11 - Die Helden des Westens
Juggle-Fred, und er hat noch nie etwas gegen diesen Namen eingewendet.“
„Ein eigentümlicher Name! Warum hat er denselben erhalten?“
„Weil er Hunderte von Kunststücken zu machen versteht, über welche man in das größte Erstaunen geraten kann. Die dazugehörigen Apparate führt er eben in den Euch auffälligen Taschen bei sich.“
„Also ein reisender Taschenspieler, welcher bei Gelegenheit den Führer und Pfadfinder macht?“
„Gerade umgekehrt: ein ausgezeichneter Fährtenläufer, welcher seine Gesellschaft gelegentlich mit Kunststücken unterhält. Wer ihm eine Bezahlung für die letzteren bieten wollte, würde ihn außerordentlich beleidigen. Er scheint mit berühmten Prestidigitateurs gereist zu sein und ist auch der deutschen Sprache vollständig mächtig. Warum er nach dem Westen gekommen ist und auch da verbleibt, während er anderswo durch seine Fingerfertigkeit ein steinreicher Mann werden könnte, das weiß ich nicht, geht mich auch nichts an, doch bin ich überzeugt, daß Ihr Euer Wohlgefallen an ihm haben werdet.“
Derjenige, über welchen diese Bemerkungen gemacht wurden, war jetzt nahe herangekommen. Er hielt, nur noch eine kurze Strecke von dem Haus entfernt, sein Pferd an und rief:
„Hallo, alter Lodging-uncle, hast du noch Raum für einen armen Needy-wretch, der seine Zeche nicht bezahlen kann?“
„Für dich ist zu jeder Zeit Platz vorhanden“, antwortete Helmers. „Komm nur heran; steig vom Ziegenbock herab und mache es dir bequem. Du wirst dich in angenehmer Gesellschaft befinden.“
Der einstige Taschenspieler überflog die Anwesenden mit prüfendem Blick und meinte:
„Will es hoffen! Unseren Bloody-Fox kenne ich bereits. Der Schwarze macht mir keine Sorge. Der andere kleine Gentleman im Frack und Ladieshut scheint auch kein übler Kerl zu sein. Und der dritte dort, der in den Käse beißt, als ob er eine Igelhaut verzehren müsse, nun, hm, den werde ich wohl nich kennenlernen.“
Es war doch eigentümlich, daß auch dieser Mann sofort ein Mißtrauen gegen den Mormonen äußerte. Er trieb sein Pferd vollends heran und sprang aus dem Sattel. Indem er den Wirt wie einen alten Freund mit beiden entgegengestreckten Händen auf das herzlichste begrüßte, konnte Frank ihn genau beobachten.
Dieser Juggle-Fred war eine selbst hier im fernen Westen auffallende Erscheinung. Das erste, was man an ihm bemerkte, war ein bedeutender Höcker, welcher seine sonst wohlgegliederte Gestalt verunzierte. Sein Körper war von mittlerer Größe und sehr kräftig gebaut, nicht kurzleibig, engbrüstig und langarmig, wie es bei den meisten Buckligen der Fall zu sein pflegt. Sein rundes, volles, glatt rasiertes Gesicht war tief gebräunt, aber auf der linken Seite arg zerrissen, als ob da einmal eine fürchterliche Wunde kunstwidrig zusammengeflickt worden sei. Und sonderbarerweise waren seine Augen ganz auffallend verschieden gefärbt, denn das linke war vom schönsten Himmelsblau, während das rechte die tiefste Schwärze zeigte.
Er trug hohe Büffelkalbstiefel von braunem Leder mit großrädrigen mexikanischen Sporen, schwarze Lederhose mit ebensolcher Weste und darüber ein blusenartiges Wams von starkem, blauem Tuchstoff. Um seine Lenden war ein breiter Ledergürtel geschnallt, welcher einer sogenannten Geldkatze glich und neben den Patronen, dem Messer und einem Revolver von bedeutendem Kaliber allerhand Kleinigkeiten enthielt, deren ein Westmann so notwendig bedarf. Weit über die Stirn herein, so daß man diese gar nicht sehen konnte, saß eine ziemlich neue Bibermütze, von welcher der präparierte Schwanz des betreffenden Tieres hinten bis über den Nacken herniederhing. Hätte der Mann den Höcker nicht gehabt, so wäre seine Erscheinung eine kräftig angenehme, ja vielleicht eine imponierende gewesen.
Sein Pferd war von Helmers scherzhafterweise als Ziegenbock bezeichnet worden, und dieser Vergleich konnte nicht ein ganz grundloser genannt werden. Das Tier war eine außerordentlich hochbeinige und scheinbar sehr abgetriebene Kreatur. An dem nackten Schwanzstummel, welchen es jetzt tief gesenkt hielt, saßen nur noch einige wenige kurze Haare, die eine außerordentliche Anhänglichkeit für die Stelle haben mußten, welcher sie vor langen Jahren entsprossen waren. Ob das Roß einst ein Rappe, ein Brauner oder ein Fuchs gewesen sei, das vermochte man jetzt nicht mehr zu bestimmen, denn sein Körper war an vielen Stellen vollständig kahl, und da, wo noch Haare vorhanden waren,
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