11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
Gesicht.
»Ausgezeichnet«, entgegnete Lennet.
Er machte einen Rundgang durch den Ort, nachdem er sich von dem Kapitän verabschiedet hatte, und kaufte verschiedene Ausrüstungsgegenstände und Verpflegung.
Gegen Abend ging er wieder in den Yachtclub, wo sein »Abenteuer« immer noch im Mittelpunkt der Gespräche stand.
Es wurde ein vergnügtes Abendessen, auch wenn man allgemein bedauerte, daß der »Franzose aus Frankreich« nicht länger hierblieb. Ein Journalist, der ganz allein das Lokalblättchen schrieb, machte ein Interview mit Lennet und bezeichnete ihn kühn als »einen Ritter der Gegenwart«. Keiner vergaß in seiner Tischrede auf die Liebe anzuspielen. Schließlich ergriff auch Liane das Wort. Mit dem ernsthaftesten Gesicht der Welt erklärte sie, die Abenteuer von Magellan, Vasco da Gama und Christoph Kolumbus seien gar nichts, verglichen mit dem Unternehmen des Jerome Blanchet. Und dies alles, weil ein Mädchen schöne Augen habe. Und während sie dies sagte, blitzte in ihren Augen so der Schalk, daß man befürchten mußte, sie werde gleich vor unterdrücktem Lachen platzen.
Als die Heiterkeit im Laufe des Abends langsam in Melancholie umschlug, verabschiedete sich Lennet. Er hatte beschlossen, an Bord zu übernachten, um so früh wie möglich starten zu können.
Ein riesiger gelber Mond stand über dem Horizont, die Wellen des Meeres schlugen sanft gegen Hafenmauer und Boote. Irgendwo hörte man die Gesänge der Eingeborenen.
Lennet sprang an Bord, und er wäre fast gefallen, als er im Dunkeln gegen etwas stieß, das mitten in der Kabine stand. Er zündete die Taschenlampe an. Es war ein Kasten mit zwölf Flaschen Wermut. Der Engländer hatte ihn an Bord bringen lassen.
Schade, daß er sie nicht in den Yachtclub geschickt hat, dachte Lennet. Dort hätten sicher ein paar Leute ihre Freude daran gehabt. So wird mir nichts anderes übrigbleiben, als sie unterwegs über Bord zu werfen.
Als er den Kasten in eine Ecke schob, bemerkte er, daß er eigentümlich leicht war. Lennet ging der Sache sofort auf den Grund, und es zeigte sich, daß vier der zwölf Flaschen bereits leer waren. Offensichtlich hatten die Leute, die sie brachten, sie leergetrunken, in der Hoffnung, daß der Eigentümer es erst bemerken würde, wenn er schon auf dem Weg war.
Lennet grinste vor sich hin.
Wie die sich wohl fühlen mögen, mit vier Flaschen Wermut im Bauch, dachte er vergnügt.
Er machte sich ein Lager zurecht und streckte sich darauf aus. Er konnte nicht ahnen, welchen Dienst ihm diese unehrlichen Dienstleute erwiesen hatten.
Unsanfte Landung
Beim ersten Schimmer des Tageslichtes war Lennet wieder auf den Beinen. Die Nacht war recht frisch gewesen, aber man konnte bereits ahnen, daß der Tag brennend heiß werden würde. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber das Meer färbte sich bereits rot. Die Wipfel der Kokospalmen schwankten sanft in der Brise des Morgens. Der Hafen schlief, selbst die Fischerboote der Eingeborenen waren noch nicht unterwegs.
Aus seemännischer Eitelkeit beschloß Lennet, auf den Hilfsmotor zu verzichten und nur mit den Segeln auszulaufen. Der Wind stand richtig. Lennet setzte die Segel, warf die Leine los und bemerkte, wie das Land langsam zurückblieb. Sein Abenteuer hatte begonnen. Er spürte einen leichten Druck in der Kehle. »Mit Gott«, murmelte er vor sich hin.
Zwar ging es nicht gerade nach Honolulu, aber er hatte doch viele Stunden vor sich, in denen er mutterseelenallein auf dem Meer sein würde, und seine seemännischen Kenntnisse waren reichlich frisch.
In den ersten Stunden der Fahrt widmete er seine ganze Aufmerksamkeit dem Kurs. Er überwachte die Segel, den Wind, den Kompaß, und steuerte nur, wenn er mit dem Log die zurückgelegte Strecke gemessen und sich über die Position vergewissert hatte. So legte er etwa zwanzig Meilen zurück, immer mit Kurs auf Honolulu, um einen eventuellen Beobachter in dem Glauben zu lassen, daß er tatsächlich jener Blanchet sei, für den er sich ausgegeben hatte.
Die Küste verschwand als erstes, dann lösten sich die Vulkane, die die Insel überragten, langsam im Dunst auf.
Erst als Lennet völlig außer Sichtweite war, änderte er den Kurs.
Es war ein strahlend schöner Tag. Auf den Wellen des Meeres zeigten sich leichte Schaumkronen. Die Zeit verstrich langsam. Lennet war als Agent Einsamkeit gewohnt. Aber es war meist nicht diese Leere von Himmel und Meer, in der er sich jetzt befand. Er begann sich zu langweilen.
Kurz vor
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