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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wasser zu einer Tiefe von tausend Fuß in die Erde ein; es fraß alles Weiche weg; es wusch die Felsen tiefer und tiefer aus, und so wurden die großartigen Cañons und die Wasserfälle gebildet, welche zu den Wundern des Nationalparks gehören.
    Da ragen denn die vulkanischen Ufer hoch empor, vielfach zerrissen und zerklüftet, vom Regen ausgewaschen, und bilden Formen, welche sich keine Phantasie zu erdenken vermag. Da glaubt man die Ruine einer alten Ritterburg zu sehen. Man kann die leeren Fensterhöhlen sehen, den Wachtturm und die Stelle, an welcher die Zugbrücke über den Graben ging. Nicht weit davon ragen schlanke Minaretts empor. Man meint, der Muezzin müsse auf den Söller treten und die Gläubigen zum Gebet rufen. Gegenüber öffnet sich ein römisches Amphitheater, in welchem Christensklaven mit wilden Tieren gerungen haben. Daneben steigt eine chinesische Pagode frei und kühn zur Höhe, und weiterhin am Flusseslauf steht eine hundert Fuß hohe Tiergestalt, so massiv, so unzerstörbar scheinend, als sei sie dem Götzen eines vorsintflutlichen Volkes errichtet gewesen.
    Und das alles ist Täuschung. Die vulkanischen Eruptionen haben die Massen geliefert, welche vom Wasser zu Gestalten gemeißelt wurden. Und wer diese Produkte elementarer Kräfte betrachtet, fühlt sich als einen mikroskopischen Wurm im Staube und hat allen Stolz vergessen, der ihn vorher beherrschte.
    So ging es auch Jemmy, Davy und Martin Baumann, als sie am Morgen dem Laufe des Flusses folgten. Sie wurden nicht müde, ihrer Bewunderung Ausdruck zu geben. Was Wohkadeh fühlte und dachte, das war nicht zu erfahren; er sprach es nicht aus.
    Natürlich benutzte der gute Hobble-Frank diese Gelegenheit, sein wissenschaftliches Licht leuchten zu lassen; aber heute fand er in dem dicken Jemmy keinen bereitwilligen Hörer, denn dieser hatte alle seine Aufmerksamkeit in den Augen konzentriert und forderte endlich den kleinen Sachsen gar in zornigem Tone zum Schweigen auf.
    „Na, dann gut!“ antwortete der einstige ‚Forschtbeamte‘. „Was hilft's der Menschheet, daß sie diese Wunder erblickt, wenn sie sich weigert, sie sich erklären zu lassen! Da hat der große Dichter Geliert sehre recht, indem er sagt: ‚Was hilft der Kuh Muschkate!‘ Ich will also meine Muschkate und meinen Sempf ooch für mich behalten. Man kann im Gymnasium gewest sein und doch vom Yellohschtohne nichts verschtehn. Ich aber wasche von heute an meine Hände in lauter Unschuld. Da weeß ich wenigstens, woran ich bin!“
    Da, wo der Fluß sich in einem ziemlich weiten Bogen nach Westen wendet, traten zahlreiche heiße Quellen zu Tage, welche ihr Wasser sammelten, um ein ansehnliches Flüßchen zu bilden, welches sich zwischen hohen Felsen hindurch in den Yellowstone ergoß. Es schien, als ob man das Ufer des letzteren von hier an nicht mehr direkt verfolgen könne, und darum bogen die fünf links ein, um dem Lauf des heißen Flüßchens zu folgen.
    Hier gab es weder Baum noch Strauch. Es war alle Vegetation erstorben. Die heiße Flüssigkeit hatte ein schmutziges Aussehen und roch wie faule Eier. Es war kaum zum Aushalten. Und doch wurde es nicht eher anders und besser, als bis sie nach einem stundenlangen, beschwerlichen Ritt die Höhe erreichten. Hier gab es auch klares, frisches Wasser, und bald zeigten sich Büsche, später sogar Bäume.
    Von einem wirklichen Weg war natürlich keine Rede. Die Pferde hatten sich oft auf weite Strecken hin über Felsbrocken wegzuarbeiten, welche das Aussehen hatten, als sei ein Berg vom Himmel gestürzt und hier unten in lauter Stücke zerbrochen.
    Diese Trümmer hatten oft eine wunderbare Gestalt, und oft blieben die fünf Reiter halten, um ihre Meinung über dieselbe auszutauschen. Dabei verging die Zeit, und es war bereits Mittag, als sie erst die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten.
    Da erblickten sie von weitem ein ziemlich großes Haus. Es schien eine in italienischem Stil gebaute Villa zu sein, an welche sich ein mit einer hohen Mauer umgebener Garten lehnte. Ganz erstaunt blieben sie halten.
    „Ein Wohnhaus hier am Yellowstone! Das ist doch gar nicht möglich!“ sagte Jemmy.
    „Warum soll das nicht möglich sein?“ antwortete Frank. „Wenn off dem Sankt Bernhardt een Hostiz is, so kann hier doch vielleicht ooch eens errichtet worden sein. Die Menschenmöglichkeet is überall vorhanden.“
    „Hospiz heißt es, aber nicht Hostiz“, bemerkte Jemmy.
    „Fangen Sie nich etwa mit mir an! Haben Sie vorhin von meinen

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