1094 - Der Aibon-Drache
Moment die Augen. »Ich möchte nicht mehr an den Drachen denken und auch nicht an meine verdammte Tante. Aber ich sehe schon, daß ich daran wohl nicht vorbeikomme. Wenn ich mir deine Worte durch den Kopf gehen lasse, hat das eine wohl mit dem anderen zu tun.«
»Ich zumindest glaube daran, Chris. Für uns gilt es jetzt, die entsprechenden Beweise zu finden.«
»Beweise«, flüsterte sie. »Da kann ich nur lachen. Wo willst du die denn finden?«
»Es ist der Drache.«
»Ha, du stellst dir also vor, daß du ihn fängst.«
»Oder wie auch immer.«
»Verdammt, das wird nicht einfach sein. Das ist kein normales Tier, sondern ein Untier. Er wartet auf uns. Er wird uns vernichten wollen. Vielleicht sogar fressen. Ich kann mich wieder an die Geschichten erinnern, die meine Tante erzählt hat.«
»Weißt du eigentlich, wo sie begraben liegt?«
»Nein, irgendwo in London. Das glaube ich zumindest. Ein Grab habe ich nie gesehen. Ich verspüre auch nicht das Verlangen, es zu sehen, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Ja, das kann ich mir denken.«
»Sei nicht sarkastisch. Natürlich bin ich meiner Tante dankbar gewesen, aber ich habe mich erst um mich selbst und um mein Leben gekümmert, das ich mir aufbauen konnte. Es war immer ein Traum von mir gewesen, mich auf die eigenen Füße zu stellen. Was war ich denn zuvor? Eine Werbe-Tante. Zwar begabt, aber die Lorbeeren kassierten andere. Ich hing so herum.«
»Alles klar.«
Sie stellte das Glas weg. »Du sagst das so, als wäre es für dich nicht so klar, John.«
»Wir müssen den Drachen finden, Chris. Alles andere ist unwichtig. Und wir müssen versuchen, ihn zu vernichten. Er darf nicht überleben. Denk daran, wenn nur ein Teil der Geschichten stimmt, die man dir vorgelesen hat, wie gefährlich Drachen dann sein können. Menschen haben sie schon immer gern getötet.«
»Und sie haben auch in den Geschichten meiner Tante immer Feuer und Rauch gespien.«
»Das kann uns auch noch bevorstehen.«
Chris Talbot sagte nichts. Sie kam auf mich zu und lehnte sich plötzlich an mich. »John, das ist alles furchtbar«, flüsterte sie. »Ich weiß nicht, in was ich da hineingeraten bin. Nie hätte ich gedacht, daß die Geschichten meiner Tante einmal Wirklichkeit werden könnten. Nie…«
»Wichtig ist, daß du in Sicherheit gebracht wirst.«
»Ha, wo bin ich denn sicher.«
»Hier nicht.«
»Und draußen?«
»Steht der Wagen.«
Chris drückte sich von mir weg, um in mein Gesicht schauen zu können. »Moment mal, John. Wenn ich dich richtig verstanden habe, heißt das, daß ich mich in den Wagen setzen soll, um vor dem Drachen zu fliehen.«
»So sehe ich es.«
Sie schloß die Augen. »Das ist schlimm. Sogar mehr als schlimm. Und du willst hier zurückbleiben?«
»Das ist die beste Lösung.«
»Ein Bulle als Drachentöter, wie?« Sie trampelte einige Male hart auf. »Verdammt, das will mir nicht in den Kopf. Das raffe ich einfach nicht. Das ist der blanke Wahnsinn. Ein Drachentöter in der heutigen Zeit. Einer, der sein Schwert zieht und…«
»Ich muß mich da schon auf die modernen Waffen verlassen, obwohl ich ein Schwert habe«, murmelte ich und dachte dabei an die Waffe des Salomo. Nur stand sie bei mir zu Hause. Bisher hatte ich noch wenig Gelegenheit gehabt, sie einzusetzen.
»Mit einer Kugel.«
»Zum Beispiel.«
»Da hätte ich eine andere Idee.«
»Welche?«
»Du könntest doch deine Kollegen anrufen, damit sie das Haus hier umstellen. Oder auch Soldaten, wenn das Ding tatsächlich noch gewachsen ist.«
»Denk daran, daß wir hier nicht im Film sind.«
»Das ist hier schlimmer, John.«
Da mochte sie recht haben, aber es brachte auch nichts, wenn wir hier standen und lange diskutierten. Wir mußten einfach weiter und uns den Problemen stellen.
Ich verließ als erster das Arbeitszimmer. Chris folgte mir sehr schnell. »Weißt du eigentlich, John, daß ich dieses Haus jetzt zu hassen beginne?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist zwar verständlich, aber ich weiß nicht, ob das Haus etwas damit zu tun hat.«
»Ich glaube das.«
»Warte ab, Chris. Die nächsten Tage werden bestimmt wieder anders aussehen.«
»Falls wir überleben«, sagte sie leise…
***
Wir hatten die Treppe hinter uns gelassen und waren auch durch das leere Entree bis zur Haustür gegangen. Vor ihr blieben wir stehen. Ich leuchtete noch einmal in die Runde, ohne allerdings eine Spur des Drachens zu entdecken.
Chris Talbot war wieder nervös geworden. Während ich mich mit
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