1073 - Liebling der Toten
ebenfalls schwarzen BMW so wunderbar preisgünstig bekommen und war voller Freude. An diesem Morgen war ich allein ins Büro gefahren, denn Suko mußte noch einige Dinge wegen seines Autos erledigen.
Auch Glenda Perkins war nicht da. Sie hatte sich Urlaub genommen und ein verlängertes Superwochenende eingeplant. Eine Bekannte war in eine neue Wohnung gezogen, und Glenda hatte ihr versprochen, bei der Renovierung zu helfen.
So war es ziemlich ruhig und leer, als ich das Büro betrat. Den Kaffee mußte ich mir selbst kochen, aber er schmeckte eben nicht so wie von Glenda zubereitet.
Ich pflanzte mich hinter meinen Schreibtisch, schaltete das Licht ein und dachte daran, daß dieser Tag eigentlich wie geschaffen dafür war, im Bett zu bleiben. So etwas von Regen in der ersten Julihälfte hatte ich lange nicht mehr erlebt.
In den Polizeifaxen über die Vorgänge in der vergangenen Nacht fand ich nichts Weltbewegendes, und eigentlich deutete alles auf einen ruhigen, schon langweiligen Tag hin, aber das könnte ich nicht unterschreiben. Es lag etwas in der Luft, das spürte ich. Nichts konkretes, wonach ich hätte greifen können, es war nur dieses unbestimmte Gefühl, und es hing sicherlich mit den Erlebnissen des vergangenen Tages zusammen.
Zusammen mit Tanner und seinen Leuten hatten wir einen gefährlichen Killer gestellt. Bezogen auf die Arbeit der Polizei eigentlich nichts Besonderes, aber wie wir ihn gestellt hatten und wie alles gekommen war, das lag im Bereich des Spekulativen. Damit kam ich auch heute noch nicht klar.
Es war etwas passiert. Es hatte eine Nachricht gegeben. Jemand, der angeblich die Gedanken der Toten lesen konnte, hatte sie geschrieben.
Und das wiederum war ein Fall für uns.
Am letzten Tag hatte ich noch zweimal mit Tanner telefoniert, ohne daß Neues geschehen war. Auch der festgenommene Killer schwieg wie eine Auster. Seinen richtigen Namen hatten die Kollegen ebenfalls noch nicht herausfinden können.
Dieser Miller war nicht mein Problem, sondern jemand, der angeblich mit den Toten reden konnte. Ob er sich nur aufspielte oder ob er tatsächlich in der Lage war, wer konnte das schon wissen? Ausschließen wollte ich es allerdings nicht.
Die Ruhe im Büro ging mir auf die Nerven. Es war sogar so ruhig, daß ich das Aufklatschen der Regentropfen an der Fensterscheibe hörte. Ich wollte raus, ich wollte etwas tun, ich brauchte Action, nur sah es danach leider nicht aus.
Ein Lächeln glitt über meine Lippen, als sich das Telefon meldete. Es war Suko, der mir erklärte, daß es noch ungefähr zwei Stunden dauern würde, bis er eintraf.
»Laß dir ruhig Zeit. Hier ist nichts los.«
»Keine Nachricht von Tanner?«
»Leider nicht.«
»Dann sitzt du da und drehst Däumchen, wie?«
»So ähnlich«, sägte ich und legte auf.
Mist, hier zu hocken und nichts zu tun. Einen frischen Kaffee wollte ich mir nicht holen und versuchte das, was fast alle tun, wenn sie im Büro nichts zu arbeiten brauchen.
Ich legte die Beine hoch, faltete die Hände vor meinem Bauch zusammen und spielte Arbeiterdenkmal.
Nicht sehr lange.
Wieder war es das Telefon, das mich störte. Und diesmal rief tatsächlich Tanner an. Ohne zu poltern und ohne sich zu beschweren, wie das sonst bei ihm üblich war, kam er sofort zur Sache. »Du solltest kommen. Ich habe eine weitere Nachricht erhalten.«
»Was? Wie…?«
»Eine Zeichnung und einen Text.«
»Okay, Tanner, ich fliege…« Ich war wieder zufrieden, denn endlich ging es weiter…
***
Geflogen war ich zwar nicht gerade, aber ziemlich schnell gefahren. Im Hauptquartier der Polizei, in der auch die Mordkommission saß, die Tanner leitete, herrschte wie immer leichte Hektik. Die ließ mich kalt, denn ich fand meinen Weg sehr schnell zu Tanners Büro, der mich schon sehnlich erwartete und den Hörer rasch auflegte, als ich eintrat.
»Gut, daß du gekommen bist, John, setz dich.«
»Schon wieder?«
»Sei nicht hektisch. Es wird sich alles ändern. Das kannst du mir glauben.«
»All right, ich bin gespannt.«
Tanner hatte die Indizien auf seinem Schreibtisch vor sich liegen. Er brauchte sie nur umzudrehen, um sie mir zu zeigen. Mein Blick fiel auf das exakt gezeichnete Gesicht eines Mannes, das nicht eben lieb und nett aussah.
»Kennst du ihn, John?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Du denn?«
»Auch nicht.«
»Tja, dann…« Ich schob das Bild zur Seite. Dabei sah ich Tanners Lächeln. »Du weißt mehr?«
»Ja. Dieser Mann heißt Wayne. Und wird Wayne,
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