1087 - Blutjagd
der nächtlichen Dunkelheit.
»Ich komme mit.«
»Wie du meinst.«
Der Zug rollte in den Bahnhof hinein. Mauern huschten vorbei, dann wurde es heller, und wenn sie nach draußen schauten, sahen sie den fast leeren Bahnsteig.
Beide standen auf. Als der Zug endgültig stoppte, drückte Bill die Tür auf…
***
Wir hatten uns während des Flugs an die Dunkelheit gewöhnt und auch an die Geräusche des Hubschraubers. Es war einer von der schnellen Truppe, und wie der Pilot uns erklärt hatte, lagen wir gut in der Zeit. Ich hatte zwischendurch immer wieder Kontakt mit London und damit auch mit Sir James Powell gehalten und von ihm erfahren, daß der Zug noch immer rollte. Es gab keine außergewöhnlichen Vorfälle. Das zumindest hatte der Lokführer gemeldet, doch da war ich mißtrauisch, denn der gute Mann saß in seinem Fahrerhaus und bekam nicht mit, was in den Wagen hinter sich ablief.
Unter uns änderte sich das Bild. Lichter erschienen. Nicht die einer Stadt, sondern die Beleuchtung eines kleinen Flughafens, die eine gewisse Geometrie aufwies.
Wir mußten landen, um nachzutanken. Es war alles vorbereitet, trotzdem würde der Stopp einige Minuten dauern. Zeit, um eine Tasse Tee oder Kaffee zu trinken.
Die Riesenlibelle schwebte dem Erdboden entgegen. Das Licht schien nach uns greifen zu wollen.
Es verlor seine verschwommenen Umrisse. Wenig später sahen wir es klar vor uns, und sehr weich setzte der Pilot schließlich auf.
»Pause!«
»Wie lange?«
»Fünfzehn Minuten, Mr. Sinclair. Aber keine Sorge. Das war alles schon berechnet. Wie schon gesagt, wir liegen prächtig in der Zeit und werden das Ziel pünktlich erreichen.«
»Okay.«
Suko und ich stiegen aus. Wir waren auf einer Militärbasis gelandet. Auch dort war man informiert worden. Ein Captain begrüßte uns und brachte uns in eine schmale Baracke, in der wir unter anderem auch Kaffee bekamen.
Eingeweiht worden war er nicht, aber mißtrauisch, denn er verlangte unsere Ausweise.
Nachdem er sich die Ausweise genau angeschaut hatte, war er zufrieden und erkundigte sich, ob er etwas für uns tun könnte.
»Nein, Captain, danke.«
»Dann lasse ich Sie jetzt allein.«
»Schon recht.«
Von unseren Plätzen aus konnten wir nach draußen auf den Hubschrauber blicken, der betankt wurde. Ein gelb angestrichener Tankwagen war an ihn herangefahren. Über der Gegend lag der Dunst wie ein dünnes Tuch und ließ alles etwas unwirklich aussehen.
Wir tranken den Kaffee und waren still. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, und ich dachte daran, was eigentlich passiert war und wie es begonnen hatte.
Im Prinzip hatten Suko und ich noch nicht eingreifen können und müssen. Die Dinge waren an uns vorbeigegangen. Sie hatten sich dort entwickelt, wo wir nicht waren, allerdings unser gemeinsamer Freund Bill Conolly. Er hatte vom Zug aus seine Frau Sheila angerufen, sie aber zu Hause nicht angetroffen und eine Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen. Sie war leider nicht vollständig gewesen und ziemlich zerstückelt, aber Sheila hatte richtig reagiert. Mit dem Band war sie zu uns gekommen, und was wir hörten, hatte uns nicht gefallen.
Im Nachtzug, der zwischen Glasgow und London verkehrte, befand sich ein Vampir.
Die meisten Menschen hätten darüber gelacht, wir taten es nicht. Vor allen Dingen deswegen nicht, weil die Botschaft von Bill Conolly gekommen war. Er kannte sich aus. Und wenn er uns warnte, dann brannte die Hütte.
Wir hätten den Zug stoppen lassen können, doch das wollten wir nicht. Die normale Polizei hätte gegen einen Blutsauger nichts ausrichten können. Außerdem mußten wir damit rechnen, daß sich der Vampir schon Opfer gesucht und sie gebissen hatte. Wenn das tatsächlich passiert war, dann war der Zug durch Untote verseucht und in einen rollenden Sarg verwandelt worden.
Es gab aber nur die Chance, ihm entgegenzufliegen und ihn auf freier Strecke zu stoppen. Der Lokführer war informiert worden, doch er wußte nicht, worum es tatsächlich ging.
Ein Vampir also.
Ein gefährlicher Blutsauger.
Aber wer?
»Du denkst auch über ihn nach, wie?«
Ich nickte. »Und ob.«
»Mallmann?« fragte Suko leise.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Außerdem hätte Bill es gesagt. Er weiß, wer Dracula II ist. Es muß ein anderer sein, der vielleicht nichts mit Mallmann und dessen Vampirwelt zu tun hat.«
»Gibt es denn noch welche?« fragte Suko zweifelnd.
Ich winkte ab.
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