11 - Die Helden des Westens
seinen Begleitern gefangen ist. Nun wird mein junger, weißer Bruder selbst wissen, was er zu tun hat.“
„Natürlich weiß ich es! Aufbrechen werde ich, und zwar sofort, um ihn zu befreien.“
Er wollte abermals aufspringen; aber Jemmy ergriff ihn am Arm und hielt ihn zurück.
„Stop, my boy! Wollt Ihr etwa durch die Lüfte reiten, um noch heute abend bei den Indsmen zu sein und von ihnen auch ergriffen und gebraten zu werden? Wartet noch ein kleines Weilchen, junger Mann! Der dicke Jemmy hilft Euch gern, aber er hat keine Lust, mit seinem Kopf durch Eure Wand zu rennen. Wir haben ja noch nicht alles erfahren. Wohkadeh mag uns sagen, an welcher Stelle Euer Vater überfallen worden ist.“
Der Indianer antwortete:
„Das Wasser, welches die Bleichgesichter den Pulverfluß nennen, entsteht aus vier Armen. An dem westlichen derselben ist der Überfall geschehen.“
„Gut! Das wäre also jenseits des Camp Mac Kinney und südlich von Murphys Ranch. Diese Gegend ist mir nicht ganz unbekannt. Aber wie kann ein so berühmter Bärenjäger so unvorsichtig sein, sich überfallen zu lassen?“
„Der Jäger schlief, und der Mann, welcher die Wache hatte, war kein Mann des Westens.“
„Nur so allein ist es erklärlich. Welche Richtung haben sodann die Ogellallah eingeschlagen?“
„Nach den Bergen, welche von den Weißen das dicke Horn genannt werden.“
„Also nach dem Big-Horn-Gebirge. Und weiter?“
„Sie zogen an dem Kopf des bösen Geistes vorüber.“
„Ah, an Devils Head!“
„Nach dem Wasser, welches dort entspringt und in den Fluß des dicken Hornes läuft. Dort hörten wir von den feindlichen Schoschonen, und Wohkadeh wurde ausgesandt, dieselben zu erkundschaften. Er weiß also nicht, wie die Ogellallah weiter geritten sind.“
„Das ist auch nicht nötig. Wir haben Augen und werden ihre Fährte finden. Wann geschah der Überfall?“
„Es sind vier Tage vergangen.“
„O weh! Wann soll die große Leichenfeier stattfinden?“
„Zum Tag des vollen Mondes. An demselben Tag sind die drei getötet worden.“
Jemmy rechnete in Gedanken nach und sagte dann:
„Wenn dies der Fall ist, so haben wir noch Zeit genug, die Roten zu erreichen. Wir haben noch volle zwölf Tage bis zum Vollmond. Aber wie stark sind die Ogellallah?“
„Als ich sie verließ, zählten sie fünf mal zehn und noch sechs.“
„Also sechsundfünfzig Krieger. Wie viele Gefangene haben sie?“
„Mit dem Bärentöter sind es sechs.“
„So wissen wir vorerst genug und können uns nun mitteilen, was wir zu tun gedenken. Lange uns zu beraten, das brauchen wir nicht. Martin Baumann, was gedenkt Ihr zu tun?“
Der junge Mann stand von seinem Sitz auf, hob die Rechte wie zum Schwur empor und antwortete:
„Ich gelobe hiermit, meinen Vater zu retten oder seinen Tod zu rächen, selbst wenn ich ganz allein die Sioux verfolgen und mit ihnen kämpfen müßte. Ich werde wohl sterben, aber meinen Schwur nicht brechen.“
„Nein; allein sollst du nicht ziehen“, sagte der Kleine Hobble-Frank. „Ich werde natürlich mit dir reiten und dich auf keinen Fall verlassen.“
„Und Masser Bob auch mitgehen“, erklärte der Neger, „um alt Massa Baumann befreien und Sioux-Ogellallah totprügeln. Sie alle müssen in die Hölle!“
Er machte dabei ein so grimmiges Gesicht und knirschte so laut mit den Zähnen, daß es zum Fürchten war.
„Und auch ich reite mit!“ sprach Jemmy der Dicke. „Es soll mir eine Freude sein, den Roten ihre Gefangenen zu entreißen. Und du, Davy?“
„Red nicht so dumm!“ antwortete der Lange gleichmütig. „Meinst du, ich bleibe hier und flicke meine Schuhe oder mahle Kaffee, während ihr euch so einen famosen Jux machen könnt? Ich dachte, du kenntest da deinen alten Kumpan zur Genüge!“
„Gut, alter Waschbär. Endlich gibt es wieder einmal etwas Ernsthaftes. Das Schießen auf Tiere wird mit der Zeit höchst langweilig. Aber Wohkadeh, was wird unser roter Bruder tun?“
Der Indianer antwortete: „Wohkadeh ist ein Mandane, höchstens ein Pflegling der Ponca-Sioux, aber niemals ein Ogellallah. Wenn seine weißen Brüder ihm ein Gewehr geben mit Pulver und Blei, so wird er sie begleiten und mit ihnen sterben oder die Feinde besiegen.“
„Braver Kerl!“ meinte der kleine Sachse. „Eine Büchse sollst du haben und alles andere auch, sogar ein frisches Pferd, denn wir haben ja vier Stück, also eins überzählig. Das deinige ist ermüdet und kann nebenher laufen, bis es sich erholt hat.
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