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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unverwundet zu sein. Vielleicht hatte gar kein Kampf stattgefunden. Vielleicht hatten sie sich, nachdem sie eingeholt worden waren, in der Überzeugung, daß Widerstand unnütz sei, freiwillig ergeben.
    Keiner der Schoschonen ahnte, daß es in der Nähe einen Lauscher gäbe. Die Gefangenen aber dachten an Old Shatterhand, den sie hier verlassen hatten. Sie blickten sich um, nach rechts, nach links, und auch empor zur Höhe. Shatterhand mußte ihnen ein Zeichen geben, daß er sie sehr wohl bemerke. Dabei wagte er freilich, daß dasselbe auch von einem zufällig emporblickenden Schoschonen gesehen werde. Er trat ein Stück vor und schwenkte den Hut; als er sah, daß der dicke Jemmy ihn bemerkt habe, trat er schnell wieder zurück.
    Die Roten verschwanden. Eine kurze Zeit noch hörte man das monotone „totsi-wuw, totsi-wuw“, dann wurde es still.
    Jetzt drehte sich Winnetou um und verließ, ohne ein Wort zu sprechen, die Stelle wieder, an welcher er neben Old Shatterhand gestanden hatte. Dieser wartete ruhig. Nach vielleicht zehn Minuten kehrte der Apache zurück, sein Pferd am Zügel hinter sich führend. Es war wirklich unbegreiflich, wie es dem Tier gelingen konnte, auf so sehr abschüssigem Boden sich sicher durch den dichten Wald zu winden. Es war ganz von der Art und Farbe wie dasjenige Old Shatterhands, doch verdiente das letztere wohl den Vorzug.
    Der Häuptling hatte infolge seiner noblen Gesinnung seinem Freund das bessere von beiden geschenkt.
    Jetzt standen sie nebeneinander, zwei Männer, welche sich selbst vor einem ganzen Indianerstamm nicht zu fürchten pflegten. Ein forschender Blick in das Gesicht des Apachen belehrte Old Shatterhand, daß er diesem über das Vorkommnis keine ausführliche Belehrung zu geben brauche. Die beiden kannten einander ebensogut, daß sie ihre Gedanken gegenseitig leicht zu erraten vermochten. Darum fragte der Weiße:
    „Der Häuptling der Apachen hat den Ort entdeckt, an welchem die Krieger der Schoschonen ihr Lager aufgeschlagen haben?“
    „Winnetou ist ihrer Fährte gefolgt“, antwortete der Gefragte. „Sie sind da, wo vor Zeiten das Wasser aus den Bergen in den See des Blutes geflossen ist, im trockenen Flußbett aufwärts geritten. Dann führt die Spur links über die Höhe in ein Nastla-atahehle (kesselförmiges Tal), wo sie ihre Zelte errichtet haben.“
    „Sind es Wohnzelte?“
    „Nein, sondern es sind die Zelte des Krieges, drei an der Zahl, in welchen sie alle wohnen, Winnetou hatte ihre Spuren richtig gezählt und dir an den Baum geschrieben, wie viele ihrer sind. In dem mit Adlerfedern geschmückten Zelt wohnt der Anführer. Es ist Tokvi-tey (der ‚Schwarze Hirsch‘), der tapferste Häuptling der Schoschonen. Winnetou hat sein Angesicht von weitem gesehen und ihn an den drei Narben, welche er auf den Wangen trägt, erkannt.“
    „Und was hatte mein roter Bruder beschlossen?“
    „Winnetou hatte nicht die Absicht, sich den Schoschonen zu zeigen. Er fürchtet sie nicht; aber weil sie sich auf dem Kriegspfad befinden, so würde ein Kampf dann unvermeidlich sein, und er möchte doch keinen von ihnen töten, weil sie ihm nichts getan haben.
    Nun aber haben sie die beiden Bleichgesichter gefangengenommen; mein weißer Bruder will dieselben befreien, und so wird Winnetou doch mit ihnen kämpfen müssen.“
    Mit solcher Sicherheit sprach der Apache von den Gedanken und Absichten Shatterhands. Dieser fand dies so selbstverständlich, daß er gar keine Bemerkung darüber machte, sondern sich nur erkundigte:
    „Hat mein Bruder erraten, wer die Bleichgesichter sind?“
    „Winnetou hat die Gestalt des Dicken gesehen und weiß also, daß dieser Jemmy-petahtscheh ist, der dicke Jemmy. Der andere hinkte, als er vom Pferd stieg. Sein Tier war so frisch und sein Anzug ebenso, daß der Mann sich noch nicht lange Zeit im Sattel befinden kann. Er wohnt also in keiner großen Entfernung von hier, und darum wird er wohl Inda-hisch-schohl-dentschu sein, welchen die Bleichgesichter Hobble-Frank nennen. Er ist der Gefährte des Bärentöters.“
    Die Apachen haben kein besonderes Wort für ‚hinken‘. Die vier Worte des Häuptlings bedeuten: ‚der Mann, welcher schlecht zu Fuß geht‘. Er hatte ganz richtig vermutet und damit, wie oft, einen Beweis gegeben, daß der Scharfsinn der Indianer ein außerordentlicher ist.
    „Mein roter Bruder hat die Namen der beiden Jäger erraten“, sagte Old Shatterhand. „Er hat den Hobble-Frank hinken sehen und sich folglich in unserer

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