11 - Die Helden des Westens
vielleicht bemerkt, daß dieses intensive Aufglimmen der Augen nichts anderes sei als das Funkeln des Zornes, des Hasses. Seine Faust ballte sich um den Griff des Säbels, und einmal war es sogar, als ob seine Zähne ein leises Knirschen hören ließen. Sonst aber blieb er sehr ruhig und gab sich alle Mühe, nichts zu zeigen als nur die gespannte Aufmerksamkeit, welche die Erzählung bei jedem Zuhörer erwecken mußte.
Als Helmers mit derselben geendet hatte, verbreitete er sich noch über die allgemeinen Zustände dieser Gegend, über die Gefährlichkeit des Llano estacado und schloß hieran die Erklärung, daß er es für höchst schwierig, wenn nicht gar für unmöglich halte, daß zwei Schwadronen Kavallerie sie durchreiten könnten; es fehle an Futter und, was die Hauptsache sei, an Wasser. Wolle man das mitnehmen, so brauche man sehr viele Lasttiere, welche den Zug erschweren und die mitgenommenen Vorräte für sich selbst in Anspruch nehmen würden.
„Ihr mögt recht haben“, meinte der Offizier. „Mich geht es nichts an, denn das ist Sache des Kommandierenden. Aber sagt mir doch einmal, Herr, was es eigentlich für eine Bewandtnis mit dem Geiste des Llano estacado hat! Ich habe so viel über dieses unbegreifliche Wesen gehört, etwas Sicheres noch nie erfahren können.“
„Da ergeht es Euch gerade so wie mir und allen anderen. Jedermann hört von dem Geist sprechen, aber niemand weiß etwas Genaues über denselben. Meine Kenntnisse über ihn kann ich Euch in wenigen Worten mitteilen. Der Geist des Llano estacado ist ein geheimnisvoller Reiter, den noch keiner, der lebend geblieben ist, in der Nähe gesehen hat. Jeder, der sein Angesicht zu sehen bekam, hat es sofort mit dem Tod bezahlen müssen und ist an einer Kugel gestorben, welche ihn mitten in die Stirn traf. Auffälligerweise sind diese Toten stets Verbrecher gewesen, welche den Llano unsicher gemacht haben. Der Geist scheint also eine Person zu sein, welche sich die Aufgabe gestellt hat, die in dem Llano begangenen Verbrechen zu bestrafen.“
„Also ein Mensch?“
„Natürlich!“
„Aber wie fängt er es an, überall und überall zu sein, ohne doch gesehen zu werden? Er muß doch Speise und Trank für sich und Futter und Wasser für sein Tier haben! Woher nimmt er das?“
„Das eben ist es, was kein Mensch begreifen kann.“
„Und wie fängt er es an, niemand zu begegnen?“
„Hm! Ihr fragt mich da wirklich zuviel, Sir. Er ist ja gesehen worden, aber nur von weitem. Da sieht man ihn, wie vom Sturmwind getragen, vorübersausen. Oft sprühen Funken vor und hinter ihm her. Ich habe einen Bekannten, der ihn des Nachts gesehen hat. Dieser Mann behauptet, mit tausend Eiden beschwören zu können, daß der Kopf, die Schultern, die Ellbogen, der Gewehrlauf des Reiters und ebenso das Maul, die Ohren und der Schwanz des Pferdes mit kleinen Feuerflammen besetzt gewesen sind.“
„Das ist Unsinn!“
„Man sollte es denken. Aber mein Bekannter ist ein wahrheitsliebender Mann, aus dessen Munde ich keine Lüge oder Aufschneiderei vermuten konnte.“
Jetzt, da dieses Thema berührt wurde, ergriff der Hobble-Frank das Wort. Es wurde englisch gesprochen; darum war seine Rede nüchtern und glatt wie die jedes anderen. Nur wenn er deutsch sprach, begannen die bunten Raupen, welche in seinem Kopfe lebten, sich zu bewegen.
„Da haben wir es!“ rief er aus. „Niemand will an die Natürlichkeit des Übernatürlichen glauben. Ich behaupte, der Geist des Llano estacado ist kein Mensch, sondern ein gespensterhaftes Wesen, welches von den Furien Griechenlands übriggeblieben ist und sich in den einsamen Llano zurückgezogen hat wie ein alter Auszügler in seine Dachkammer. Daß er Flammen und Funken sprüht, glaube ich sehr gern. Wir sterblichen Menschen blasen den Tabaksrauch in Massen aus dem Mund; warum soll da ein Geist nicht Feuer speien können?“
„Aber kann ein Geist mit einem Gewehr schießen?“ fragte der Offizier, indem er dem Hobble-Frank einen verächtlichen Blick zuwarf.
„Warum denn nicht? Ich habe in einer Jahrmarktsbude eine Henne gesehen, welche eine kleine Kanone abschoß; ein Hase tat ganz dasselbe. Was eine Henne oder ein Hase vermag, das muß einem Geist doch erst recht möglich sein!“
„Ihr bedient Euch einer ganz sonderbaren Art von Beweisen, Sir! Viel Klugheit und Scharfsinn verratet Ihr dabei freilich nicht!“
Diese Worte mußten Frank beleidigen. Er antwortete in scharfem Ton:
„Das ist freilich wahr. Aber ich
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