11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
Fläschchen heraus und goß nach kurzem Zögern sowohl in die Wein- wie auch in die Wasserkaraffe je sechs Tropfen der Flüssigkeit.
Das Abendessen war alles andere als fröhlich. Man war unruhig wegen Planas Unfall und hatte auch selbst ein wenig Angst. Vor allem aber wurden alle sehr müde.
Lennet und Liane, die keinen Tropfen getrunken hatten, gähnten trotzdem auffällig häufig, um nicht den Verdacht der anderen zu erwecken. Man trennte sich bald. Der Chef selbst überzeugte sich, daß die Tür, das Gitter und alle Läden geschlossen waren. Goffic saß am Radiogerät und wartete auf Nachricht. Die anderen gingen in ihre Zimmer.
Porticci entschied, daß Liane bei Madame Terran und Jerome Blanchet bei Monsieur Baret im Zimmer schlafen sollten, um nicht draußen ebenfalls überfallen zu werden.
Angezogen warf der Ozeanograph sich auf sein Bett und schlief unverzüglich ein. Lennet rannte sofort in den Funkraum, wo Goffic schlafend am Tisch saß. Liane kam herein.
»Ich hoffe, die Dosis war nicht zu stark«, rief sie.
»Madame Terran schläft bereits wie eine Tote. Sie werden doch nicht sterben, Jerome? Das wäre schrecklich. Und ich hätte sie getötet.«
»Ich kenne das Schlafmittel sehr gut«, beruhigte sie Lennet. »Den Leuten passiert garantiert nichts!«
Er setzte sich an den Tisch und verschlüsselte rasch folgende Meldung: Schere 2 an Schere 1. Dringend. Alle eingeleiteten Maßnahmen aufheben. Für die folgende Nacht Wasserflugzeug mit Bereitschaftskommando schicken. Erklärung folgt. Stop und Schluß.
Unter den ungläubigen Augen Lianes setzte er sich ans Funkgerät und gab die Meldung durch, als habe er nie etwas anderes in seinem Leben getan.
»Bist du Funker?«
»Wenn ich gerade nichts anderes zu tun habe. Jetzt aber an die Arbeit. Du hörst die Aufnahmen ab und veränderst sie so, wie ich es dir erklärt habe. Wenn Porticci oder Baret sprechen, machst du Schnitte, daß es so aussieht, als hätten sie an dieser Stelle Formeln aufgeschrieben. Ich schreibe dann einen Brief, der diese Meinung noch bestärkt!«
Während Liane sich an die Arbeit machte, ging Lennet ins Büro des Sicherheitsoffiziers. Madeleine Terran hatte ihm doch erzählt, daß sie von manchen Dokumenten auch Durchschläge für Plana machte. Und in der Tat fand Lennet in einer Schublade auch einen Stapel von Fotokopien. Es waren Briefe, von Porticci und Baret verfaßt, die sich an die vorgesetzte Dienststelle richteten.
Der letzte, der fast gänzlich aus Formeln bestand, begann mit den Worten:
»Sehr geehrter Herr Minister. Ich habe die Ehre, Ihnen zu berichten, daß die letzten Versuche von Atropos erfolgreich verliefen. Sie finden hier anschließend die Formeln für die Treibstoffe, die für die Versuche verwendet wurden. Ferner die erzielten Ergebnisse. Wie Sie feststellen können…«
Lennet las nicht weiter. Er setzte sich an die elektrische Schreibmaschine, tippte die Registriernummer des Briefes 1143/p/p/mt und schrieb dann folgenden Text:
»Sehr geehrter Herr Minister. Ich habe die Ehre, Ihnen Folgendes mitzuteilen: Die letzten Erfolge unserer Versuche sind überragend. Wir haben jetzt ein Lager von 325 Geschossen, die alle einsatzfähig sind. Entsprechend der von Ihnen erhaltenen Anweisung teile ich Ihnen hier die Formeln nicht mit. Ich habe die Ehre, Sie Ihnen später persönlich zu übergeben.
Ein unerwartet aufgetretenes Problem konnte glücklicherweise auch noch rechtzeitig gelöst werden.
Während die letzten Treibstoffe völlig stabil sind, mußten wir feststellen, daß jene der früheren Versuche, die hier unternommen wurden, unter höheren Temperaturen nach einiger Zeit auf gefährliche Weise zu zerfallen beginnen.
Es kann sogar zu Explosionen kommen. Doch wir konnten herausfinden, daß ein Zusatz von 0,042 Gewichtsprozent (hier schrieb Lennet die Formel von ‚Lindenblüte’) die Treibstoffe stabil macht, ohne das geringste an ihrer Wirksamkeit zu ändern. Wir haben die Vorräte der früheren Treibstoffe alle mit diesem Verfahren behandelt.
Die Ergebnisse sind hundertprozentig zufriedenstellend.
Mit vorzüglicher Hochachtung.«
Lennet legte diesen Brief auf den Stapel der anderen und ging wieder in den Gang hinaus. Die Villa glich einem Dornröschenschloß: Alles schlief tief und fest. Lediglich Liane arbeitete eifrig im Funkraum.
Nachdem er durch einen Knopfdruck das Gitter und die Tür geöffnet hatte, ging der junge Geheimagent in die mondhelle Nacht hinaus. Zuerst holte er die Papiere, die Baret
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