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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wann aber brechen wir auf, ihr Leute?“
    „Sofort natürlich!“ antwortete Martin.
    „Allerdings dürfen wir keine Zeit versäumen“, stimmte der Dicke bei; „aber uns zu übereilen ist auch nicht ratsam. Wir kommen durch wasser- und wildarme Gegenden und müssen uns mit Proviant versehen. Daß wir möglichst viel Munition mitnehmen, versteht sich ganz von selbst. Überhaupt bereitet man eine solche Expedition mit aller Umsicht vor, um nichts zu versäumen oder zu vergessen. Wir sind, wie wir hier stehen, sechs Mann gegen sechsundfünfzig Ogellallah. Das will viel heißen. Auch wissen wir nicht, ob die neun Pferdediebe, denen wir heute das Einmaleins vorgebetet haben, nicht noch Böses gegen uns im Schilde führen. Wir müssen uns unbedingt überzeugen, ob sie die Gegend verlassen haben oder verlassen werden. Und wie steht es mit diesem Haus? Wollt Ihr es unbeschützt zurücklassen?“
    „Ja“, antwortete Martin.
    „So kann es leicht sein, daß Ihr es bei der Rückkehr eingeäschert oder wenigstens ausgeräumt findet.“
    „Gegen das letztere können wir sorgen.“
    Der Jüngling nahm eine Hacke und hackte den festgestampften Lehmboden im Viereck auf. Da zeigte es sich, daß es hier eine mit Lehm verkleidete, also unsichtbar gewesene Falltür gab, unter welcher sich eine sehr geräumige Vertiefung befand, in welcher man alles, was nicht mitzunehmen war, verbergen konnte. War dann der Lehm wieder über der geschlossenen Tür festgestampft, so konnte kein Unberufener das Dasein dieses Verstecks erraten. Und selbst wenn das Gebäude in Brand gesteckt werden sollte, so stand zu erwarten, daß der Lehm des Bodens die versteckten Gegenstände gegen das Verderben schützen werde.
    Die Männer machten sich jetzt an die Arbeit, den ganzen Inhalt des Raumes, soweit er nicht zu ihrer Ausrüstung zu gebrauchen war, in die Vertiefung zu schaffen. Auch mit den Bärenfellen wurde das getan. Es befand sich eines von ganz besonderer Größe und Schönheit dabei. Als Jemmy es bewundernd betrachtete, nahm Martin es aus seiner Hand und warf es in das Loch hinab.
    „Fort damit!“ sagte er. „Ich kann diesen Pelz nicht sehen, ohne an die schrecklichsten Stunden meines Lebens zu denken.“
    „Das klingt ja ganz so, als hättet Ihr bereits ein sehr langes Leben oder eine ganze Reihe von so schrecklichen Ereignissen hinter Euch, mein Junge.“
    „Vielleicht habe ich auch wirklich bereits mehr erlebt als mancher alte Trapper.“
    „Oho! Nicht aufschneiden!“
    Martins Augen richteten sich mit beinahe zornigem Blick auf den Dicken. Er fragte:
    „Meint Ihr, daß der Sohn eines Bärenjägers keine Gelegenheit zu Erlebnissen habe?“
    „Das bestreite ich freilich nicht.“
    „So sage ich Euch, daß ich bereits als vierjähriger Bube mit dem Kerl gekämpft habe, welcher in dem Pelz lebte, den Ihr soeben bewundert habt.“
    „Ein vierjähriges Kind mit einem Grizzly von dieser Mächtigkeit? Ich weiß, daß die Kinder des Westens von ganz anderem Holz geschnitzt sind als die Buben, welche da vorn in den Städten die Beinchen an ihrer Väter Wärmflaschen stemmen. Ich habe manch einen Jungen gesehen, der in New York ein Abc-Schütz wäre, aber doch seine Rifle zu gebrauchen wußte wie ein Alter. Aber – hm! Wie ist es damals mit dem Bären zugegangen?“
    „Das war da unten in den Bergen von Colorado. Ich hatte die Mutter noch und dazu ein allerliebstes Schwesterchen von drei Jahren, also ein Jahr jünger noch als ich. Der Vater war fortgegangen, um Fleisch zu schießen; die Mutter war draußen vor der Hütte, um Holz zum Feuer klein zu hacken, denn es war Winter und sehr kalt in den Bergen. Ich befand mich mit der kleinen Luddy ganz allein in der Stube. Sie saß zwischen der Tür und dem Tisch am Boden und spielte mit der Puppy, die ich ihr aus einem Holzscheit geschnitzt hatte, und ich stand auf dem Tisch, um mit dem großen Holzmesser ein M und ein L in den dicken Balken zu schneiden, welcher unter dem spitzen Dach von der einen Blockwand nach der gegenüberliegenden lief. Das waren die Anfangsbuchstaben meines Vornamens und desjenigen der lieben Luddy. Ich wollte nach Bubenart uns beide so verewigen. In diese schwere Arbeit vertieft, beachtete ich kaum einen lauten Schrei, welchen meine Mutter draußen ausstieß. Da er sich nicht wiederholte, arbeitete ich unbesorgt und vor Anstrengung schwitzend an der Verewigung weiter. Dann hörte ich, daß die Tür mit Gewalt aus dem Riegel gestoßen wurde. In der Meinung, daß die

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