1073 - Liebling der Toten
nicht lange blieben. Wenn eben möglich, nicht einmal eine Nacht.
Seinen Wagen hatte er in eine Tiefgarage gefahren, wo er erst einmal parken konnte. Jetzt war es wichtig, die Nerven zu behalten.
In diesem Hotel fragte niemand nach einem Ausweis oder eine Kreditkarte. Man trug irgendeinen Namen ein und zahlte cash. Da kannte Wayne die Regeln sehr genau. Der Mann hinter der sogenannten Anmeldung war schon älter und hatte müde Augen. Einen wie ihn konnte rein gar nichts mehr erschüttern.
Das Zimmer lag oben im ersten Stock. Dort stank es feucht.
Regenwasser mußte in das Mauerwerk gedrungen sein und hatte auch die Tapeten gezeichnet. An manchen Stellen wirkten sie wie alte, nach unten hängende Lappen.
Das Zimmer selbst konnte man auch vergessen. Grüner Filz auf dem Boden, ein nicht eben sauberes Bett. Einen Schrank gab es nicht. Dafür einige Haken neben dem Waschbecken, über dem ein rostiger Kran schwebte, der zudem noch wacklig war.
Ein Fenster hatte das Zimmer auch. Es führte nach vorn hin zur Straße.
Zwar waren die Scheiben hier im Hotel schmutzig, aber einen Blick nach draußen ließen sie schon zu. Was Wayne sah, war nicht eben erbaulich, aber daran störte er sich nicht. Er kannte die Gegend und bezeichnete sie als seinen Arbeitsplatz. Was er privat machte, das lag auf einer anderen Ebene.
Er setzte sich auf das Bett, nachdem er nichts Auffälliges auf der Straße entdeckt hatte, strich über sein Haar hinweg, und hoffte, daß sich die Dinge noch einrenken würden. Wenn Sally Moreno den Mund hielt, war alles gut. Wenn nicht, dann…
Er wollte darüber nicht nachdenken, weil ihn etwas anderes viel mehr störte. Es ging um sein Gefühl. Wayne konnte es nicht so recht erfassen, auch nicht konkretisieren, aber er glaubte, daß man ihn verfolgte.
Einen Verfolger selbst hatte er nicht gesehen, doch irgendwie kam es ihm so vor. Vielleicht war das ein Schatten gewesen, der ihm auf dem Fersen war. Es war alles möglich, auch wenn er es nicht logisch erfassen konnte.
Möglicherweise war es auch ein Fehler gewesen, sich in der Nähe einzuquartieren. Die Bullen waren durch die beiden Morde aufgeschreckt worden. Da rotierten sie, da würden sie auch in der Umgebung nachforschen, aber sie konnten eigentlich nichts finden und nicht auf ihn kommen, denn ihn hätte niemand gesehen. Nur die beiden jetzt Toten, und die konnten nichts sagen. Auch wenn sie ihn stellten, würden sie ihm die Morde kaum beweisen können. Die Schuhe, mit denen er zugetreten hatte, trug er längst nicht mehr. Er hatte sie in eine Mülltonne gestopft und sich die dunklen knöchelhohen Stiefel übergestreift.
Zeugen gab es nicht, es war gut gelaufen, er hätte zufrieden sein können und müssen, doch er war es nicht. Es gab da etwas, für das er keine Erklärung fand, obwohl es sichtbar nicht vorhanden war. Nur ein seltsames Gefühl, das er entfernt mit Furcht umschrieb, und genau das hatte er so gut wie nie gespürt.
Das Zimmer war klein. Mit wenigen Schritten hatte er es durchquert.
Wayne ging auf und ab, verharrte hin und wieder am Fenster, sah aber nichts, was seine Befürchtungen bestätigt hätte. Auf der Straße und auch auf den Gehsteigen blieb alles ruhig und normal. Bullen wieselten in dieser Gegend nicht herum. Dafür hatte er einen Riecher.
Er kannte den Knast. Hin und wieder hatte er gesessen. Nur in Untersuchungshaft. Zu einer Verurteilung war es nie gekommen, nicht einmal zu einem Prozeß, denn Zeugen waren jedesmal umgekippt. Auch für seine letzten Taten gab es keine Zeugen. So blieb er weiterhin als böses, gefährliches Raubtier im Dunkeln versteckt.
Aber da war noch ein anderes unterwegs. Ein gefährliches. Eines, das ihm auf der Spur war. Ein Schatten, eine unsichtbare Bedrohung, möglicherweise schon in der Nähe.
Er stand vom Bett auf. In dieser alten Absteige war es relativ ruhig.
Wayne konnte beinahe den Eindruck haben, allein in dem verdammten Bau zu sein.
Links und rechts befanden sich weitere Zimmer. Wayne legte sein Ohr gegen die Wand und lauschte.
Nein, er hörte nichts.
Nicht einmal Musik. Dann ging er zur Tür und ärgerte sich über sich selbst, weil er seine Coolness verloren hatte und so nervös geworden war. Auch im Gang war es ruhig. Das Schweigen schien sich zwischen den Wänden aufgebaut zu haben.
Er ging wieder zurück.
In diesem Augenblick klopfte es.
Wayne befand sich noch in der Rückwärtsbewegung. Automatisch griff er zur Waffe, ließ den Revolver aber stecken, sondern fragte,
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