Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
109 - Die Atemdiebin

109 - Die Atemdiebin

Titel: 109 - Die Atemdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
Vom Netzwerk:
Das würde sie hoffentlich vor einer Entdeckung durch die Technos bewahren.
    Aus der Deckung einer ausgebrannten Straßenbahn heraus beobachtete sie, wie Maddrax und seine Gefährten ihr Ziel erreichten: ein stählernes, viergliedriges Fahrzeug, das nahe der gläsernen Kuppel parkte und aus der Entfernung einer zu kurz geratenen Riesenschlange ähnelte. Die Gerüchte in Liion entsprachen also der Wahrheit: Maddrax gehörte zu den Fremden, die Geenislaaval besuchten.
    Da es bis zum Glasgewölbe keine weitere Deckung gab, ging Amelie von nun an aufrecht, ohne jede Spur von Heimlichkeit. Auf dem Handelsplatz trieb sich eine Handvoll Barbaren herum, die die Hoffnung auf ein lohnendes Tauschgeschäft noch nicht aufgegeben hatten. Mit etwas Glück würde man sie ebenfalls für eine Händlerin halten und keine lästigen Fragen stellen.
    Blaances Androne graste nahe des Stahlkolosses, der die beiden Techno- Pansser, die links und rechts der Kuppel standen, um ein mehrfaches überragte. Alaans Karren war leer und die ganze Begleitmannschaft mitsamt der Leiche wie vom Erdboden verschwunden. Amelie brauchte jedoch nicht viel Phantasie, um sich auszurechnen, dass Maddrax und die seinen in dem viergliedrigen Fahrzeug steckten.
    Lässig schlenderte sie zu der Androne hinüber und fasste ihre schwarzen, chitinummantelten Glieder abwägend ins Auge, wie eine zum Kauf bereite Händlerin. Gleichzeitig lauschte sie in die Umgebung hinein. Gedämpfte Stimmen drangen über das Stahlfahrzeug hinweg, aber so sehr Amelie sich auch bemühte, es gelang ihr nicht, auch nur ein einziges Wort zu verstehen. Sekundenlang schwankte sie in dem Entschluss, sich näher zu wagen, dann gab sie sich einen Ruck.
    Wenn sie nicht wie bisher weiterleben und an ihren Schuldgefühlen verzweifeln wollte, musste sie das Risiko eingehen und versuchen, mehr über ihre Herkunft zu erfahren.
    Neugierig wandte die Androne den Kopf herum und ließ ihre Fühler vibrieren, äste dann aber ruhig weiter.
    Was soll's, dachte Amelie, notfalls frage ich einfach, was das Tier kosten soll. Betont langsam umrundete sie das stählerne Fahrzeug. Mit jedem Schritt schälten sich die einzelnen Worte deutlicher hervor. Als sie die Rückseite erreichte, sah sie, dass die Stimmen aus einem offenen Seitenschott drangen.
    Gleichzeitig spürte sie kalten Stahl an der Kehle.
    Erschrocken blieb sie stehen und starrte Aruula an, die wie aus dem Boden gewachsen vor ihr stand.
    »Dein Gesicht kenne ich doch!«, fauchte die Schamanin, ohne den schweren Bihänder auch nur einen Zentimeter zurückzuziehen. »Du bist mir schon in Liion aufgefallen.«
    ***
    »Seht mal, wen ich draußen beim Herumschnüffeln erwischt habe!«
    Matt, Blaance und Alaan sahen überrascht von der Leiche auf, als Aruula die blauhaarige Frau grob ins Labor stieß.
    Corporal Andrew Farmer und Lieutenant Peter Shaw, die an den Elektronenmikroskopen arbeiteten, drehten ebenfalls ihre Schalensesseln zur Seite. Derart im Mittelpunkt des Interesses stehend, sah die junge Barbarin eingeschüchtert von einem zum anderen. Nur den Leichnam ignorierte sie geflissentlich.
    »Ich bin keine Schnüfflerin«, verteidigte sie sich. »Ich bin hier, weil…«, sie zögerte kurz, als ob sie ihre Antwort neu überdenken würde, fuhr dann aber rasch fort: »… weil ich mehr über mein silbernes Amulett erfahren möchte.« Hastig zog sie die Militärmarke unter dem Schnürhemd hervor und sah Matt erwartungsvoll an. »In meiner Familie wird es gehütet wie ein Schatz und seit Generationen von der Mutter auf die älteste Tochter vererbt. Ich möchte gerne wissen, was es damit auf sich hat. Du besitzt ein ähnliches! Vielleicht sind wir sogar miteinander verwandt?«
    Aruula gab ein verächtliches Schnauben von sich. »So ein Unsinn! Sie lügt!«
    Matt hob die Hände in einer beruhigenden Geste. »Sie lügt nicht, sie vermutet nur.« Mitleidig sah er zu der Barbarin, die furchtsam beide Hände an den Leib presste. »Ich fürchte, ich muss dich enttäuschen… ähm, wie heißt du eigentlich?«
    »Amelie«, antwortete sie schüchtern. »Ich stamme aus einem Dorf flussaufwärts und bin erst seit wenigen Tagen in Liion.«
    Alaan nickte bei diesen Worten, wie um zu bestätigen, dass sie fremd war.
    Matt rang sich ein Lächeln ab, während er die eigene Erkennungsmarke aus dem Ausschnitt zog. »Wir haben nicht genau die gleichen Anhänger«, erklärte er. »Siehst du, sie unterscheiden sich im Detail voneinander. Sie stammen aus unterschiedlichen

Weitere Kostenlose Bücher