1085 - Rattenliebe
ich weiß es. Sie haben bemerkt, daß du nicht mein Freund bist und mich beleidigt hast. Sie wollen Rache, verstehst du?«
»Okay, ist schon vergessen…«
Da mich Teresa schon angesprochen hatte, kümmerte sie sich auch weiterhin um mich. Ihr Gesicht nahm wieder den normalen Zustand an, und sie senkte sogar den Kopf. »So, mein Lieber!« flüsterte sie, »jetzt beginnt deine große Zeit. Du kannst wählen, ob du überleben willst oder nicht.«
»Danke, wie nett.«
»Dein Spott wird gleich vorbei sein. Wie ich dir schon sagte, hast du mich tief beleidigt und damit auch meine Freunde. Das kann ich nicht durchgehen lassen. Ich habe genug erlebt, bei Toledo ist Schluß gewesen. Ich habe geschworen, mir das zu nehmen, was ich will. Ich lasse mich von keinem Mann mehr unterdrücken. Weder körperlich noch seelisch. Das sollte dir klar sein. Du hast es in der Hand, John, wie deine Strafe aussehen wird. Dieses Verlies wird in den folgenden Stunden deine Heimat sein. Du kannst es annehmen oder nicht. Die Ratten merken genau, wer gegen sie ist. Sie werden sich mit dir beschäftigen. Sie werden dich anspringen, sie werden an dir hochkrabbeln, sie werden dein Gesicht liebkosen, deine Lippen, deine Nase, deine Ohren. Sie werden dich auch beißen und dir zwangsläufig kleine Wunden zufügen. In deinem Interesse rate ich dir, die Wunden als das zu nehmen, als was sie, gedacht sind. Liebesbisse!« erklärte sie lachend. »Die Liebkosungen der Ratten. Sie sind keine Menschen und reagieren eben anders und auf ihre Weise. Das ist die eine Seite. Solltest du sie aber ablehnen und sogar versuchen, die eine oder andere Ratte zu töten, werden ihre kleinen Zähne zu spitzen Messern, die dich zersägen. Sie werden dir die Haut vom Körper fressen, bis von dir nur noch die blanken Knochen übriggeblieben sind. Und wenn ich später die Luke hier wieder öffne, dann schaue ich auf dein Skelett. Jetzt weißt du, was dir bevorsteht und wie du dich verhalten mußt.«
Ja, das wußte ich in der Tat. Ich konnte nicht eben sagen, daß es mir gefiel. Auf meinen Rücken hatte sich ein kalter Schauer gelegt. Ich spürte ihn als Eis, das sich immer mehr zusammenzog und auch in mein Inneres hineindrang.
»Nun…«
»Okay«, sagte ich leise. »Ich habe genau zugehört. Aber du wirst verstehen, daß mir beide Alternativen nicht gefallen können. Tut mir leid, ich will nicht.«
»Aber du mußt es tun! Es bleibt dir keine andere Chance, verflucht! Du mußt in den nächsten Stunden hier in meinem Verlies bleiben. Alles andere kannst du vergessen.«
»Und du schaust zu?«
»Ja, John, ja. Zunächst einmal. Ich werde hier sitzenbleiben, nachdem ich meinen Freunden den richtigen Befehl gegeben habe.«
»Das freut mich«, sagte ich.
Mit dieser Antwort konnte Teresa nichts anfangen. Ich sah, wie sie den Kopf schüttelte und sich auf ihrem Gesicht Zweifel abzeichneten. Sie hielt mich wahrscheinlich für übergeschnappt, doch das war ich nicht. Sie hatte sich eben nur den Falschen ausgesucht, und genau das bekam sie in den nächsten Sekunden bewiesen.
Für jemand, der sich so sicher wie Teresa war, konnte der Schock nicht größer sein. Umgeben von den pelzigen Rattenkörpern blieb ich auf der Stelle stehen und bewegte nur meinen rechten Arm.
Den allerdings sehr schnell. Mit einer wie geübt wirkenden Bewegung holte ich meine Beretta aus der Jackentasche hervor, kantete den Arm und richtete die Waffe schräg nach oben.
Die Mündung zielte gegen das Gesicht der Frau. »Wenn du ihnen den Befehl gibst, egal, welchen, dann schieß ich dir ein Loch in deinen Kopf…«
***
Das hatte gesessen. Es war Teresa anzusehen, wie sehr sie sich nicht nur überrumpelt, sondern auch schockiert fühlte. Sie war nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen. Ich hatte den Eindruck, daß diese Starre auch die Ratten erfaßt hatte, denn auch sie zuckten nicht mehr und waren wie zu Stein geworden.
Es sprach auch niemand, und die Stille lag wie ein Vorhang zwischen uns.
»Du hast mich gehört, Teresa?«
»Ja, habe ich.«
»Jetzt kannst du wählen. Entweder die Kugel…«
»Oder…?«
»Es ist ganz einfach. Pfeife deine Ratten zurück. Sorge einfach dafür, daß sie das Verlies verlassen. Sie sollen verschwinden, aber du wirst bleiben.«
»Nein, John, nein!«
»Willst du die Kugel?«
Sie starrte direkt in die Mündung. »Das…« flüsterte sie, »das wagst du nicht, verflucht. Das wirst du nicht wagen. Du schießt mir keine Kugel durch den Kopf, ich weiß es.«
»Da
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