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11 Kicker und ein falsches Spiel

Titel: 11 Kicker und ein falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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Elfenbeinküste 1:1.
    Unsere Entlastungsangriffe werden immer seltener und kosten bei stürmischem Gegenwind doppelt Kraft. Also fighten wir mit allen Mitteln darum, keinen weiteren Gegentreffer zu kassieren, und hoffen vorne auf ein Wunder. Der endgültige K.-o.-Schlag trifft uns, als die Verlängerung nur noch fünf Minuten entfernt ist: Mit einem simplen Doppelpass hebeln zwei Ivorer unsere Verteidigung aus. Der ballführende Spieler läuft bis zur Grundlinie, ein kluger Rückpass zu seinem Teamgefährten, und der schiebt die Kugel aus kurzer Distanz über die Linie.
    Frustriert und entkräftet sinke ich auf den Rasen und weiß nicht, ob ich noch genug Energie zum Aufstehen
habe. Was sollen wir in fünf Minuten noch ausrichten? Die Sache ist entschieden. Wir sind raus. Bye-bye Südafrika. Es war so ein schöner Traum. Speckmann hat ihn zerstört. Die Kowalskis haben ihn beerdigt. Mit Andi hätten wir eine reelle Chance gehabt. Ich könnte heulen vor Wut. Ich hebe verzweifelt den Kopf und blicke in den finsteren Himmel, der nun fast pechschwarz ist. Der Wind hat sich gelegt. Für einen Augenblick herrscht eine fast gespenstische Stille.
    Dann trifft mich der erste Tropfen auf die Nasenspitze. Plopp. Der zweite landet auf meiner Stirn. Plopp. Die Tropfen drei, vier und fünf hätte ich zur Not noch zählen können, doch im nächsten Moment bricht die schwelende Wolkendecke mit einem gewaltigen Donnerschlag auseinander und schickt einen eiskalten Sturzregen auf uns herab. Ich werfe Flo einen fragenden Blick zu, als sich plötzlich ein grelles Blitzlichtgewitter über unseren Köpfen entlädt und den gesamten Sportpark in gleißendes Licht taucht.
    Die Zuschauer haben bereits die Flucht ergriffen, als der Schiedsrichter das Spiel abbricht. Danach ist alles nur noch ein einziges Rennen und Flüchten. Der Sturm ist mit doppelter Kraft zurückgekehrt und heult uns in den Ohren, während wir klitschnass den Kabinen entgegenhasten. Doch der schmale Weg zwischen den Fußballplätzen und dem Klubhaus ist wie ein Nadelöhr, in dem die panische Menschenmenge stecken bleibt. Alles schreit, schiebt und drängelt, während wir dem dröhnenden Donner und den zuckenden Blitzen preisgegeben sind. Wilfried
hält sich mit beiden Händen die Hose fest, während ihm Regenbäche über die beschlagene Brille laufen. Von Speckmann ist nichts zu sehen.
    Als ich endlich das Klubhaus erblicke, hat sich der peitschende Regen in einen prasselnden Hagelschauer verwandelt. Hagelkörner, so groß wie Haselnüsse, führen auf den Steinfliesen ein Ballett auf und machen die letzten Meter für uns zu einem schmerzhaften Spießrutenlauf.
    Noch ein paar Schritte - aua! -, dann stürze ich durch die Eingangstür und stapfe triefend in die Kabine. Einer nach dem anderen schleppt sich herein, setzt sich schweigend hin und lässt den Kopf hängen. Ich rubbele mir mit meinem Handtuch notdürftig die Haare trocken und lasse mir das Wasser aus den Ohren laufen. Benno gießt ungefähr einen halben Liter aus seinen Schuhen. Flo zerrt sich sein nasses Trikot herunter und wringt es aus. So entsteht in unserer Kabine langsam ein kleiner See.
    Dann sagt Michi ein einziges Wort, doch dieses Wort reicht aus, um uns alle zu elektrisieren: »Spielwiederholung!«
    Â»Was?«, frage ich.
    Â»Michi hat recht«, sagt Danny. »Das Spiel muss wiederholt werden. Es waren noch mindestens fünf Minuten zu spielen.« Die Euphorie verbreitet sich wie ein Lauffeuer in unserer Kabine. Alle sind sich einig, dass wir sofort ein Wiederholungsspiel fordern müssen. Ein 2:1 fünf Minuten vor Schluss ist keinesfalls ein sicherer Vorsprung.
Niemand kann dafür garantieren, wie solch ein Spiel ausgeht. Vielleicht hat die Turnierleitung ja vor Beginn der Mini-WM festgelegt, wie in so einem Fall zu verfahren ist, denke ich. Doch auch wenn sie das nicht getan hat, müsste sich ein Wiederholungsspiel eigentlich von selbst verstehen.
    Da fliegt die Tür auf und Speckmann marschiert herein. Auf einen Schlag herrscht Totenstille. Und noch ehe irgendein Spieler unser Anliegen vorbringen kann, fängt Speckmann an zu sprechen: »Ihr habt tapfer gekämpft, Männer! Mehr als tapfer! Und ihr könnt stolz darauf sein, was ihr geleistet habt. Zusammen sind wir einen weiten Weg gegangen. Einen Weg, der uns bis ins Halbfinale geführt hat. Doch nun ist dieser

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