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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Bibel.“
    Er deutete nach der Wand, wo auf einem Brettchen eine große, alte Bibel lag. Unter derselben hing an einem Pflock ein Stück Holz, anderthalb Finger lang und einen Finger dick. Man sah deutlich, daß der obere Teil desselben einen Kopf vorstellen solle.
    „Hm!“ brummte Davy, welcher wie alle Yankees streng auf seinen Glauben hielt. „Ich will nicht befürchten, daß dieses Ding ein Götzenbild vorstellen soll.“
    „Nein; ich bin kein Heide, sondern ein guter Christ. Ihr seht hier die hölzerne Puppy, welche ich damals dem Schwesterchen zum Spielen geschnitzt hatte. Ich habe dieses Andenken an jene schrecklichen Augenblicke aufbewahrt und hänge es mir stets um den Hals, wenn ich den Vater auf Bären begleiten muß. Erscheint mir je einmal die Gefahr zu groß, so greife ich nach der Puppy und – der Bär ist verloren; darauf könnt Ihr Euch verlassen!“
    Da legte Jemmy ihm in tiefer Rührung die Hand auf die Schulter und sagte:
    „Martin, Ihr seid ein braver Boy. Nehmt an, daß ich Euer Freund bin, und Ihr werdet Euch nicht täuschen. So dick wie ich selber bin, so dick ist auch das Vertrauen, welches Ihr auf mich setzen könnt. Ich werde es Euch beweisen!“

VIERTES KAPITEL
    Old Shatterhand
    Es war am Nachmittag des darauffolgenden fünften Tages, als die sechs Reiter das Gebiet der Pulverflußquellen hinter sich hatten und nun den Bighornbergen zustrebten.
    Die Strecken, die sich von Missouri nach dem Felsengebirge hinziehen, gehören noch heutigen Tages zu den wildesten Teilen der Vereinigten Staaten. Dieses Gebiet besteht fast ganz aus einsamer baumloser Prärie, in welcher der Jäger mehrere Tage lang zu reiten hat, ehe er einen Busch oder eine Wasserquelle findet.
    Das Land steigt nach Westen zu allmählich an; es bildet bald sanfte Erhöhungen, sodann Hügel, welche immer höher, schroffer und zerklüfteter werden, je weiter man nach Westen kommt; aber der Mangel an Holz und Wasser bleibt sich gleich.
    Darum wird diese Gegend von den Indianern ‚Mah-kosietscha‘ und von den Weißen ‚Bad lands‘ genannt. Beide Ausdrücke bedeuten das gleiche, nämlich soviel wie schlechtes Land.
    Selbst bedeutende Flüsse, deren Gebiet ein großes ist, wie z.B. der Platte, führen im Sommer nur wenig Wasser mit sich. Weiter im Norden, wo die Quellgebiete des Cheyenne-, Powder-, Tongue- und Big-Horn-Flusses liegen, wird das Land besser. Das Gras ist saftiger; die Büsche treten zu ausgedehnten Strauchwäldern zusammen, und endlich schreitet der Fuß des Westmannes sogar im Schatten hundert- und noch mehrjähriger Baumriesen dahin.
    Dort befinden sich die Jagdgründe der Schoschonen oder Schlangenindianer, der Sioux, Cheyennes und der Arapahoes.
    Jeder dieser Stämme zerfällt wieder in Unterabteilungen, und da eine jede dieser Abteilungen ihre besonderen Interessen verfolgt, so ist es kein Wunder, daß es einen immerwährenden Wechsel von Krieg und Frieden zwischen ihnen gibt.
    Und ist der rote Mann je einmal zu längerer Ruhe geneigt, so kommt Master Bleichgesicht und sticht ihn so lange, erst mit Nadeln, dann mit Messern, bis der Indianer das vergrabene Kriegsbeil wieder hervorsucht und von neuem zu kämpfen beginnt.
    Unter diesen Umständen versteht es sich ganz von selbst, daß da, wo die Weidegründe so vieler und verschiedener Stämme und Abteilungen zusammenstoßen, die Sicherheit des einzelnen eine sehr fragliche, ja höchst gefährdete ist.
    Die Schoschonen oder Schlangenindianer sind stets erbitterte Feinde der Sioux gewesen, und darum haben die Strecken, welche sich von Dakota aus südlich vom Yellowstone-Fluß nach den Big-Hornbergen ziehen, sehr oft das Blut des roten – wohl auch des weißen Mannes getrunken.
    Der dicke Jemmy und der lange Davy wußten das sehr genau, und aus diesem Grund waren sie mit aller Sorge darauf bedacht, möglichst einem Zusammentreffen mit Indianern, gleichviel welchen Stammes, auszuweichen.
    Wohkadeh ritt voran, da er ganz dieselbe Strecke bereits auf dem Herweg durcheilt hatte. Er war jetzt mit einer Büchse bewaffnet und trug an seinem Gürtel mehrere Beutel mit all den Kleinigkeiten, welche dem Präriemann unentbehrlich sind. Jemmy und Davy hatten ihr Äußeres nicht verändert. Der erstere ritt selbstverständlich seinen hohen Klepper, und der zweite hing seine ewig langen Beine an den Seiten seines kleinen, störrigen Maultieres herab, welches alle fünf Minuten den bekannten Versuch, seinen Reiter abzuwerfen, vergeblich wiederholte. Davy brauchte nur

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