hatte verstanden. Mein Dienstausweis landete auf dem Boden. Diesmal dauerte es länger, bis ich einen Kommentar bekam. Wahrscheinlich mußte ihn sich der Typ genau ansehen, und bei diesem Licht war alles schlecht zu lesen.
Sein glucksendes Lachen widerte mich an. Er hatte herausgefunden, wer ich war und amüsierte sich.
»Ein Bulle vom Yard, das darf nicht wahr sein. Wahrscheinlich ist der Chink auch einer. Na, das wird unseren Major besonders freuen.«
»Ich weiß nicht, ob ihn das freuen kann. Er sollte den Einfluß von Scotland Yard nicht unterschätzen.«
»Erzähle hier keine Dramen. Er ist besser, viel besser. Und besser als alle anderen.«
»Sie müssen das ja wissen.«
»Klar.« An der Lautstärke hatte ich entnommen, daß er näher an mich herangetreten war. »Eines will ich dir noch sagen, Sinclair.«
»Ich höre.«
»Auf dich und deinen Freund wartet der Rost…«
Er lachte über seine eigenen Worte. In sein Lachen hinein traf auch mich der Giftpfeil.
Er schaltete mich blitzschnell aus…
ENDE des ersten Teils
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