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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Button-down-Kragen, der bis zum Hals zugeknöpft war. In der Hemdtasche steckte eine Brille, die Füße steckten in teuren Slipper.
    Na, da hast du ja schön danebengehauen, dachte Barbara. Es war offensichtlich an der Zeit, ihre Freizeitlektüre einer kritischen Prüfung zu unterziehen; die Schmonzetten, die sie zu lesen pflegte, drohten, ihre Fantasie zu vergiften.
    Sie zog ihren Dienstausweis und stellte sich vor. »Ich hätte Sie gern einen Moment gesprochen«, sagte sie.
    »Nicht ohne meinen Anwalt«, antwortete Pitchley prompt und machte Anstalten, die Haustür zuzuschlagen.
    Barbara streckte einen Arm aus und hielt die Tür auf. »Regen Sie sich nicht gleich so auf, Mr. Pitchley. Ich möchte nur ein Foto von Ihnen. Es kann Sie doch nicht weiter stören, mir eines zu geben, wenn Sie mit Eugenie Davies' Tod nichts zu tun haben.«
    »Ich hab Ihnen eben gesagt -«
    »Ja, ja, ich hab's gehört. Aber jetzt hören Sie mir mal zu: Ich kann natürlich sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um das Foto zu bekommen, das ich brauche, aber ich sag Ihnen gleich, dass das Ihre Schwierigkeiten nur unnötig verlängern wird. Außerdem werden es Ihre Nachbarn bestimmt höchst unterhaltsam finden, wenn ich hier zusammen mit einem Polizeifotografen im Streifenwagen vorfahre. Mit heulender Sirene und Blaulicht, natürlich.«
    »Das würden Sie nie wagen.«
    »Wetten?«
    Sein Blick huschte hin und her, während er überlegte. »Ich hab doch schon gesagt, dass ich sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich hab sie ja nicht mal erkannt, als ich den Leichnam sah. Warum glauben Sie und Ihre Kollegen mir nicht? Ich sag die Wahrheit.«
    »Na, das ist doch wunderbar. Dann lassen Sie es mich allen, die es interessiert, beweisen. Ich weiß nicht, wie's meine Kollegen sehen, aber ich bin wirklich nicht scharf darauf, diesen Mord jemandem in die Schuhe zu schieben, der nichts damit zu tun hat.«
    Er trat von einem Fuß auf den anderen wie ein Schuljunge. Mit der einen Hand hielt er immer noch die Tür fest und hob jetzt die andere Hand, um sie gegen den Türpfosten zu stützen.
    Eine interessante Reaktion, dachte Barbara. Trotz ihrer beschwichtigenden Worte reagierte er so, als wollte er ihr den Zutritt verwehren. Er schien etwas verbergen zu wollen, und es interessierte Barbara brennend, was das war.
    »Mr. Pitchley?«, sagte sie. »Wie ist es mit dem Foto ...?«
    »Ach ja, gut«, antwortete er. »Ich hole eines. Warten Sie nur einen Moment -«
    Barbara drängte sich an ihm vorbei ins Haus, ehe er hinzufügen konnte: - hier draußen auf der Treppe, und sagte überschwänglich: »Hey, das ist echt nett von Ihnen. Tausend Dank. Bei der Kälte wärm ich mich gern ein bisschen auf.«
    Seine Nasenflügel blähten sich vor Ärger, aber er sagte nur:
    »Gut, warten Sie hier. Ich bin gleich wieder da«, und flog förmlich die Treppe hinauf.
    Barbara horchte und versuchte festzustellen, ob sich im Haus etwas rührte. Der Typ hatte zugegeben, dass er im Internet nach älteren Frauen angelte, aber vielleicht legte er seine Netze ja auch nach jüngeren Fischlein aus. Wenn das zutraf und er bei den kleinen Mädchen so viel Erfolg hatte wie bei den großen, würde er bestimmt nicht riskieren, eine von ihnen ins Comfort Inn zu locken. Wer bei einer Begegnung mit den Bullen als Erstes seinen Anwalt verlangte, wusste genau, was Sache war, wenn's um Sex mit Minderjährigen ging. Wenn der Typ wirklich einen Hang in diese Richtung hatte, würde er diesem riskanten Vergnügen bestimmt in seinen eigenen vier Wänden nachgehen und nicht in irgendeinem Hotel.
    Barbara trat zu einer geschlossenen Tür, die vom Vestibül abging. In dem Raum dahinter hatte sie, ihrer Berechnung nach, von der Einfahrt aus die flüchtige Bewegung beobachtet. Während irgendwo über ihr Pitchley rumorte, stieß sie die Tür auf und trat in ein überaus ordentlich aufgeräumtes Wohnzimmer, das mit antiken Möbeln eingerichtet war.
    Das einzige Stück, was nicht ins Bild passte, war eine abgetragene Wachsjacke, die über einem Stuhl lag. Merkwürdig, dass der ordentliche Pitchley, der wie aus dem Ei gepellt wirkte, so nachlässig mit einem seiner Kleidungsstücke verfahren sein sollte. Er hatte so etwas Pedantisches an sich. Niemals wäre man bei ihm auf den Gedanken gekommen, dass er seine Sportjacke nach dem täglichen Spaziergang einfach auf einen Stuhl im edel ausgestatteten Wohnzimmer werfen würde.
    Barbara sah sich die Jacke näher an, dann noch näher. Sie hob sie hoch und hielt

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