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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehört?“
    „Mehr, als mir lieb ist.“
    „Hat man Euch auch erzählt, daß des Nachts die Gestalt dieses geheimnisvollen Wesens zuweilen mit feurigen Flammen erscheint?“
    „Ja, aber ich glaube es nicht.“
    „Das könnt Ihr getrost glauben. Es ist mir einmal droben in Montana passiert, daß ich mich auf einer weiten Ebene befand, und zwar des Nachts. Es wetterleuchtete rundum, kam aber nicht zum wirklichen Gewitter. Da erschienen plötzlich an den Ohrenspitzen meines Pferdes kleine Flämmchen. Ich hielt die Hände empor, und siehe da, an meinen Fingerspitzen zeigten sich ähnliche Flämmchen, wobei ich ein ganz merkwürdiges Gefühl in denselben hatte. Ganz dasselbe ist es mit dem Avenging-ghost. Wenn er durch den Llano reitet, bildet sein Körper den höchsten Punkt desselben. Ist es Nacht und ist dabei eine bedeutende elektrische Spannung vorhanden, so zeigt sich das Sankt-Elmsfeuer an seinem Körper.“
    „Ihr glaubt also wirklich an die Existenz dieses Geistes des Estacado?“
    „Ja.“
    „Und haltet ihn für einen Menschen?“
    „Für was anderes sonst?“
    „Hm! Ich habe viel über ihn gehört, aber mir keine Mühe gegeben, darüber nachzudenken. Nun ich aber gegenwärtig den Llano vor mir habe, möchte ich freilich sehr gern wissen, was ich von ihm zu halten habe. Es ist ja sogar möglich, daß er einem während des Rittes erscheint. Was hat man da zu tun?“
    „Wenn er mir begegnete, würde ich ihm die Hand geben und ihn als einen ganz vortrefflichen Kerl behandeln. Es ist nämlich – – –“
    Er wurde unterbrochen. Winnetou kehrte zurück. Er kam eilig, aber ganz geräuschlos, wie eine Schlange, herbeigehuscht, setzte sich auf seinen Platz und nahm da eine so unbefangene Miene an, als ob er denselben gar nicht verlassen habe.
    Vorhin, während die Mexikaner langsam durch die Dunkelheit nach den Kaktussen schritten, hatte er, sich auf Händen und Füßen am Boden fortbewegend, sich erst eine kleine Strecke von ihnen entfernt und war dann, sich wieder aufrichtend, in eiligem Laufe nach der Pflanzengruppe gerannt. Infolge der Weichheit seiner Mokassins und der großen Übung, welche er besaß, waren seine, Schritte nicht zu hören gewesen. Er kam noch vor den Mexikanern am Ziel an und versteckte sich so zwischen den hohen Pflanzenkandelabern, daß er nicht gesehen werden konnte. Es war überhaupt so dunkel, daß die beiden gezwungen waren, die Kaktusfeigen mit Hilfe des Tastsinns zu sammeln. Die Flammenbüschel an den Leuchterarmen waren jetzt verschwunden.
    Eben als er sich versteckt hatte, kamen die Brüder herbei. Sie sprachen miteinander, und zwar das reinste Amerika-Englisch. Daraus war zu ersehen, daß sie sich zwar für Mexikaner ausgaben, aber keine waren. Winnetou konnte jedes Wort hören. Jedenfalls hatten sie schon unterwegs miteinander verhandelt, denn was sie sich jetzt noch sagten, war die Fortsetzung eines bereits begonnenen Gesprächs.
    „Diesem sogenannten ‚Bärenjäger‘ werde ich seine Beleidigungen ehrlich bezahlen“, sagte Carlos. „Freilich werden wir schwerere Arbeit haben, als wir erst dachten. Das Erscheinen des Apachen gibt der Sache eine ganz andere Wendung.“
    „Leider! Denn der läßt sich durch falsch gesteckte Stangen nicht in die Irre führen.“
    „Hast du sein Pferd genau betrachtet?“
    „Natürlich. Es ist das schönste, was ich bisher sah. Nur Old Shatterhand soll ein ebensolches haben. Wir müssen es unbedingt bekommen!“
    „Das versteht sich ganz von selbst. Aber wie?“
    „Das klügste ist, wir lassen die Kerls fest einschlafen und machen sie nachher kalt.“
    „Denkst du, daß das möglich ist? Wir werden mit Mißtrauen betrachtet, und sie passen also auf. Ich glaube nicht, daß einer von uns beiden die Wache bekommen wird.“
    „Da gebe ich dir freilich recht; sie werden sich hüten. Wollen aber dennoch sehen, ob es nicht möglich ist. Vorher läßt sich nichts bestimmen. Gelingt es uns, sie sicher zu machen, so dürfen wir nur mit den Messern arbeiten, still und geräuschlos, gerade nach dem Herzen stoßen.“
    „Und wenn dieser Plan nicht auszuführen ist?“
    „Das wäre dumm! Denke dir, sieben Pferde, dabei dasjenige des Apachen, dazu sämtliche Waffen und alles Geld! Nur wir beide hätten zu teilen. Das wäre ein Coup! Gelingt es aber nicht, so müssen wir die Kameraden zu Hilfe rufen. Im offenen Kampf zögen wir beide die böseste Niete. Wir suchen irgendeinen Vorwand, uns von ihnen zu trennen. Winnetou reitet mit den beiden

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