1093 - Testwelt Cheyraz
welcher Weise er die Finger bewegen mußte, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Als er sicher war, betätigte er den Auslöser. Eine hellrote Glutbahn fraß sich krachend in die Wand. Unter der Hitzeeinwirkung verdampfte das Material und zog in trägen Schwaden nach oben ab.
Der Erfolg machte ihn übermütig. Plötzlich kam ihm Danyella in den Sinn, und er begann, eine herzförmige Linie in den Schutzwall zu brennen. Er hatte sie noch nicht vollendet, als er, durch das Zischen verdrängter und erhitzter Luft, aufgeregte Stimmen vernahm. Augenblicklich brach er den Versuch ab. Der Energiestrahl erstarb.
„Mein Gott, Josuar! Bist du von Sinnen?"
Der Hyperphysiker kam sich vor wie ein Junge, der bei einem dummen Streich ertappt wurde.
In einem Durchlaß der Schutzmauer standen Danyella und Waringer, dahinter einige Kollegen mit verschlafenen Gesichtern. Sie alle waren durch die Geräuschentwicklung aufgeschreckt worden und hergeeilt, um nachzuschauen, was sich im Zentrum des Labortrakts abspielte.
„Josuar!" rief Danyella. „Was soll das?"
In ihm erwachte so etwas wie Trotz. Er brauchte sich nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil: Sie konnten ihm dankbar sein, daß er die im Grunde festgefahrenen Untersuchungen ein Stück vorangetrieben hatte.
Betont gelassen öffnete er die Spange um seinen Arm und registrierte dabei zufrieden, daß das porleytische Instrument sich nicht widersetzte. Er streifte den Handschuh ab und legte ihn auf den Sockel zurück. Vorsichtshalber schaltete er dann den HÜ-Schirm wieder ein.
Josuar gestand sich ein, daß er selbst erst jetzt beruhigt war. Das Mentalband war problemlos gekappt, das gefährliche Objekt hinter der Energiebarriere isoliert. Damit kehrte ein großer Teil seiner Selbstsicherheit zurück. Er blinzelte Danyella zu und deutete auf die Ynkelonium-Wand.
„Ich dachte mir, daß dieses Jeine Bedeutung haben müßte."
„Du bist verrückt!" stieß sie hervor. „Wie kannst du dich ohne Rückendeckung in eine solche Gefahr begeben!"
„Niemand wäre das Risiko eingegangen, den Versuch zu genehmigen, wenn ich ihn vorher angekündigt hätte", konterte er mit ihren eigenen Argumenten. „Deshalb habe ich es auf eigene Faust probiert."
Waringer schob sich an Danyella vorbei und eilte auf Josuar zu. Ungestüm packte er ihn an den Schultern. Sein Gesicht strahlte.
„Weißt du eigentlich, was du da getan hast?"
Kein Vorwurf lag in seiner Stimme, eher Begeisterung. Josuar, der eine Rüge erwartet hatte, war viel zu perplex, um nach einer Antwort zu suchen. Waringer gab sie schließlich selbst: „Du hast einige wichtige Leute um ein großes Problem erleichtert."
5.
Das Bild, das Rhodan auf dem Trivideo-Kubus sah, weckte spontane Sympathie für den jungen Wissenschaftler, der mit den großen, erstaunt blickenden blauen Augen einen ehrlichen und integren Eindruck hinterließ. Rhodan wußte zwar, wie leicht solche Äußerlichkeiten täuschen konnten, doch vertraute er diesbezüglich auf seine lange Lebenserfahrung, zumal auch Waringer ihn als anständigen Charakter geschildert hatte.
Josuar Gandaros Gesicht wirkte hager, aber trotzdem jugendlich. Es wurde bestimmt von einem ausgeprägten Kinn und hervorstehenden Wangenknochen. Die Haare waren mittellang und blond, die Lippen voll.
„Genau einen Meter einundsiebzig groß, schlanke Statur, fast schmächtig, jedoch kräftig und durchtrainiert, weil er viel Sport betreibt, hauptsächlich Laufsport. Geboren 399 in Amman, Bezirk Jordanien. Lebt heute in einem Apartment im Zentrum von Terrania. Er hat vier Brüder und drei Schwestern, alles Kinder, die seine Mutter von verschiedenen Männern empfing..."
„Geoffry...!"
Waringer ließ sich von Rhodans ungehaltenem Zwischenruf nicht unterbrechen.
„Schon in seiner frühen Jugend galt er als Wunderkind, weil er sich nicht mit Spielereien, sondern mit wissenschaftlichen Problemen auseinander setzte. Josuar ist eine durch und durch ehrliche Haut, allerdings übertrieben ehrgeizig. Sein Selbstbewußtsein schwankt, manchmal ist es ausgeprägt, dann wieder am Boden zerstört. Er hat ein ausgefallenes Hobby - sammelt altes Porzellan und besucht Museen in aller Welt. Kontakte zum anderen Geschlecht hat er selten, da tut er sich schwer, und die Initiative muß immer von einer Frau..."
„Geoffry, bitte! Warum erzählst du mir das alles?"
Erst jetzt schien Waringer zu merken, daß er den Freund ernsthaft verärgerte. Er blickte von seiner Notizfolie auf und hob die
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