11 - Die Helden des Westens
Bestie hin. Er wäre sicherlich verloren gewesen, wenn sein junger Herr die Schüsse nicht rechtzeitig abgegeben hätte. Ist es nicht so, Master Baumann?“
Martin mußte bejahend antworten, obgleich es ihm eigentlich leid tat, damit einen Tadel gegen den sonst so braven Neger aussprechen zu müssen. Dieser aber suchte sich zu rechtfertigen:
„Ja, Masser Bob sein klettern auf Birkenbaum, damit Bär ihm nachklettern und nichts tun dem guten Massa Martin. Masser Bob haben wollen sich opfern für seinen jungen Herrn.“
Er mußte aber leider sehen und hören, daß dieser Versicherung kein Glauben geschenkt wurde.
Natürlich wollten alle wissen, wie es bei diesem gefährlichen Jagdabenteuer zugegangen sei, und Martin erzählte den Hergang der Sache. Er tat dies in einfachen, schlichten Worten, ohne alle Ausschmückung, aber dennoch erkannten die Zuhörer, welch eine Kaltblütigkeit und welchen Mut er dabei entwickelt habe. Es wurde ihm dafür die allgemeinste Anerkennung zuteil.
„Mein lieber, junger Freund“, sagte Old Shatterhand, „ich will Euch gern gestehen, daß selbst der erfahrenste Jäger sich nicht besser hätte benehmen können als Ihr. Wenn Ihr so fortmacht, so gibt das einmal einen Mann, welcher viel von sich reden machen wird.“
Und auch der sonst so schweigsame Winnetou sagte freundlich:
„Mein kleiner, weißer Bruder hat die Entschlossenheit eines alten Kriegers. Er ist ein würdiger Sohn des berühmten Bärentöters. Der Häuptling der Apachen gibt ihm seine Hand.“
Als nun Martin seine Hand in diejenige Winnetous legte, fühlte er eine Regung stolzen Selbstbewußtseins. Die Anerkennung dieser beiden berühmten Männer war ihm ebensoviel und mehr wert, als wenn er von irgendeinem Herrscher einen Orden bekommen hätte.
Den Schoschonen war der Bär eine sehr willkommene Beute. Sein Fleisch gilt als wohlschmeckend; die Schinken sind noch besser, und die Tatzen gelten sogar als Leckerbissen. Nur Herz und Leber werfen die Indianer, welche beides für giftig halten, weg. Ganz besonders willkommen ist ihnen das Bärenfett, aus welchem sie sich eine ölige Flüssigkeit bereiten. Dieses Bärenöl brauchen sie zum Anreiben der verschiedenen Farben, mit denen sie sich bemalen, zum Beispiel der Kriegsfarben oder des Ockers, welches sich die Sioux zum Färben ihrer Haarscheitellinie bedienen. Auch reiben sie sich mit diesem Öle die Haut ein, um sich gegen den Stich und Biß der Moskitos und anderer Insekten zu schützen.
Auf eine fragende Handbewegung des Häuptlings der Schoschonen hatte Martin geantwortet:
„Meine Brüder mögen das Fleisch des Bären nehmen; das Fell aber behalte ich selbst.“
Zwei Minuten später war das Tier aus dem Fell geschält, und das Fleisch wurde geteilt. Während die Mehrzahl der Schoschonen das Wildbret mit ihren haarscharfen Skalpmessern in dünne, breite Streifen schnitten, machten sich die anderen an die vorläufige Zubereitung des Felles. Es wurden alle noch anhaftenden Fleischreste sorgfältig von demselben entfernt, und dann spaltete man mit dem Tomahawk den Schädel des Bären, um zu dem Gehirn zu gelangen, mit welchem die Innenseite der Haut eingerieben wurde.
Dies ging alles so schnell, daß die Arbeit nach kaum einer Viertelstunde beendet war und die Krieger nach dem Lagerplatze zurückkehren konnten. Das Fell wurde auf eines der Reservepferde, welche die Schoschonen bei sich hatten, gelegt, und das Fleisch wurde in die Koch- und Bratöfen gesteckt.
Öfen? Konnten die Indianer Öfen bei sich haben? Freilich wohl, wenn die ihrigen auch nicht gerade aus Marmor, Porzellan oder Eisen konstruiert waren. Es legte sich nämlich ein jeder sein Fleischstück unter den Sattel; es wurde dann durch das Reiten so weich und gar, daß es am Abend mit dem größten Appetit verspeist werden konnte. Einem europäischen Feinschmecker würde freilich eine solche Zubereitung nicht sehr appetitlich erscheinen.
Die Mittagsruhe war durch das Jagdabenteuer unterbrochen worden und sollte nicht von neuem begonnen werden. Man brach auf.
ACHTES KAPITEL
Franks Abenteuer
Der Weg führte tiefer in das Tal hinein, schlängelte sich zwischen einigen Bergen hindurch und mündete dann in dieselbe breite Niederung, welcher die Truppe vorher gefolgt war. Es zeigte sich, daß man dadurch, daß man dem Wegweiser der Sioux gefolgt war, eine bedeutende Krümmung abgeschnitten hatte. Die Sioux mußten also den Weg, welchen sie einzuschlagen hatten, ganz genau kennen. Sie hatten von Zeit zu
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