11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
Sie war von einer roten Schicht überzogen. Lennet glaubte nicht, daß dies einfach zur Verzierung angebracht war. Es war vermutlich ein tödliches Gift…
»Gut, daß ich wach geblieben bin«, sagte er sich.
Da er nicht glaubte, am hellichten Tag in der Nähe der befestigten Villa angegrifffen zu werden, streckte er sich auf seiner Luftmatratze aus und schlief rasch ein. Aber sein Schlummer dauerte nicht lange.
»Blanchet! Wie geht es Ihnen? Besser als gestern abend?«
Es war Porticci, der mit seiner kräftigen Gestalt den Eingang zum Zelt völlig ausfüllte.
»Monsieur«, sagte Lennet mit gespielt schwacher Stimme, »es ist sehr liebenswürdig, daß Sie sich nach meinem Befinden erkundigen. Um so mehr, als unsere Anwesenheit auf der Insel Ihnen soviel Kopfzerbrechen bereitet!«
»Nicht im geringsten. Haben Sie Fieber gemessen?«
»Die Temperatur ist fast normal.«
»Das freut mich. Meinen Sie, Sie können morgen mit der Maschine fliegen?«
»Aber sicher!«
»Dann bis bald.«
»Porticci«, rief Lennet, der nach einer Frage suchte, mit der er den Ingenieur in ein längeres Gespräch verwickeln konnte. »Was machen Sie, wenn Ihre Untersuchungen über die fliegenden Fische hier abgeschlossen sind?«
»Ich rechne damit, ins Forschungszentrum der Luft…
Oh, ich bitte um Entschuldigung, aber das ist geheim, und ich darf Ihnen nichts davon sagen. Lassen Sie sich’s gutgehen.« Er verschwand.
Da er nicht den ganzen Tag im Zelt bleiben und gleichzeitig weitere Nachforschungen anstellen konnte, gab Lennet vor, sein Zustand habe sich wieder etwas gebessert und begab sich wieder auf den kleinen Hügel, von dem aus er die Villa beobachten konnte. In der Nähe war eine kleine Quelle, so daß er auch etwas zu trinken hatte. Zwar hatte ihm Madame eine Flasche Kaffee gebracht, aber er traute sich nicht, davon zu trinken. Denn jetzt fürchtete er nicht nur ein Schlafmittel, sondern auch Gift.
Lange Zeit geschah nichts. Alle Leute in der befestigten Villa schienen mit ihren Arbeiten beschäftigt zu sein.
Doch gegen zwei Uhr verließ Baret das Haus, sah sich um und ging dann in den Dschungel. Lennet glaubte zuerst, er wolle nach ihm sehen, doch er wandte sich nach links. Er ging zu dem Bananenbaum, in dem Liane die Höhlung entdeckt hatte.
Lennet folgte ihm vorsichtig. Baret – ein Spion? Das erschien ihm unwahrscheinlich. Aber möglich war alles, wie Lennet aus Erfahrung wußte.
Als der Geheimagent zu dem Baum kam, war Baret verschwunden. Lennet ging um den Stamm herum, der mit seinen Luftwurzeln recht bizarr aussah. Es dauerte eine Weile, ehe Lennet zwischen zweien dieser Wurzeln die Höhlung entdeckte. Lennet steckte die Hand hinein und betete dabei zum Himmel, es möge nicht gerade eine Giftschlange darin stecken, die sich über die Störung ihrer Mittagsruhe ärgerte. Aber statt auf die Giftschlange stieß er auf ein Bündel Papiere. Sie waren von Hand beschrieben. In einer Schrift, die weder Porticcis noch Planas Handschrift entsprach.
Er überflog die Blätter. Es waren komplizierte Berechnungen.
Lennet, der ja weder Ozeanograph noch Mathematiker war, konnte sie nicht entziffern. Offensichtlich handelte es sich dabei lediglich um Skizzen, doch auch als Skizzen waren sie sicher höchst wertvoll. Allerdings nur, wenn man sie in Verbindung mit den Ergebnissen der anderen Untersuchungen sah.
Lennet dachte kurz nach und schob dann die Papiere wieder in die Höhlung zurück. Es war nicht der richtige Augenblick, den Feind darauf aufmerksam zu machen, daß er ihm auf der Spur war.
Nachdenklich ging er wieder zu seinem Beobachtungsposten zurück. Dort blieb er liegen und beobachtete jeden Winkel. Alles blieb ruhig.
Schade, dachte Lennet, daß ich noch keine Gelegenheit hatte, mit Plana allein zu sprechen. Er ist zwar unsympathisch, aber offensichtlich versteht er sein Handwerk. Vielleicht wäre es richtig gewesen, sich mit ihm zusammenzutun.
»Grüß dich, mein Bester«, sagte in diesem Augenblick die Stimme Planas. »Was macht das Wehwehchen?«
Lennet fuhr herum. Hinter ihm stand der Sicherheitsoffizier. Völlig in Gedanken versunken, hatte Lennet überhaupt nicht bemerkt, wie der andere näher gekommen war. Offensichtlich verstand sich der Büromensch Plana auch aufs Anschleichen.
»Es geht etwas besser, danke«, entgegnete Lennet höflich.
»Prima. Kannst du gehen?«
»Aber… ich glaube schon.«
»Dann komm mit. Es ist höchste Zeit, daß wir mal miteinander sprechen. Findest du nicht auch?«
Klein
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