11 - Die Helden des Westens
deinem Gesichte! Wie kannst du diesen Helden des euphemistischen Wissens eenen illustren Mann nennen. Illustrierter Mann muß es heeßen; das weeß heutzutage jeder Buchdruckerlehrjunge. Du aber scheinst den großen Fortschritt des letzten Jahrhunderts gar nich mitgemacht zu haben. Du bist am Kleister des vorchristlichen Mittelalters hängengeblieben, und an deiner Wiege hat keen freundlicher Troubadour gesungen:
‚Gaudeamus, Igelkur,
Juvenal kaut Humus!‘“
Da begann Fred zu lachen, daß ihm die Tränen über die Wangen rannen, und Helmers stimmte ein.
„Was gibt's denn da zu lachen?“ fragte Frank. „Die Troubadours waren doch nich etwa lächerliche Erscheinungen der lappländischen Kreuzzüge. Sie haben unter Gottfried von Oleum Jerusalem erschtürmt und zwee Jahre schpäter, als Parmenio sagte: ‚Schtralsund muß ich kriegen, und wenn es mit Ketten am Himmel hing‘, da antworteten sie: ‚Mach dich nich lächerlich, alter Schwede! Die Garde schtirbt, aber sie gibt nischt her!‘ Und über solche Helden lacht ihr? Habt ihr denn gar keenen Sinn für die grimmigen Geschtalten der insultierten Welt- und Kriegsgeschichte?“
„Oh, über die Troubadours lachen wir nicht“, antwortete Fred, „sondern über deinen Gaudeamus.“
„Das muß ich mir verbitten! Dieses Lied habe ich schtudiert wie meine Mütze. Der zweete Versch lautet:
‚Gaugamela, Inventur,
Pflaumenboom is Prunus.‘
Übrigens bringst du mich mit deinen überflüssigen morphologischen Bemerkungen ganz von unserem urschprünglichen Thema ab. Wir sprachen von den Geschpenstern und – – –“
Er hielt inne, denn er sah einen Reiter kommen, der die Uniform der Vereinigten-Staaten-Dragoner trug. Die Abzeichen derselben ließen ihn als Offizier erkennen.
Dieser Mann kam von Süden her, in scharfem Galopp, und hielt sein Pferd vor den drei Männern an.
„Good day!“ grüßte er. „Ich bin doch so richtig bei der Farm, welche Helmers Home genannt wird?“
„Yes, Sir!“ antwortete Helmers. „Ich bin der Mann, welchem dieses Haus gehört.“
„Helmers selbst? Ich freue mich, Euch zu treffen, denn ich komme, um eine Erkundigung einzuziehen.“
„Worüber?“
„Das läßt sich nicht so schnell sagen. Erlaubt mir, ein wenig bei euch niedersitzen zu dürfen!“
Er stieg ab und nahm bei ihnen Platz. Sie betrachteten ihn genau, und er tat gar nicht, als ob er das bemerke. Er war von starker, untersetzter Statur und trug einen dichten, schwarzen Vollbart. Sein Blick war scharf und stechend; seine Lippen konnte man nicht sehen, da er den Schnurrbart gerade herabgekämmt hatte.
„Ich bin, sozusagen, als Eclaireur hier“, sagte er in leichtem Tone. „Wir halten oben bei Fort Sill und wollen in den Llano hinein.“
„Weshalb?“ fragte Helmers.
„Es ist der Bundesregierung berichtet worden, welche Menge von Untaten in letzter Zeit da drin in den Plains verübt worden sind. Das erfordert natürlich schnelle und strenge Ahndung. Es steht mit aller Sicherheit zu erwarten, daß die einzelnen Täter sich miteinander in Verbindung befinden. Die Verbrecher stehen miteinander in einem so offenbaren Zusammenhang, daß man annehmen muß, man habe es mit einer sehr wohlorganisierten Bande zu tun. Gegen diese soll ein kräftiger vernichtender Schlag geführt werden. Zwei Schwadronen Dragoner sind beordert, denselben auszuführen und die Plains und deren Umgegend von allem verdächtigen Gesindel zu säubern. Diese Leute halten jetzt, wie bereits gesagt, bei Fort Sill, und ich wurde vorausgesandt, Erkundigungen einzuziehen und mit den braven Anwohnern Beziehungen anzuknüpfen. Wir gehen natürlich von der Überzeugung aus, daß jeder ehrliche Mann uns unterstützen werde.“
„Das versteht sich ganz von selbst, Sir! Es freut mich sehr, daß Ihr bei mir vorgesprochen habt, und Ihr dürft überzeugt sein, daß ich Euch aus allen Kräften Vorschub leisten werde. John Helmers ist als ein Mann bekannt, auf den sich jeder brave Kerl verlassen kann.“
„Das habe ich gehört, und darum komme ich zu Euch.“
Helmers faßte zu dem Offizier volles Vertrauen. Er erzählte zunächst, was er von dem Trader gehört hatte, und berichtete dann weiter über das gestrige Duell und den Tod des Fremden.
Der Offizier hörte ihm sehr aufmerksam zu. Seine Züge bewegten sich nicht, aber seine Augen funkelten. Helmers glaubte dies dem Interesse zuschreiben zu müssen, welches der Soldat an dem Zweikampf nahm. Ein aufmerksamer Beobachter aber hätte
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