1092 - Der Vampirengel
Menschen zu beißen. Trotz meiner Zähne.«
Für Dagmar Hansen hörte es sich gut an, vorausgesetzt, Angela log sie nicht an. »Du hast aber versucht, weitere von uns zu finden, oder nicht?«
»Ja, das habe ich.«
»Und?«
»Du bist bisher die einzige.«
Das erstaunte Dagmar. »Oh, damit habe ich nicht gerechnet. Was ist mit den anderen gewesen? Ich weiß, daß es noch mehr von uns gibt, aber…«
»Bleibe beim aber. Ich fand sie nicht. Nur mit dir bekam ich plötzlich Kontakt.«
»Das habe ich gemerkt.« Sie lächelte Angela ins Gesicht. »Obwohl wir uns jetzt etwas besser kennen, bist du auch weiterhin ein Rätsel. Daß du eine Psychonautin bist, ist okay, aber du bist nicht nur das, denn ich bezeichne dich auch als Vampirengel. Und ich bin zusammen mit meinem Freund auf den Friedhof gekommen, um dich zu pfählen.«
»Das weiß ich.«
»Schön«, sagte Dagmar ganz ruhig. »Dann bist du dreierlei in einer Person. Ich sehe dich als Psychonautin, als Blutsaugerin und zugleich als Engel. Genau das begreife ich nicht. Wenn ich die Psychonautin und Blutsaugerin einmal weglasse, bleibt der Engel übrig. Ich weiß sogar recht gut über Engel Bescheid, nur konnte ich mir bisher nicht vorstellen, daß aus einem Engel ein Vampir werden kann. Das ist mir einfach ein Stück zu hoch, muß ich dir ehrlich sagen.«
»Engel«, wiederholte Angela und lächelte vor sich hin. »Ich weiß nicht, ob ich ein Engel bin. Oder denkst du an meine Flügel?«
»Auch.«
»Ich habe sie eben.«
Dagmar schüttelte den Kopf. »Kann man so ohne weiteres Flügel bekommen?« Ihre Stimme klang spöttisch. »Das glaube ich nicht. Nein, das kann ich nicht begreifen.«
»Wir sehen nicht alle gleich aus«, gab Angela zu bedenken. »Was weißt du denn alles von uns?«
»Wenn ich mir das Gehörte durch den Kopf gehen lasse, eigentlich zu wenig.«
»Das stimmt.«
»Du willst mir also nicht sagen, weshalb dir Flügel gewachsen sind und mir nicht?«
»Später. Nimm es so hin.«
Dagmar wußte, daß es nichts brachte, wenn sie weitere Fragen stellte. Sie fand sich damit ab und nickte ihrer neuen Freundin zu. »Es ist alles klar«, sagte sie, »und wie es aussieht, werden wir beide wohl zusammenbleiben, sonst hättest du mich nicht zu dir geholt. Oder hast du mich nur in etwa über dich aufklären wollen?«
»Nein, das war nicht meine Absicht. Ich wollte schon, daß du auch weiterhin auf meiner Seite stehst.«
»Es wird sich wohl nicht vermeiden lassen, denke ich.«
»So ist es.«
»Und was hast du vor? Ich nehme an, daß du bereits einen Plan geschmiedet hast.«
»In der Tat.«
»Ich höre.«
»Es geht mir um den, der mich in diese Lage hineingebracht hat. Ich weiß nicht mehr, wer ich bin.«
Sie zischte die Worte jetzt hervor. »Ich kenne mich selbst nicht mehr aus. Ich bin kein Mensch, ich bin kein Monster, ich schwebe irgendwo dazwischen. Ist dir nun klar, wie ich zu leiden habe?«
»Ja, ich kann mir das vorstellen. Nur möchte ich gern wissen, wie du es ändern willst und wie ich dir dabei helfen kann.«
Angela streckte einen Finger aus und wies auf Dagmars Brust. »Das kann ich dir genau sagen. Ich möchte, daß wir beide diese Gestalt mit dem blutigen D auf der Stirn finden und zur Rechenschaft ziehen. Das ist alles.«
Dagmar Hansen hatte es zwar nicht die Sprache verschlagen, doch sie war geschockt. So dauerte es eine Weile, bis sie sich gefangen und die richtigen Worte gefunden hatte. »Weißt du eigentlich, was du dir da vorgenommen hast?«
»Ich glaube schon.«
Dagmar schüttelte den Kopf, bevor sie widersprach. »Nein, das weißt du eben nicht. Dieser Vampir mit dem D auf der Stirn heißt Will Mallmann. Er hat einmal zu uns gehört, da aber ist er noch Mensch gewesen. Nun steht er auf der anderen Seite, und er ist der mächtigste Vampir, den ich kenne. Er sieht sich als den direkten Nachfolger des Blutgrafen Dracula an, und er ist nicht weniger brutal und gefährlich als diese historische Gestalt. Er ist sogar auf der einen Seite unbesiegbar, weil er sich im Besitz des Blutsteins befindet. Ihn zu vernichten und in sein Reich einzudringen, ist so gut wie unmöglich.«
»Ich habe es mir aber vorgenommen!«
»Das hörte ich. Doch ich glaube nicht, daß du es schaffen kannst. Auch nicht mit meiner Hilfe.«
Das waren Worte, die Angela überhaupt nicht gefallen hatten. Sie preßte die Lippen hart zusammen, und ihr Gesicht nahm einen starren und feindlichen Ausdruck an. »Heißt es, daß du mich im Stich lassen
Weitere Kostenlose Bücher