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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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an Händen und Füßen gebunden. Sie befanden sich in einem höchst bedauerlichen Zustand. Die Kleider hingen ihnen in Fetzen von dem Leib. Die Handgelenke waren von den Fesseln wund gescheuert. Die Gesichter starrten von Schmutz, und Haar und Bart hingen in einem ganz unbeschreiblichen Zustand um den Kopf. Die Wangen waren eingefallen, und die Augen lagen tief in den Höhlen, eine Folge von Hunger und Durst und von erlittenen anderen Qualen.
    Dorthin brachte der Häuptling die neuen Gefangenen. Während sie herbeigeschritten waren, hatte Martin zu Jemmy leise gesagt:
    „Wohin wird er uns führen? Vielleicht zu meinem Vater?“
    „Möglich. Aber um Gotts willen nicht merken lassen, daß Ihr ihn kennt, sonst ist alles verloren.“
    „Hier liegen gefangene Bleichgesichter“, sagte der Häuptling. „Der ‚Schwere Mokassin‘ kennt ihre Sprache nicht genau. Er weiß also nicht, wer sie sind. Die weißen Männer mögen zu ihnen treten, um sie zu fragen, und es mir sodann sagen.“
    Er führte die vier nach dem Winkel. Jemmy, welcher wußte, daß Baumann ein geborener Deutscher war und daß der Sioux unmöglich ein Wort dieser Sprache verstehen konnte, trat rasch vor und sagte:
    „Hoffentlich finden wir hier den Bärentöter Baumann. Lassen Sie sich um Gottes willen nicht merken, daß Sie Ihren Sohn kennen. Hier hinter mir steht er. Wir kamen zu Ihrer Rettung, gerieten aber selbst in die Hände der Roten, doch haben wir die Gewißheit, daß wir samt Ihnen bald wieder frei sein werden. Haben Sie den roten Schuften Ihren Namen genannt?“
    Baumann antwortete nicht. Der Anblick seines Sohnes raubte ihm die Sprache. Erst nach einer Weile stieß er mühsam hervor:
    „O mein Gott! Welche Wonne und zugleich auch welches Herzeleid! Die Sioux kennen mich und auch die Namen meiner Gefährten.“
    „Schön! Hoffentlich werden wir hier interniert. Da werden Sie alles weitere erfahren.“
    Obgleich der Häuptling keine Silbe verstand, war er doch ganz Ohr. Er schien aus dem Tonfall den Inhalt der Worte erraten zu wollen. Mit scharfem Auge blickt er zwischen Baumann und dessen Sohn hin und her. Seine Beobachtung blieb erfolglos. Martin hatte sich so in der Gewalt, daß er ein ganz gleichgültiges Gesicht zeigte, obgleich der Jammer, welchen er beim Anblick seines Vaters empfand, ihm die Tränen in die Augen treiben wollte.
    Der Hobble-Frank hätte fast eine Unvorsichtigkeit begangen. Es war ihm, als ob das Herz ihm brechen müsse. Er machte eine Bewegung, als ob er sich auf Baumann werfen wolle; doch der lange Davy ergriff ihn am Arm, hielt ihn zurück und warf ihm einen zornigen Blick zu.
    Leider hatte der Häuptling das bemerkt. Er fragte Jemmy:
    „Nun, haben sie dir ihre Namen genannt?“
    „Ja. Aber du weißt sie ja auch bereits.“
    „Ich dachte, sie hätten mich belogen. Du wirst mit deinen Gefährten auch hier bleiben.“
    Die bis jetzt von ihm gezeigte halbe Freundlichkeit wich aus seinem Gesicht. Er winkte die Ogellallah herbei, welche mitgekommen waren. Diese leerten die Taschen der Gefangenen und legten ihnen sodann Fesseln an.
    „Prächtig!“ brummte Jemmy, indem er den letzten Inhalt seiner Taschen verschwinden sah. „Es ist nur zu verwundern, daß sie uns nicht auch die Kleider abnehmen. Das ist doch sonst so Rothautart.“
    Die neuen Gefangenen wurden zu den alten auf die Erde gelegt. Der Häuptling entfernte sich und ließ einige Wächter zurück.
    Die Beklagenswerten getrauten es sich nicht, laut zu sprechen. Sie flüsterten sich, was sie sich zu sagen hatten, einander zu. Baumann, der Sohn, war gerade neben seinem Vater zu liegen gekommen, ein Umstand, welcher von beiden natürlich zum Austausch aller hier möglichen Zärtlichkeiten ausgenutzt wurde.
    Nach einiger Zeit trat ein Sioux herbei, entfernte einem der früheren Gefangenen die Fesseln von den Beinen und gebot ihm, ihm zu folgen. Der Mann konnte nicht gehen. Er wankte mühsam neben dem Roten her.
    „Was wird man mit ihm wollen?“ fragte Baumann, so daß Jemmy es hörte.
    „Den Verräter wird er machen sollen“, antwortete dieser. „Ein wahres Glück, daß ich und auch meine Gefährten noch nichts von der Hilfe, die wir erwarten, gesagt haben.“
    „Erwähnt haben Sie es aber doch.“
    „Das ist nicht gefährlich. Hüten wir uns, dem Manne, sofern er zurückkehrt, irgendeine wichtige Mitteilung zu machen. Wir müssen uns erst überzeugen, daß wir ihm trauen können.“
    Jemmy hatte ganz richtig vermutet. Der Mann war zu dem Häuptling

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