108 - Der schwarze Würger
die unheimliche Strahlung alle um den Verstand gebracht hat."
„Ich habe gewußt, daß etwas Schreckliches passieren wird", sagte Joan vor sich hin. „Ich habe es dir gesagt. Jetzt kommt deine Einsicht zu spät."
„Ich hätte vorher auch nichts dagegen unternehmen können", erwiderte Henry. „Außerdem - mit einer solchen Auswirkung konnte man einfach nicht rechnen. Alles Jammern hat keinen Sinn. Es kommt jetzt vor allem darauf an, diese Besessenen von den Jeeps fortzulocken." Eine Explosion im Lager brachte ihn zum Verstummen. An der Stelle, wo einer der Jeeps gestanden hatte, schoß eine gewaltige Feuersäule in den Himmel. Gleich darauf erfolgte eine zweite Explosion, und wieder loderten Flammen empor.
Die Besessenen hatten die Wagen angezündet und ihnen somit die einzige Fluchtmöglichkeit genommen.
„Was sollen wir nun tun?" fragte Joan niedergeschlagen.
„Noch ist nichts verloren. Nur Mut, Joan! Du mußt durchhalten! Es besteht immer noch die Möglichkeit, daß wir die Leute treffen, die diese Katastrophe vorausgesehen haben. Wenn sie davon wußten, dann werden sie sich auch dagegen gewappnet haben. Wir müssen nach ihnen suchen, Joan."
Es klang vernünftig, was Henry sagte.
Joan blickte hinter sich. Aus dem Lager näherten sich die Besessenen in breiter Front. Sie schienen keine Eile zu haben. Die Mitglieder ihrer Expedition hatten sich mit den Sektierern zusammengetan. Es gab keine Unterschiede mehr zwischen ihnen. Sie schienen alle demselben Zweck zu dienen. Allen voran erblickte Joan Guru Gupta, der zum Anführer der Besessenen auserkoren worden schien. Dahinter kam Professor Portland, Wie bei den anderen, war auch das Leuchten seiner Augen verblaßt. Dafür war sein Kopf von einer strahlenden Aura umgeben. Die Leuchtkraft schien aus seinem Gehirn zu kommen. Das weiße Haar fiel ihm büschelweise aus. Er bot einen entsetzlichen Anblick.
Das genügte Joan. Sie wollte diesen entarteten Kreaturen, die nichts Menschliches mehr an sich hatten, um keinen Preis in die Hände fallen.
Tomotada hatte sie kaum in eine Höhle geführt, da kam Dorian wieder zu sich. Der Fels schirmte die Strahlung des Fanals ab, so daß sie vom Ys-Spiegel auch nicht weitergeleitet wurde.
Dorian begriff kaum die Zusammenhänge - nämlich daß Tomotada sie zu Olivaro bringen wollte -, da wurde ihm schlagartig klar, daß sein Inkognito gefährdet war. Wenn er Olivaro mit dem Ys- Spiegel gegenübertrat, würde dieser sofort erkennen, daß er keineswegs der harmlose Richard Steiner sein konnte, als den er sich ausgab. Er mußte sich also des Ys-Spiegels entledigen. Er hätte natürlich ein Magnetisches Feld ausfindig machen können, um von diesem an einen anderen Ort zu springen; doch das wäre Olivaro bestimmt auch nicht entgangen.
Deshalb verständigte sich Dorian mit Coco und gab ihr durch Zeichen zu verstehen, daß ihm der Ys- Spiegel förmlich auf der Haut brannte. Coco verstand sofort und versetzte sich mit ihm in einen schnelleren Zeitablauf. Tomotada und Unga erstarrten scheinbar zur Bewegungslosigkeit.
Dorian nahm den Ys-Spiegel blitzschnell ab und verstaute ihn in einer schmalen aber tiefen Felsspalte der Höhle. Um das Versteck jederzeit wiederzufinden, lotete er ein nahes Magnetfeld aus. „Beeile dich!" drängte Coco. „Wenn Olivaro unser Manöver merkt, wird er die gesamte Höhle auf den Kopf stellen.
„Bin gleich soweit", sagte Dorian.
Er holte ein kleines Päckchen heraus, das von verschmutzten und uralt wirkenden Bandagen umwickelt war. Darin befand sich die Nabelschnur eines Kindes, das er in einem früheren Leben in Japan gezeugt hatte. „Sicherheitshalber möchte ich auch noch den Hozo-no-o hier verbergen. Und eine kleine Schutzmaßnahme soll bewirken, daß Dämonen sich die Finger daran verbrennen."
Schon während des Sprechens hatte er in der Felsspalte drei winzige, aber wirksame Dämonenbanner untergebracht. Das alles war so schnell gegangen, daß Tomotada und Unga erst einen halben Schritt getan hatten, als Dorian und Coco wieder in den normalen Zeitablauf zurückfielen.
Dorian war nun erleichtert ohne den Ys-Spiegel; er konnte ihn sich bei Bedarf jederzeit zurückholen. Und falls er als Richard Steiner in Bedrängnis kam, konnte er immer noch auf die Abwehrwaffen zurückgreifen, die er noch mit sich führte: den Vexierer, den Kommandostab und den Magischen Zirkel. Die waren unverfänglicher als der Ys-Spiegel.
„He, Tomotada!" rief Unga dem Schwarzen Samurai zu, der einige Schritte vor
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