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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zeigten sie ein so unbestimmtes Grau, als ob der alte Hengst bereits zur Zeit der Völkerwanderung von irgendeinem Sueven oder Gepiden geritten worden sei. Von einer Mähne war keine Spur vorhanden. Der unverhältnismäßig große Kopf hing so weit nieder, daß das Maul beinahe die Erde berührte, und schien die langen, dicken und kahlen Eselsohren kaum tragen zu können, welche wie riesige Lederfutterale sich liebevoll bis an die Unterkiefer schmiegten. Dazu hielt das Tier die Augen geschlossen, als ob es schlafe, und wie es so bewegungslos da stand, war es ein unübertreffliches Bild der Dummheit und bemitleidenswertesten physischen Vermögenslosigkeit.
    Nachdem der Besitzer dieses Pferdes dem Wirte die Hände gedrückt hatte, fragte er:
    „Also Platz hast du für mich? Ob aber auch ein Essen?“
    „Natürlich! Setz dich nur her! Hier ist noch Fleisch genug für dich.“
    „Danke! Habe mir gestern den Magen verdorben. Rind ist mir heute zu schwer. Ein junges Huhn wäre mir lieber. Kannst du eins schaffen?“
    „Warum nicht? Schau her! Da laufen die Backhühnchen in Masse herum.“
    Er deutete auf zwei Völkchen junger Hühner, welche unter dem Schutz ihrer mütterlichen Glucken in der Nähe der Tische umhertrippelten, um die herabfallenden Brocken aufzupicken.
    „Schön!“ nickte Fred. „Ich bitte um eins. Dein Housewife mag es mir vorrichten.“
    „Dazu hat sie keine Zeit. So ein Ding zu rupfen, ist nicht nach ihrem Geschmack. Und die Mägde sind in die Maisfelder gegangen.“
    „Wer spricht denn vom Rupfen! Das mute ich niemand zu.“
    „Soll das Huhn etwa mit den Federn gebraten oder gebacken werden?“
    „Mann, was denkst du von mir! Kennst du mich so schlecht, daß ich dir wie ein Mann vorkomme, welcher nicht weiß, wie man einem Huhne die Federn nimmt? Wenn aber du es noch nicht wissen solltest, so will ich es dir zeigen.“
    Er nahm sein Doppelgewehr vom Sattelknopf, wo er es hängen hatte, legte auf eins der Hühnchen an und drückte ab. Als der Schuß krachte, bewegte sein Pferd nicht einmal eins der geschlossenen Augenlider. Es schien so stocktaub zu sein, daß es selbst einen in solcher Nähe abgegebenen Schuß nicht hören konnte.
    Das Huhn war tot zusammengebrochen. Der Mann hob es auf und zeigte es vor. Es hatte zu aller Erstaunen nicht eine einzige Feder mehr und konnte sofort ausgenommen und gebacken werden.
    „All devils!“ lachte Helmers. „Diesmal hast du mich doch überrumpelt. Konnte es mir doch denken, daß es wieder auf eines deiner Kunststücke abgesehen war. Aber wie hast du das denn angefangen?“
    „Mit dem Fernrohr.“
    „Unsinn! Hast ja mit der Büchse geschossen.“
    „Allerdings. Aber vorher habe ich euch aus der Ferne durch mein Taschenteleskop beobachtet und auch das junge Hühnervolk bemerkt. Natürlich traf ich sogleich Vorbereitung, mich als Tausendkünstler bei deinen heutigen Gästen einzuführen.“
    „Darf man diese Vorbereitung kennenlernen?“
    „Warum nicht? Es ist ja nur Spielerei. Lade einen tüchtigen Schuß grobe Iron-filings anstatt der Kugel oder des Schrotes, und ziele so, daß die Ladung den Vogel von hinten nach vorn überfliegt, so werden die Federn, falls sie nicht bereits zu stark sind, vollständig abrasiert und abgesengt. Du siehst, man braucht nicht die schwarze und weiße Magie studiert zu haben, um ein sogenannter Zauberkünstler zu sein. Übrigens galt es nur, mich mit Effekt bei diesen Gentlemen hier einzuführen; das Hühnchen mag ich nicht. Ich halte mich lieber auch an diesen Lendenbraten. Hoffentlich ist es erlaubt, mich mit herzusetzen?“
    „Natürlich! Diese beiden Gentlemen sind Freunde von mir, gute Bekannte von Old Shatterhand, den sie hier erwarten?“
    „Old Shatterhand?“ fuhr der Juggle-Fred auf. „Ist das wahr?“
    „Ja. Auch der dicke Jemmy will kommen.“
    „Heigh-day! Das ist ja eine Nachricht, wie man sie gar nicht besser hören kann! Habe diesen Old Shatterhand längst einmal zu sehen gewünscht, wenn auch nur so von weitem, denn gegen den muß unsereiner in der Ferne bleiben. Daß dieser Wunsch mir jetzt erfüllt werden kann, ist mir lieber, als ob ich eine Goldbonanza entdeckt hätte. Es freut mich unendlich, daß ich grad zur richtigen Zeit hierhergekommen bin.“
    „Ebenso wird es dich freuen, wenn du erfährst, daß dieser Sir ein Deutscher ist. Er heißt Frank und ist ein Kollege von – – –“
    „Frank?“ unterbrach ihn der Zauberkünstler. „Etwa gar der Hobble-Frank?“
    „Sapperment!“

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