1076 - El Toros Totentanz
typischen Geräusche, die jemand verursacht, wenn er langsam über den Boden ging. Von der linken Seite her erreichten sie diese Laute, und sie drehte den Kopf.
Etwas in ihrem Innern verkrampfte. Juana bemühte sich, keinen Schrei auszustoßen, denn der Mann, den sie sah, den hatte sie bereits am Strand erlebt. Zumindest sah er so aus. Er trug wieder diesen kaftanähnlichen Umhang, und auch die untere Hälfte seines Gesichts war verdeckt, so daß der Mund nicht zu sehen war.
Juana Dejos tat nichts. Sie stand nur einfach da und wartete, bis sie der Mann erreicht hatte. Sie sah die Augen, die dunkel schimmerten, und sie hörte auch seinen scharfen Atem.
»Sehr gut, daß du gekommen bist. Lange hätten wir nicht gewartet.« Er schaute sich um. »Und du bist tatsächlich allein?«
Sie nickte. »Ja, das bin ich. Niemand ist bei mir. Ich… ich… bin mit dem Auto gekommen.«
»Das haben wir schon festgestellt.«
»Wo ist Vicente?« Die Frage hatte sie bedrückt. Zudem war sie ihr am wichtigsten gewesen, doch ihr Gegenüber lachte nur. »Wo ist er? Habt ihr mich reingelegt?«
»Nein, keine Sorge. Dein Vicente ist schon längst hier. Du wirst in ein paar Minuten bei ihm sein.«
»Und dann?«
»Abwarten, Juana. Du mußt abwarten. Alles ist genau geplant. Vicente wird bekommen, was er sich gewünscht hat. Das kann ich euch beiden versprechen.«
»Was ist es denn?«
Der Ägypter gab keine Antwort. Er zog statt dessen das Tor auf, um Juana den Vortritt zu lassen.
»Geh vor, den Weg kennst du ja.«
Ja, den kannte sie. Juana war ihn oft genug gegangen. Nie zuvor allerdings mit einem derartigen Gefühl. Natürlich war sie nicht immer freudig gestimmt gewesen, denn oft genug hatte sie Angst um Vicente gehabt, wenn er zum Kampf angetreten war. Aber er war bisher immer besser als der Stier gewesen.
Was in dieser Nacht jedoch auf sie zukam, das hatte mit einem fairen Kampf nichts mehr zu tun.
Juana Dejos wußte, daß sie wohl der Mittelpunkt eines gewaltigen Plans war, in dem sie und ihr Freund möglicherweise zerrieben wurden.
Auf der Fahrt hatte sie überlegt, warum man sie in die Arena geholt hatte und was man mit ihr vorhaben könnte. Sie war zu keinem Ergebnis gelangt. Daß ihr Freund in dieser Nacht einen Kampf durchfechten sollte, das konnte sie sich ebenfalls nicht vorstellen.
Sie ging durch einen der Tunnel. Er war ihr bekannt. Es brannte kein Licht. Die Lampen an den Seiten waren ausgeschaltet, aber der übliche Geruch war noch immer vorhanden. Juana kannte ihn sehr gut. Es roch nach Schweiß, nach dem Tier, irgendwie auch nach Gewalt. Die Tore waren geschlossen. Es wehte kein Luftzug durch die Gänge, in denen sich die Hitze des Tages gespeichert hatte.
Eine unsichtbare Zentnerlast lag auf ihren Schultern. Juana fühlte sich bedrückt und gedemütigt. Sie schmeckte den in der Luft liegenden Staub sehr bitter auf den Lippen und der Zunge. Auf ihrem Gesicht klebte der Staub ebenfalls, gehalten von einem dichten Film aus Schweiß. In und hinter den Augen spürte sie einen ziemlich starken Druck, und sie merkte, daß die Angst zunahm je näher sie der Arena kam. Das zweite Tor dieses Tunnels war ebenfalls nicht geschlossen worden. Dort wo es heller geworden war, konnte sie die Arena betreten.
Plötzlich huschte ein Schauer der Kälte über ihren Rücken. Schwindel drang in ihr hoch und ließ sie leicht taumeln.
Der Ägypter stieß sie weiter. Er drohte ihr, nur nicht schwach zu werden.
»Nein, nein, das schaffe ich.« Um besser gehen zu können, stützte sich Juana an der Wand ab und legte auch die letzten Meter zurück. Sie überschritt die Schwelle zur Arena - und erlebte alles anders.
Kein Beifall. Keine Stimmen. Kein Geschrei. Niemand schwenkte eine Fahne.
Keine Musik. Keine prächtig herausgeputzten Reiter, nur die Leere der Arena, die ihr in diesen Momenten so unheimlich groß und gewaltig vorkam.
Wie eine riesige Höhle mit einem hohen Dach. Die Ränge an den verschiedenen Seiten stiegen himmelan. Sie kamen ihr so steil vor, als wollten sie in die Dunkelheit des Firmaments eintauchen und dabei den Himmel grüßen.
Sie mußte weitergehen, und ihre Schritte schlurften dabei durch den Sand. Er war recht fest, aber das bekam sie nur am Rande mit, denn wichtig war die Szene in der Mitte.
Dort standen drei Männer!
Im ersten Augenblick war Juana irritiert, wobei es ihr nicht um die Männer ging, die kannte sie, zumindest ihr Outfit, nein, ihr ging es um den Pfahl, der dicht neben ihnen in den Boden
Weitere Kostenlose Bücher