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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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fragte sich flüchtig, wann sie das Rauchen ganz lassen würde.
    Leach spielte mit dem Silberpapier, in das der Kaugummi eingewickelt gewesen war. Er faltete es zu einem winzigen Fächer, den er vor das gerahmte Foto seiner Tochter legte. Er hatte gerade mit ihr telefoniert, als die drei Beamten von Scotland Yard gekommen waren, die wegen eines Verkehrsstaus in Westminster die allgemeine Lagebesprechung verpasst hatten. Sie hatten noch mitbekommen, wie er am Ende des Gesprächs verdrossen gesagt hatte: »Lieber Gott, Esme, das musst du wirklich mit deiner Mutter besprechen ... Aber natürlich wird sie dir zuhören. Sie hat dich doch lieb ... Esme, jetzt hör mal - ja. Gut. Eines Tages wird sie ... Ja, ich vielleicht auch, aber das heißt doch nicht, dass wir dich nicht -« An diesem Punkt schien die Tochter aufgelegt zu haben. Leach brach jedenfalls mitten im Satz ab und saß einen Moment mit offenem Mund da, ehe er mit betont gemessener Bewegung und einem tiefen Seufzer den Hörer auflegte.
    Jetzt sagte er: »Da haben wir vielleicht das Motiv des Killers oder der Killer: das adoptierte Kind. Die Wolff ist schließlich nicht von allein schwanger geworden. Das sollten wir nicht vergessen.«
    »Ja«, meinte Nkata. »Vielleicht will die Wolff ihr Kind wiederhaben, und keiner will ihr helfen, es zu finden. Ist es eigentlich ein Sohn oder eine Tochter, Barb?« Er hatte sich, seiner Gewohnheit entsprechend, nicht gesetzt, sondern stand nicht weit von der Tür lässig an die Wand gelehnt, eine Schulter unter einer gerahmten Ehrenurkunde, die Leach vom Commissioner of Police bekommen hatte.
    »Ein Sohn«, antwortete Barbara. »Aber ich glaube nicht, dass Ihre Vermutung zutrifft.«
    »Und warum nicht?«
    »Schwester Cecilia zufolge hat sie den Jungen gleich nach der Geburt freigegeben. Sie hätte ihn neun Monate bei sich behalten können - sogar länger, wenn sie ihre Strafe woanders als in Holloway abgesessen hätte -, aber das wollte sie nicht. Sie hat es nicht einmal beantragt. Sie hat den Kleinen gleich im Entbindungsraum abgegeben und sich nie mehr um ihn gekümmert.«
    »Sie wollte wahrscheinlich nicht, dass sich eine Bindung zwischen ihr und dem Kind entwickelt, Havers«, bemerkte Lynley.
    »Das wäre doch nur eine Quälerei gewesen. Auf sie wartete schließlich eine zwanzigjährige Haftstrafe! Es könnte etwas über die Stärke ihrer mütterlichen Gefühle für das Kind aussagen. Hätte sie es nicht adoptieren lassen, dann wäre es im Heim gelandet.«
    »Aber wenn sie ihren Sohn sucht, warum ist sie dann nicht als Erstes zu Schwester Cecilia gegangen?«, fragte Barbara. »Die hat doch die Adoption vermittelt.«
    »Vielleicht sucht sie ihn gar nicht«, entgegnete Nkata. »Es sind zwanzig Jahre vergangen. Vielleicht ist ihr klar, dass der Junge nicht scharf darauf ist, seine wahre Mutter kennen zu lernen und zu erfahren, dass sie gerade aus dem Knast kommt. Und vielleicht hat sie genau deshalb Mrs. Davies erledigt, weil sie der Meinung ist, dass sie ohne Mrs. Davies nicht im Knast gelandet wäre. Wenn einem so eine Vorstellung zwanzig Jahre lang im Kopf rumgeht, brennt man doch darauf, sich zu rächen, sobald man endlich rauskommt.«
    »Ich glaub das nicht«, beharrte Barbara. »Was ist mit diesem alten Kerl, diesem Wiley, der da draußen in Henley in seiner Buchhandlung hockt und wochen- oder monatelang jede Bewegung von Eugenie Davies beobachtet hat. So ein Zufall, dass er sie genau an dem Abend, an dem sie umgelegt wurde, mit einem geheimnisvollen Fremden streiten sah! Woher wissen wir, dass es wirklich ein Streit war und nicht genau das Gegenteil? Und dass unser guter Major Wiley daraufhin nicht blutige Rache übte?«
    »Wir müssen diesen Jungen auf jeden Fall ausfindig machen«, erklärte Leach. »Katja Wolffs Sohn. Sie ist vielleicht schon auf der Suche nach ihm, und er muss benachrichtigt werden. Lustig wird das nicht werden, aber es muss sein. Constable, das übernehmen Sie.«
    »In Ordnung, Sir«, stimmte Barbara zu, aber sie sah nicht so aus, als wäre sie vom Sinn ihres Auftrags überzeugt.
    »Also, wenn Sie mich fragen«, bemerkte Nkata, »ich denke, mit Katja Wolff sind wir auf der richtigen Spur. Irgendwas stimmt bei der ganz eindeutig nicht.«
    Er schilderte den anderen das Gespräch, das er am vergangenen Abend in Yasmin Edwards' Wohnung mit der Deutschen geführt hatte. Nach ihren Aktivitäten am Abend des Mordes gefragt, hatte Katja Wolff behauptet, mit Yasmin Edwards und deren Sohn Daniel zu Hause

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