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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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konnte, man habe sich vor ihnen in acht zu nehmen.
    Die Gegend, in welcher sie sich befanden, war ziemlich steil zu nennen. Der Boden trug nur knorriges Knieholz, zuweilen mit Yuccas und Kakteen vermischt. Einen Wasserlauf schien es in der Nähe nicht zu geben. Die forschenden Blicke der Reiter deuteten an, daß diese letzteren hier nicht bekannt seien. Zuweilen richtete sich einer von ihnen in den Bügeln empor, um einen weiteren Ausblick zu gewinnen, und setzte sich dann mit einer Miene in den Sattel zurück, welche besagte, daß es vergeblich gewesen sei.
    „Verteufelt triste Gegend!“ sagte derjenige, welcher die Schmarre auf der Wange hatte. „Wer weiß, ob wir heute noch einen Schluck frischen Wassers finden. Meinst du nicht auch, Tim?“
    „Hm!“ brummte der andere. „Wir nähern uns eben dem Gebiet des Llano estacado. Da ist es nicht anders zu verlangen. Oder meinst du, Jim, daß es in der Wüste Quellen von Eierpunsch oder Buttermilch geben soll?“
    „Schweig, Bruderherz! Mach mir den Mund nicht wässerig! Eierpunsch ist das höchste der Gefühle. Wer ihn nicht hat, ist schließlich auch mit Buttermilch zufrieden. Hier aber gibt es selbst diese nicht, und ich befürchte, daß wir wohl gar gezwungen sein werden, mit Kaktussaft fürlieb zu nehmen.“
    „Das wohl nicht. Noch befinden wir uns nicht in den Plains. Helmers Home, welches wir erst morgen erreichen, soll an einem Wasser liegen. Also haben wir das fruchtbare Land noch nicht hinter uns. Ich hoffe, die Old Silver Mine, welche für heute unser Ziel ist, liegt inmitten oder wenigstens in der Nähe einer Baum- oder Strauchinsel, wie man sie zuweilen selbst in wüsten Gegenden findet. Und du weißt, meine Hoffnungen täuschen mich nur selten, denn sie schlängeln sich gewöhnlich um die Wirklichkeit herum.“
    „Magst du nicht lieber davon schweigen? Unsere Hoffnungen haben uns bisher zu nichts geführt.“
    „Das darfst du nicht sagen, Jim. Wir haben kein Schlaraffenleben führen können, das ist wahr; aber wir tragen ein hübsches Sümmchen in der Tasche, und wenn wir jenseits des Llano und der Guadeloupe Glück haben, so sind wir gemachte Leute.“
    „Ja, wenn! Ein Millionär zu sein, ist das höchste der Gefühle. Zunächst aber haben wir nicht einmal was zu essen. Wir waren nur darauf bedacht, schnell vorwärts zu kommen, und haben uns also nicht Zeit genommen, uns nach irgendeinem Braten umzusehen. Ich will gar nicht einen Turkey verlangen, aber wenigstens einer nicht gar zu alten Präriehenne möchte ich doch zu gern begegnen. Vielleicht erlaubte sie mir, ihr mit meiner Büchse ‚good day‘ zu sagen.“
    „Du hast zu leckerhafte Gedanken! Ich wäre schon sehr zufrieden, wenn ein gefälliger Mulehase auf den Einfall käme, sich von außen um uns herumzuschlängeln. Dann würden wir – have care! Da ist einer! Molly, stehe nur dieses einzige Mal still!“
    Diese Aufforderung, welche er mit einem Ruck der Zügel unterstützte, war an sein Maultier gerichtet. Es stand bewegungslos, als ob es seine Worte genau verstanden habe. Gerade vor den beiden war ein Mulehase zwischen einigen Grasbüscheln aufgesprungen. Tim hatte sein Gewehr schnell an der Wange und drückte ab. Der Hase überschlug sich und blieb liegen. Die Kugel war ihm durch den Kopf gedrungen – ein Meisterschuß aus so einem Gewehr.
    Der texanische Hase hat die Größe seines deutschen Verwandten; er findet sich in ziemlicher Menge und besitzt ein wohlschmeckendes Fleisch. Er hat sehr lange Ohren, welche denen eines Maultiers (Mule) ähnlich sind, und wird deshalb Mulehase genannt.
    Tim ritt zur Stelle, an welcher der Hase lag, holte sich denselben und sagte, indem er dann weiterritt:
    „Der Braten ist da, und ich denke, daß sich wohl auch ein Wässerlein finden lassen werde. Du siehst, daß meine Ahnungen doch nicht ganz vergeblich sind. Zwei Kerls von unserer Art finden immer, was sie brauchen.“
    „Ob aber auch Diamanten? Das müssen wir abwarten.“
    „Auch Diamanten, sage ich dir!“ antwortete Tim in sehr bestimmtem Ton. „Natürlich setze ich da voraus, daß es da drüben wirklich welche gebe. Ist die Sache Schwindel, so geht es uns eben wie allen anderen, die auch nichts finden können. Ich wenigstens werde mir den Kopf nicht abreißen, wenn ich erfahren sollte, daß wir uns vergeblich von außen um das Glück herumgeschlängelt haben. Horch! War das nicht ein Schuß?“
    „Ja, es war einer. Polly hat ihn auch gehört.“
    Er meinte sein Maultier, welches

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