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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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doch langten beide nach kurzer, aber höchst energischer Anstrengung droben unter den Bäumen an. Er legte dem Tier die Hand auf den Hals.
    „Ischkuhsch – schlafen!“
    Sofort legte es sich nieder und blieb da vollständig bewegungslos liegen. Es war indianisch geschult.
    Die Schoschonen hatten die Fährte bemerkt. Wäre es diejenige Old Shatterhands gewesen, so hätten sie infolge der verkehrten Hufstellung annehmen müssen, daß die Spur von hier nach Osten führe; aber Franks und Jemmys Fährte war zu deutlich; sie konnte gar nicht verkannt werden. Die Schoschonen folgten ihr und kamen sehr rasch näher.
    Seit dem Verschwinden der beiden Deutschen waren kaum zwei Minuten vergangen, so befanden sich die Indianer schon an der Schierlingstanne. Einige stiegen ab, um die verschwundenen Spuren zu suchen.
    „Ive, ive; mi, mi – hier, hier, vorwärts, vorwärts!“ sagte einer.
    Er hatte gefunden, was er suchte. Die Roten verschwanden. Shatterhand hörte droben in seinem Versteck, daß sie den beiden Flüchtigen im Galopp folgten.
    „Jetzt kommt es darauf an, die nötige Klugheit und Schnelligkeit zu entwickeln“, dachte er. „Jemmy ist gar wohl der Mann dazu.“
    Da ließ sein Pferd ein leises Schnauben hören, ein sicheres Zeichen, daß es seinen Herrn auf etwas aufmerksam machen wolle. Das Tier blickte ihn mit großen, klugen Augen an und wendete dann den Kopf zur Seite, bergaufwärts. Der Jäger nahm den Stutzen zur Hand, kniete schußgerecht nieder und hielt den Blick scharf nach oben gerichtet. Die Bäume standen hier so dicht, daß man gar nicht weit sehen konnte. Bald jedoch legte er den Stutzen wieder ab. Er hatte, unter den niedrigsten Ästen nach oben blickend, ein Paar mit Stachelschweinsborsten verzierte Mokassins gesehen, und er wußte, daß der Mann, welcher diese Schuhe trug, sein bester Freund sei. Bald raschelte es in den Zweigen, und der Nahende stand vor ihm.
    Er war ganz genauso gekleidet wie Old Shatterhand, nur daß er anstatt der hohen Stiefel Mokassins trug. Auch eine Kopfbedeckung hatte er nicht. Sein langes, dichtes, schwarzes Haar war in einen hohen, helmartigen Schopf geordnet und mit einer Klapperschlangenhaut durchflochten. Keine Adlerfeder schmückte diese indianische Frisur. Dieser Mann bedurfte keines solchen Zeichens, um als Häuptling erkannt und geehrt zu werden. Wer nur einen Blick auf ihn richtete, der hatte sofort die Überzeugung, einen bedeutenden Mann vor sich zu haben. Um den Hals trug er den Medizinbeutel, die Friedenspfeife und eine dreifache Kette von Bärenkrallen, Trophäen, welche er sich selbst mit Lebensgefahr erkämpft hatte. In der Hand hielt er ein doppelläufiges Gewehr, dessen Holzteile dicht mit silbernen Nägeln beschlagen waren. Dies war die berühmte Silberbüchse, deren Kugel niemals ihr Ziel verfehlte. Der Ausdruck seines ernsten, männlich-schönen Gesichtes war fast römisch zu nennen; die Backenknochen standen kaum merklich vor, und die Hautfarbe war ein mattes Hellbraun mit einem leisen Bronzehauch.
    Das war Winnetou, der Apachenhäuptling, der herrlichste der Indianer. Sein Name lebte in jeder Blockhütte und an jedem Lagerfeuer. Gerecht, klug, treu, tapfer bis zur Verwegenheit, ohne Falsch, ein Freund und Beschützer aller Hilfsbedürftigen, gleichviel ob sie rot oder weiß von Farbe waren, so war er bekannt über die ganze Länge und Breite der Vereinigten Staaten und deren Grenzen hinaus.
    Old Shatterhand hatte sich vom Boden erhoben. Er wollte sprechen, wurde aber durch eine Handbewegung Winnetous zum Schweigen aufgefordert. Ein zweiter Wink des Apachen bedeutete ihn, zu horchen.
    Von fern her ließen sich monotone Klänge vernehmen. Sie kamen schnell näher. Es waren Molltöne im Vierachteltakt, die zwei ersten Achtel auf der kleinen Terz und das Viertel dann auf der Prime, ungefähr wie cc a – cc a. Und dann ertönte auf der hohen Quinte e ein schriller Jubelton.
    Jetzt hörten die beiden Lauscher lautes Pferdegetrappel, und nun waren auch die Laute zu verstehen, welche gesungen wurden. Es war nur das eine Wort: „totsi-wuw, totsi-wuw!“ Es bedeutet so viel wie Skalphaut.
    Nun wußte Old Shatterhand, daß die beiden Deutschen nicht entkommen, sondern gefangengenommen worden waren.
    Die Schoschonen ritten unten vorüber, nach indianischer Weise einer hinter dem anderen. In der Mitte aber hatten zwei die beiden Gefangenen zwischen sich. Dieselben waren ihrer Waffen beraubt und mit Lassos auf ihre Pferde gebunden. Sie schienen

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