1099 - Das Kollektiv der Porleyter
wollte die Entscheidung nicht alleine treffen. Was von nun an zu geschehen hatte, mußte auf einem Konsensus aller beruhen. Er hatte gehofft, daß sie sich gemessen und mit Würde, wie es dem uralten Volk der kosmischen Hüter zustand, zu einer Einigung würden durchringen können.
Aber die Nachwirkung des Schocks war intensiver, als er es sich in seinen übelsten Träumen hätte ausmalen können. Qumran-Fayed-Pogh war aufgestanden und hatte erklärt, das Volk der Porleyter hätte sich selbst mit seinem Hochmut, seinen Missetaten und seinem Unverständnis das Recht zur weiteren Existenz entzogen. Es gebe nur noch einen einzigen ehrenhaften Ausweg aus dem Dilemma, in das sie sich durch die eigene Verblendung manövriert hatten: Sie mußten aufhören zu existieren.
Lafsater-Koro-Soth hatte ein heiseres Lachen ausgestoßen, als er diesen Unsinn vernahm - und war sogleich wieder verstummt, als er erkannte, daß die Mehrzahl der Porleyter Qumran-Fayed-Poghs Ansicht teilte. Daraufhin war er zornig geworden. Er hatte getobt, auf sie eingeschrieen und keinen Hehl aus seiner Ansicht gemacht, sie seien alle miteinander emotionell überbelastete Dummköpfe.
Das Ergebnis war gewesen, daß noch mehr auf Fayeds Seite überschwenkten. In diesem Augenblick war es so, daß nur noch vierhundert von den über zweitausend an eine sinnvolle Zukunft glaubten.
Es wäre ihm leichtgefallen, einfach aufzugeben. Der Tod, den Qumran-Fayed-Pogh ihnen versprach, war rasch und schmerzlos. Er brachte Nachruhm. Das Universum würde zur Kenntnis nehmen, daß die Porleyter Ehre genug besaßen, für ihre Fehler Sühne zu leisten. Aber wozu das, wenn es weitaus konstruktivere Methoden gab, die Irrtümer der Vergangenheit wiedergutzumachen?
Lafsater-Koro-Soth war entschlossen, die defätistische Dummheit, die in Fayeds Ansicht zum Ausdruck kam, zu bekämpfen. Er selbst hatte in der Vergangenheit oft unrecht gehabt: als er mit Begeisterung Lurdvan-Gero-Lats' Theorie vertrat, als er für die Verwirklichung des Planes eintrat, der den Porleytern ein mehr als zwei Millionen Jahre langes Eingekerkertsein bescherte - und in jüngster Zukunft, als er Clynvanth-Oso-Megh zum Gespött seiner Artgenossen machte und ihn schließlich dazu trieb...
Die Gedanken wichen aus und weigerten sich, bis zu dem Punkt vorzustoßen, an dem für das Bewußtsein unerträgliche Pein entstehen mußte.
Wie es auch immer sein mochte, diesmal hatte er recht. Der kollektive Selbstmord war der Ausweg des Feiglings. Die Porleyter hatten nicht nur das Recht, sie hatten die Verpflichtung weiterzuexistieren. In diesem Sinn würde er sich gegen Qumran-Fayed-Pogh erheben, wann immer jener seinen Plan der Verzweiflung zur Sprache brachte.
Er würde gewinnen - oder den schmachvollen Tod erleiden, den Fayeds irrsinniger Plan ihnen allen zugedacht hatte.
3.
„Ich könnte mich behutsamer ausdrücken", sagte Reginald Bull, nachdem er die Frage, wie er das heikle Thema zur Sprache bringen solle, in seinem Verstand mehrmals herumgewälzt hatte. „Aber als dein ältester Freund sage ich nur: Zwischen dir und Atlan riecht es nach Knies."
Perry sah ihn verwundert an, dann lachte er hellauf.
„Knies! Mein Gott, wie lange ist es her, seit ich das Wort zum letzten Mal hörte." Er wurde unvermittelt ernst, sah sein Gegenüber an und fragte: „Wie kommst du darauf?"
Bull winkte ab.
„Hör zu: Wenn du nicht darüber reden willst, dann sag's. Aber komm mir nicht mit dummen Fragen. Ich habe euer Gespräch mit angehört. Was blieb mir auch anderes übrig? Das war nicht eine Unterhaltung zwischen zwei engen Freunden, die einander seit Wochen nicht mehr gesehen haben."
Perry wurde ernst. Er nickte.
„Du hast recht", sagte er.
Nur diese drei Worte, weiter nichts. Reginald Bull musterte ihn verblüfft.
„Ich habe recht?" platzte er schließlich heraus. „Natürlich habe ich recht. Ein Blinder könnte es mit dem Krückstock fühlen, wenn du mir den uralten Ausdruck erlaubst. Ist das alles, was du zu sagen hast?"
Verwunderung lag in Perrys Blick.
„Du willst die Einzelheiten wissen? Gut. Es geht um Gesil. Sie ist von einer Aura umgeben, der weder ich noch Atlan widerstehen können. Solange sie an Bord der SOL mit Atlan allein war, war er ihr Favorit. Als wir nach der M-3-Expedition auf die SOL stießen, wandte sich Gesils Interesse ..."
Ein Grinsen war auf Bulls Gesicht erschienen, wurde intensiver und schließlich so impertinent, daß Perry sich mitten im Satz unterbrach.
„Was
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