11 - Die Helden des Westens
letztere, noch immer die Arme starr ausgestreckt haltend, als ob er ohne Bewegung und Gelenke sei.
„Mensch, Kerl, Bob!“ zürnte Martin. „Was jammerst du, alter Feigling!“
„Der Bär, der Bär!“
„Er ist ja tot!“
Da zog der Schwarze die Arme an sich, richtete sich in sitzende Stellung auf, ließ seinen Blick in fragender Angst zwischen dem Tier und Martin hin und her gleiten und wiederholte:
„Tot, tot! Sein das wahr?“
„Du siehst es ja! Ich wette, daß beide Kugeln ihm mitten in das Herz gedrungen sind.“
Da schnellte Bob empor; er zeigte, daß alle seine Gelenke sich in bester Ordnung befanden, und rief in frohlockendem Ton:
„Tot, tot sein der Bär! Oh, oh, oh! Masser Bob und Massa Martin haben besiegt das Ungeheuer! Masser Bob hab machen eine Bärenjagd. O was sein Masser Bob für ein kühner und ein berühmter Westmann! All Leut werden sagen, was für ein Mut haben der tollkühn und furchtlose Masser Bob!“
„Ja“, lachte Martin, „tollkühn bist du gewesen, wie eine reife Zwetsche da gerade vor dem Rachen des Bären vom Baume zu fallen!“
Der Schwarze machte ein verwundertes Gesicht.
„Fallen?“ fragte er. „Nicht fallen! Masser Bob sein sprungen dem Bären entgegen. Masser Bob haben wollen ihn nehmen beim Fell und schlagen tot!“
„Bist aber liegengeblieben!“
„Masser Bob ruhig sitzen bleiben, weil er wollen zeigen, daß er sich nicht fürchten vor Bär. Oh! Was sein Bär gegen Masser Bob! Bob sein ein Held; er nehmen Bär bei den Ohren und geben ihm Maulschellen so viel, wie Bär gar nicht kann zählen!“
Er bückte sich nieder und griff mit der Linken nach dem kleinen Ohr des erlegten Tieres, allerdings leise und vorsichtig zunächst, um sich zu überzeugen, daß es auch wirklich tot sei; dann aber, als er diese Gewißheit erlangt hatte, schlug er mit der Rechten kräftig auf dasselbe ein.
Da ließen sich laute Stimmen und eilige Schritte hören.
„Alle Teufel, ein Bärenpfad“, erklang es vom Wasser herauf. „Das kann nur ein riesiger Grizzly sein. Die beiden haben das nicht verstanden und sind dem Tiere ahnungslos entgegengelaufen. Schnell nach!“
Das war die Stimme Old Shatterhands. Der erfahrene Westmann war gleich beim ersten Blick auf die Spur nicht im Zweifel darüber gewesen, was für ein Tier sie ausgetreten habe.
„Ja, ein Grizzly ist's“, hörte man den beistimmenden Ruf des dicken Jemmy. „Vielleicht sind sie alle beide verloren. Vorwärts, hinein in den Wald!“
Das Gewirr auch anderer Stimmen und eilige Schritte war zu vernehmen.
„Holla!“ rief Martin Baumann den Kommenden entgegen. „Habt keine Sorge. Es ist alles wohlauf.“
Old Shatterhand und Winnetou waren die ersten, welche am Platz erschienen. Nach ihnen kamen Tokvi-tey und der lange Davy, hinter ihnen der dicke Jemmy und der kleine Sachse, gefolgt von der Mehrzahl der Indianer. Die übrigen waren am Lagerplatz zurückgeblieben, da die Pferde natürlich nicht allein gelassen werden durften.
„Wahrhaftig ein Grizzly!“ rief Old Shatterhand beim Anblick des erlegten Tieres. „Und zwar einer von den größten Dimensionen. Und Ihr lebt, Master Martin! Welch ein großes Glück!“
Er trat zum Bären und untersuchte die Wunde.
„Gerade ins Herz getroffen, und zwar aus ganz geringer Entfernung! Das ist ein famoses Jägerstück. Ich brauche natürlich nicht erst zu fragen, wer das Tier erlegt hat.“
Da trat Bob vor und sagte unter einem stolzen, selbstbewußten Grinsen:
„Masser Bob haben besiegt den Bären. Masser Bob sein der Mann, welcher schuld ist, daß Bär haben geben müssen sein Leben.“
„Ihr, Bob? Nun, das klingt gar nicht sehr wahrscheinlich.“
„Oh! Es sein wahr, sehr wahr! Masser Bob haben sich hinsetzen vor Bären seiner Nase, damit Bär sehen nur ihn, nicht aber Massa Martin, welcher müssen schießen. Masser Bob haben riskieren sein Leben, damit Massa Martin kann tun einen sicheren Schuß.“
Old Shatterhand lächelte. Seinem scharfen, geübten Auge konnte nichts entgehen. Sein Blick fiel auf die grünen Birkenblätter, welche am Boden lagen. Bob hatte sie beim Klettern von den Zweigen gestreift. Einige dieser Zweige waren von ihm geknickt worden und hingen noch an den Ästen.
„Ja, Masser Bob scheint sehr tapfer gewesen zu sein“, sagte Shatterhand. „Als er den Bären erblickte, kletterte er vor Angst hier auf diese Birke, ohne zu bedenken, daß sie zu schwach sei, ihn zu tragen. Sie bog sich nieder, und er fiel herab, da gerade vor die
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