109 - Die Atemdiebin
nicht«, gestand er in gedämpften Ton, obwohl sie Englisch sprachen. »Vielleicht Speichel, oder eine andere Absonderung des Atemdiebs.«
»Glaubst du, es stammt von einem Tier?«
Matt war angenehm überrascht, dass sie nicht zuerst auf einen Dämon tippte. »Schon möglich«, antwortete er.
»Vielleicht eine neue Mutation, der bisher noch niemand bei Tageslicht begegnet ist.«
Sekunden später bereute er seine Worte.
»Der Atemdieb ist ein Monster!«, gab seine Gefährtin laut an die Umstehenden weiter. »Wir haben seine Spur gefunden!«
Ehrfürchtiges Raunen quittierte ihre Worte. Der Durchmesser, in dem die Neugierigen sie umstanden, schrumpfte, weil von hinten einige drängelten, um einen besseren Blick zu erhaschen. Matt fürchtete schon, niedergetrampelt zu werden, doch die vordere Reihe, die sich dem Druck entgegen stemmte, hielt stand.
Während des Gerangels fiel ihm eine Barbarin mit blau gefärbten Haaren auf, die sich besonders weit vorgebeugte, um einen Blick auf seinen Fund zu erhaschen. Sie trug lange Hosen aus Leder, Schnürhemd und Felljacke, so wie viele andere auch, doch aus ihrem Ausschnitt baumelte etwas hervor, das Matts Blick sofort fesselte. Eine militärische Erkennungsmarke, ähnlich der, die er selbst um den Hals trug!
Die Frau erschrak, als sie sein Interesse bemerkte. Hastig richtete sie sich auf und versuchte zu fliehen, doch die hinter ihr gedrängte Menge war undurchlässig wie eine Ziegelsteinmauer.
»Keine Sorge«, beruhigte Matt, der annahm, dass sie sein fremdartiges Aussehen ängstigte. »Ich staune nur über deinen Metallanhänger. Er kommt mir bekannt vor. Sieh nur, ich trage selbst einen.«
Als er die eigene Erkennungsmarke hervor zog, entspannte die Barbarin wieder. Statt Furcht trat Neugier in ihre Augen.
»Dir ist solche Art Schmuck bekannt?«, fragte sie, als könne sie es kaum glauben. »Ich habe ihn schon, seit…«,sie zögerte kaum merklich, »… seit ich denken kann. Meine Eltern haben ihn mir in die Wiege gelegt.«
Matt nickte freundlich, maß ihren Worten aber keine große Bedeutung bei. Schließlich schmückten sich in Liion viele mit Relikten aus der Vergangenheit.
»Könnt ihr den Atemdieb aufspüren und vernichten?«, wollte eine Stimme aus der Menge wissen.
»Ja, befreit uns von dem Ungetüm!«, forderte eine andere.
»Damit wir endlich wieder ruhig schlafen können!«
Weitere Liioner meldeten sich zu Wort, und plötzlich schrien alle laut durcheinander. Obwohl die einzelnen Stimmen unverständlich waren, besaß der Tenor doch einen unangenehm aggressiven Unterton, von dem sich nicht nur Matt bedrängt fühlte.
Aruula ballte beide Hände zu Fäusten und schob das Kinn angriffslustig vor. Matt berührte sie sanft am Arm, damit sie nicht ohne Vorwarnung explodierte. »Wir sollten den Leichnam ins Labor der Explorer schaffen«, schlug er vor.
»Dort haben wir mehr Ruhe als hier.«
Die Barbarin nickte, ohne ihn anzusehen, holte tief Luft und brüllte gereizt: »Ruhe jetzt, verdammt noch mal! Wenn alle durcheinander kreischen wie die Taratzen, kann unsere Magie nicht wirken! Habt ihr das verstanden?«
Ihr herrischer Ton zeigte Wirkung. Die Menge verstummte nicht nur, sie wich sogar zurück.
»Nicht schlecht«, gestand Matt ein. »Jetzt brauchen wir nur noch ein Transportmittel, auf dem wir den Toten fortschaffen können.« Er bat Blaance und einige weitere Barbaren um Unterstützung, erhielt aber keine Antwort. Alle sahen Aruula an. Schließlich war sie die große Schamanin, von der sich alle Hilfe erhofften. Erst als Aruula die Bitte wiederholte, hagelten die Hilfsangebote auf sie ein.
Man einigte sich schließlich darauf, den Handkarren zu benutzen, mit dem Alaan seine Lischettenfallen verteilte. Sie wollten ihn hinter eine Androne spannen, die Blaance eilig herbei holte. Während Matt und Aruula alles zum Abtransport vorbereiteten, zerstreute sich die umstehende Menge, begierig darauf, die Neuigkeiten zu verkünden.
Die Hügel und Gassen von Croix Rousse erfüllte neue Hoffnung. Eine Hoffnung, die für Golluk zu spät kam.
Während Matt die merkwürdige Substanz, die er unter den Fingernägeln des Toten gefunden hatte, in einen Plastikbeutel abstrich, bemerkte er, dass die Frau mit den blauen Haaren weiter zu ihm herüber starrte. Er wollte sie schon ansprechen, als Aruula neben ihn trat und flüsterte: »Halt dich fern von ihr. Ich spüre, das sie etwas vor uns verbirgt.«
Mit ihren schwach telepathischen Fähigkeiten konnte Aruula
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