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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Brüder.“
    „Daß ihr Brüder seid, beweisen Eure Nasen. Auf euern Namen könnt ihr Euch nicht das mindeste einbilden, denn so wie ihr kann nur ein Deutscher heißen, und ihr habt vielleicht bereits erfahren, daß Leute eurer Abstammung hierzulande gar nichts gelten.“
    „Das ist eine Ansicht, die ich Euch nicht rauben will. Wem es Spaß macht, den Drehwurm im Kopf zu haben, der mag ihn behalten; ich bin kein Irrenarzt. Komm, Tim.“
    Er setzte sein Maultier in Bewegung, und sein Bruder folgte ihm. Beide verschmähten es, noch einen weiteren Blick auf die Männer zu werfen, und ritten nach der Stelle, an welcher die letzteren vorher gehalten hatten.
    Dort erwartete sie ein entsetzlicher Anblick. Die Erde war mit Fuß- und Hufspuren bedeckt, als ob hier ein Kampf stattgefunden habe. Ein totes Pferd lag da, ohne Zaum- und Sattelzeug. Der Leib desselben war weit aufgerissen, und Fetzen des Eingeweides lagen zerstreut umher – eine häßliche Arbeit des Geiers, den Jim und Tim vorhin gesehen hatten.
    Aber das war es nicht, wovor diese beiden erschraken, sondern in der Nähe des Kadavers lag ein menschlicher Leichnam, ein Weißer, welchem die Kopfhaut fehlte und dessen Gesicht durch kreuz und quer geführte Messerschnitte vollständig unkenntlich gemacht worden war. Sein wollener und sehr abgebrauchter Anzug ließ vermuten, daß er ein Westmann gewesen sei. Eine Kugel, welche ihm genau in das Herz gedrungen war, hatte ihm den Tod gebracht.
    „Heiliger Gott! Was muß da geschehen sein?“ rief Jim, indem er vom Pferd sprang und zu der Leiche trat.
    Auch Tim stieg ab und kniete bei dem Toten nieder.
    „Er ist schon seit Stunden tot“, sagte er, als er die Hand und die Brust des Getöteten befühlt hatte. „Er ist kalt, und das Blut rinnt nicht mehr.“
    „Durchsuche ihm die Taschen! Vielleicht findet sich etwas, irgendein Gegenstand, welcher erraten läßt, wer er war.“
    Tim folgte dieser Aufforderung, gerade als die sechs Reiter, welche ihnen langsam gefolgt waren, bei ihnen anlangten.
    „Halt!“ rief Gibson. „Wir werden uns das Visitieren der Taschen streng verbitten. Ich kann die Beraubung der Leiche nicht dulden!“
    Er sowohl wie seine Gefährten stiegen ab und traten herbei. Er ergriff Tim beim Arm und zog ihn empor, was dieser sich unerwarteterweise ganz ruhig gefallen ließ. Die Brüder wechselten einen Blick des Einverständnisses, und dann fragte Jim:
    „Wie kommt Ihr denn auf den höchst geistreichen Gedanken, daß wir eine Beraubung des Toten beabsichtigen?“
    „Nun, Ihr greift in die Taschen!“
    „Könnte das nicht auch einen anderen Zweck haben?“
    „Bei euch jedenfalls nicht. Euch sieht man ja gleich auf den ersten Blick an, wessen Geistes Kinder ihr seid.“
    „Da entwickelt Ihr freilich einen ungeheuren Scharfsinn, Master Gibson. Eine solche imponierende Menschenkenntnis zu besitzen, muß das höchste der Gefühle sein!“
    „Vermault Euch nicht auch noch, sonst machen wir kurzen Prozeß mit euch! Wir haben euch in flagranti ertappt. Euer Bruder hatte die Hände in den Taschen des Ermordeten. Das genügt vollständig. Ihr treibt euch in der Nähe herum. Das ist verdächtig. Wer sind die Mörder? Nehmt euch in acht, sonst kann es euch vielleicht gar an den Kragen gehen!“
    Jim griff zornig nach seinem Messer; dieses Mal war Tim der Bedächtigere. Er warf ihm einen besänftigenden Blick zu und sagte:
    „Alle Wetter, seid Ihr ein gestrenger Master. Ihr tut doch ganz so, als ob wir in Euch den höchsten Beamten der Staaten zu verehren hätten!“
    „Ich bin Lawyer“, antwortete Gibson stolz und kurz.
    „Ah, Jurist! Also gehört Ihr zu den hochgelehrten Leuten, welche die Aufgabe haben, sich von außen her um die Paragraphen herumzuschlängeln? Here is my respect, Sir!“
    Er zog in ironischer Unterwürfigkeit den Hut.
    „Master Hofmann, treibt keinen Unsinn!“ donnerte Gibson ihn an. „Ich bin in Wirklichkeit Advokat, oder wenn Euch das geläufiger sein sollte, obgleich Ihr Deutscher seid, attorney at law, und weiß sehr gut, mir Respekt zu verschaffen. Diese ehrenwerten Herren haben mich zum Anführer unserer Expedition gewählt, und also hat das zu gelten, was ich für gut befinde!“
    „Schön, schön!“ nickte Tim eifrig. „Wir haben ja gar nichts dagegen. Da Ihr Lawyer seid, so wird es Euch außerordentlich leicht werden, diesen Kriminalfall in der richtigen Weise zu behandeln.“
    „Das versteht sich ganz von selbst, und ich muß darauf bestehen, daß ihr euch nicht

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