1085 - Rattenliebe
wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. Ich habe keine Lust mehr, bei deinen Ratten zu sein. Ich will nicht mit ihnen spielen, und ich will mich auch nicht von ihnen fressen lassen. Deine perverse Rattenliebe ist auf mich nicht übertragbar.«
Teresa blieb sitzen. Sie bewegte den Kopf, schaute nach rechts und links, während ich weiterhin auf sie zielte. Schließlich gab sie mir eine Antwort. »Ich lasse es darauf ankommen. Ich werde sterben na und? Aber ich sterbe dann mit der Gewißheit, daß du auch in den Tod gehen wirst. Meine Ratten fressen dich bis auf die Knochen blank. Und das weiß ich genau. Sie haben es schon getan, die Leiche liegt in der alten Fabrikhalle.«
»Wer ist es?«
»Einer wie dein Freund Robert. Nur hat er ein schwaches Herz besessen. Es hörte auf zu schlagen, als ich ihn mit meinen Freunden allein ließ. Das war Pech. Aber ich habe an ihm gesehen, wie gern die Ratten Menschenfleisch annehmen.« Sie stützte ihre Hände rechts und links des Körpers am Rand der Luke auf. »Ich werde jetzt aufstehen, dann kannst du schießen, John!«
»Leg es nicht darauf an!«
»Doch, doch!« Plötzlich glänzten ihre Augen wie bei einer Fieberkranken. Sie schien gern in den Tod zu gehen. Verflucht noch mal, ich wußte nicht, was in dieser Person vorging. Sie war eine Psychopathin. Verblendet durch ihre Rattenliebe. Es gab für sie nichts anderes mehr auf dieser Welt.
Und schießen?
Das war so eine Sache. Wäre ich ein Killer gewesen, ich hätte schon längst abgedrückt. Nicht aber bei dieser Frau, die zudem noch unbewaffnet war.
Irgendwo schien sie meine Zweifel auch zu spüren, denn sie wirkte auf mich nicht sehr ängstlich, als sie sich noch immer langsam in die Höhe drückte. Ihr Gesicht blieb dabei starr, obwohl ein Lächeln auf ihren Zügen lag.
Sie war bereits in die Hocke gekommen. Wie zum Sprung bereit stand sie vor der Luke. »Nun, John, willst du dein Versprechen nicht einlösen? Willst du nicht schießen?« Sie richtete sich auf. Wie schon einmal schob sie ihren Pullover in die Höhe. »Bitte, du bist doch der Waffenträger, und du kannst bestimmt auch treffen. Biete ich nicht ein ideales Ziel? Los, mach dich dran!«
Durch die starre Haltung verkrampfte ich allmählich. Ich spürte sogar ein leichtes Zittern in den Schultern. Der Schweiß war mir aus den Poren getreten und breitete sich auf der Stirn aus. Ich preßte die Lippen zusammen. Ich wollte diese verfluchte Frau zurückhalten. Es reichte eine Kugel, ein Schuß und…
Teresa ließ den Pullover wieder nach unten rutschen. »Quält dich vielleicht dein Gewissen, John? Es ist nicht so einfach, auf einen Menschen zu schießen. Man muß im Leben schon einiges durchgemacht haben, um dies zu können. Du stehst wohl noch am Beginn. Ich weiß, daß du es nicht schaffst. Deshalb wünsche ich dir viel Spaß bei meinen Ratten und…«
Die nächsten Worte gingen im Knall des Schusses unter. Ich hatte gefeuert, aber nicht auf Teresa.
Im letzten Augenblick hatte ich die Waffe gesenkt, und die Kugel in einen der Rattenkörper gejagt.
Sie wuchtete hinein. Irgendwelches Zeug spritzte hervor, und Teresa schrie in das Verlies hinein.
Es würde alles so laufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ich blieb an der Luke stehen, sie spitzte wieder den Mund, und die schrillen Töne erreichten nicht nur die Ohren der Ratten.
Es geschah eine Sekunde später.
Plötzlich stand ich auf einer sich bewegenden Fläche, aber zugleich wurde die Tür mit einer heftigen Bewegung aufgerissen.
»John, los!«
Es war Jane, die mich gerufen hatte!
***
Ich dachte nicht mehr nach, ich fuhr einfach nur herum. Ich wollte weg aus diesem mit Ratten gefüllten Verlies, und da war die Detektivin im richtigen Augenblick gekommen.
Ob die Ratten mich ansprangen oder nicht, das war mir jetzt egal. Mit langen Schritten sprang ich über die pelzigen Körper hinweg, auch in sie hinein und kümmerte mich nicht darum, daß ich von ihnen angegriffen wurde.
Ich wollte nur weg.
Die Körper klatschten gegen mich. Sie krallten sich fest, sie wollten auch an mir hochklettern. Ich schlug mit der Pistole zu und zertrümmerte dabei einen Schädel. Auf einer Ratte wäre ich beinahe ausgerutscht, dann hatte ich es geschafft. Mit einem langen Schritt brachte ich mich in die vorläufige Sicherheit und ergriff mit der freien Hand Janes ausgestreckten Arm.
Er war mir die letzte Hilfe, denn so konnte ich noch über einige. Körper hinwegspringen.
Ich fiel in ihre Arme, sah für
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