1088 - Killer in der Nacht
absoluten Stille, aber ich ließ mich nicht täuschen. Für mich war die Stille einfach nur da, um etwas anderes zu überdecken.
Kein Laut war auch hinter den Türen zu vernehmen. Natürlich lauschte ich bei Estelle Crighton, auch dort blieb es sehr ruhig. Keine Musik, keine Stimmen, die aus dem Lautsprecher eines Fernsehers drangen, es blieb ruhig.
Brenda Lee hielt sich dicht hinter mir. Sie, war nervös. Ich hörte sie auch atmen, doch dieses Geräusch war normal und besaß keinen dämonischen Ursprung.
Keine Bewegung, kein weiteres Geräusch. Auch dann nicht, als ich vor der Tür stehenblieb.
Brenda hatte den Namen auch gelesen und flüsterte ihn vor sich hin. »Christa Evans…«
»Sie sehen, wir sind hier richtig.«
»Wollen Sie klingeln?«
Ich hatte es schon getan, während sie die Frage stellte. In der Zeitspanne überlegte ich auch, ob ich mich richtig verhalten hatte. Das war wieder einer der Momente, in denen ich auf mein Gefühl hörte. Das sagte mir, daß ich genau richtig lag.
Es dauerte. Ich schellte noch einmal. Neben mir schüttelte Brenda den Kopf. »Kann sein, daß sie gar nicht in der Wohnung ist.«
»Dann haben wir Pech gehabt. Allerdings rechne ich damit nicht. Eher, daß sie schläft.«
»Meinen Sie wirklich? Nachdem, was passiert ist?«
»Bestimmt.«
Wir hatten uns geirrt, denn wir erhielten tatsächlich eine Antwort. Zwar wurde die Tür nicht geöffnet, doch wir beide hörten die fragende Stimme. »Wer ist denn da?«
»Das ist sie. Ja, das ist meine ehemalige Kollegin!« zischelte mir Brenda zu.
»Mein Name ist John Sinclair. Wir kennen uns…«
»Ja, stimmt. Und was wollen Sie?«
»Ich habe noch ein paar Fragen und möchte sie Ihnen nicht vor der Tür stellen.«
Mrs. Evans überlegte. Dann hörten wir ihr lautes Räuspern, dem eine Antwort folgte. »Gut, kommen Sie herein, auch wenn es schon verdammt spät ist.«
»Das hätte ich nicht gedacht!« flüsterte Brenda. »Hat sie denn keine Angst?«
Ich hob die Schultern. »Sie wird sich sicher fühlen.«
Sekunden später war die Tür offen, und Christa Evans stand vor uns. Sie sah so, aus, wie ich sie zum erstenmal gesehen hatte. Die weiße Bluse, die blaue Jeans. Ihr Gesicht zeigte kein Lächeln, nur ein großes Staunen. Es galt nicht mir, denn sie hatte ihre ehemalige Kollegin erkannt.
»Brenda… du?«
»Ja, ich.«
»Das ist eine Überraschung. Ich wußte gar nicht, daß du diesen Menschen neben dir kennst.«
Mrs. Lee murmelte etwas, das ich nicht verstand. Zudem war ich gedanklich ganz woanders. Zwar hatte sich Christa Evans überrascht gezeigt, doch dies nahm ich ihr nicht richtig ab. Mir kam diese Überraschung gespielt vor. Weshalb war sie so spät auf? Irgendwie schien sie zumindest mich erwartet zu haben.
Auf ihren Lippen blieb das Lächeln, als sie uns eintreten ließ. Die Wohnung war recht dunkel. Zumindest der Flur, den wir betraten, und ich nahm auch den muffigen Geruch wahr. Sie schien lange nicht mehr gelüftet zu haben.
»Möchtest du deinen Mantel nicht ablegen, Brenda?«
»Nein, danke, ich lasse ihn an.«
»Gut, wie du willst.« Mrs. Evans wandte sich an mich. »Bitte, kommen Sie ins Wohnzimmer.«
Sie ging vor, wir folgten ihr, und ich blieb auf der Schwelle stehen.
Das Wohnzimmer kam mir vor wie eine schwarze Hölle!
***
Die Augen des Mannequin hatten sich so weit geöffnet, als wollten sie aus den Höhlen treten. Was sie an der Tür abgemalt sah, das war keine Einbildung. Es stimmte tatsächlich. Sie starrte auf den Schattenarm mit der Hand, und sie sah auch den Abdruck des Messers, das von einer Faust umklammert wurde.
Im ersten Augenblick war sie von einem Schwindel überfallen worden. Der allerdings hatte sich bald wieder gelegt, und so blieb sie auf dem Fleck stehen, als wäre sie zu Eis geworden.
Sie sah den Killer. Sie hörte nicht mehr sein Keuchen, sondern sah ihn jetzt vor sich. Es wollte nicht in ihren Kopf, weil es einfach unbegreiflich war. Aber sie konnte dieses schattenhafte und schreckliche Gebilde auch nicht wegreden. Es war da, sie bildete es sich nicht ein, und sie spürte, wie sie immer kälter wurde. Es war die erste Reaktion auf den Schock. Die zweite folgt sehr bald, denn da schoß eine Glutwelle in ihr hoch.
Was hatte das zu bedeuten?
Es war niemand da, der dieses schrecklich Abbild hätte erzeugen können. Und trotzdem war es vorhanden. Ein grauenhaftes und auch böses Bild. Sie spürte, wie es in ihrem Innern brodelte. Wie sie versuchte, nach einer Erklärung zu
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