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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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gewonnen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Mein Gott, das ging damals durch sämtliche Zeitungen. Sie war wie Myra Hindley, jeder Schritt, den sie unternahm, während sie hinter Gittern saß, wurde von den Medien genauestens unter die Lupe genommen. Es war eine scheußliche Geschichte, Gideon. Brutal. Sie hat das Leben deiner Eltern zerstört, sie hat deine beiden Großeltern innerhalb von drei Jahren unter die Erde gebracht, und sie hätte leicht auch dein Leben zerstören können, wenn nicht alles Menschenmögliche getan worden wäre, um dich da herauszuhalten. Das jetzt alles wieder auszugraben ... so viele Jahre später ...« Er stellte seine Tasse ab und goss Tee nach. »Du isst ja gar nichts«, bemerkte er.
    »Ich bin nicht hungrig.«
    »Wann hast du das letzte Mal etwas zu dir genommen? Du siehst furchtbar aus. Iss das Gebäck. Oder trink wenigstens den Tee.«
    »Raphael, was ist, wenn Katja Wolff es gar nicht getan hat?«
    Er stellte die Teekanne wieder auf den Tisch, griff zum Zucker, kippte den Inhalt eines Beutels in seine Tasse und goss Milch dazu. Mir fiel auf, dass er das alles nicht in der üblichen Reihenfolge tat, sondern genau umgekehrt.
    Als das Ritual abgeschlossen war, sagte er: »Es wäre doch ziemlich unsinnig von ihr gewesen, sich in Schweigen zu hüllen, wenn sie Sonia nicht getötet hätte, Gideon.«
    »Vielleicht hatte sie Angst, dass die Polizei ihre Aussage verfälschen würde. Oder auch der Ankläger, falls sie in den Zeugenstand gerufen würde.«
    »Sicher. Es ist durchaus möglich, dass diese Leute das versucht hätten. Aber ihre Anwälte hätten bestimmt keines ihrer Worte verfälscht, wenn sie bereit gewesen wäre, sich zu äußern.«
    »Hat mein Vater sie geschwängert?«
    Er hatte die Tasse gehoben, aber jetzt setzte er sie schlagartig wieder ab. Er schaute zum Fenster hinaus, wo das Paar mit dem Kindersportwagen eine Tasche, zwei Babyfläschchen und ein Paket Wegwerfwindeln abgeladen und den Wagen auf die Seite gekippt hatten. Der Mann rückte dem festgeklemmten Rad jetzt mit dem Absatz seines Schuhs zu Leibe. Raphael sagte leise: »Das hat doch mit dem Problem nichts zu tun«, und ich wusste, dass er nicht von dem manövrierunfähigen Kinderwagen sprach.
    »Wie kannst du das sagen? Woher willst du das wissen? Hat er sie geschwängert? Und was war der Grund dafür, dass die Ehe meiner Eltern in die Brüche gegangen ist?«
    »Wenn eine Ehe in die Brüche geht, können nur die beiden Partner sagen, wie es dazu kam.«
    »Gut. Akzeptiert. Aber was ist mit meiner anderen Frage? Hat er Katja geschwängert?«
    »Was sagt er denn dazu? Hast du ihn gefragt?«
    »Er sagt Nein. Aber es ist doch klar, dass er das sagt.«
    »Na bitte, dann hast du deine Antwort.«
    »Wer könnte es getan haben?«
    »Vielleicht der Untermieter. James Pitchford war in sie verliebt. Vom ersten Tag an. Und er hat sich nie davon erholt.«
    »Aber ich dachte, James und Sarah-Jane ... In meiner Erinnerung gehören die beiden zusammen, James, der Untermieter, und Sarah-Jane. Ich habe sie von meinem Fenster aus abends weggehen sehen. Und ich habe sie in der Küche tuscheln sehen.«
    »Ich vermute, das war vor Katja.«
    »Wieso?«
    »Weil er nach ihrer Ankunft fast jede freie Minute mit ihr verbrachte.«
    »Katja hat also Sarah-Jane in mehr als einer Hinsicht verdrängt?«
    »Das könnte man sagen, ja, und ich sehe schon, worauf du hinaus willst. Aber sie war mit James Pitchford zusammen, als Sonia ertrank. James hat das bestätigt. Er hatte keinen Grund, für sie zu lügen. Wenn, dann hätte er für die Frau, die er liebte, gelogen. Ich denke sogar, wenn Sarah-Jane zum Zeitpunkt von Sonias Ermordung nicht mit James zusammen gewesen wäre, hätte er Katja jederzeit ein Alibi gegeben, auf Grund dessen man ihr zwar Pflichtverletzung und fahrlässige Tötung hätte vorwerfen können, aber keinesfalls Mord.«
    »Aber es war Mord«, sagte ich nachdenklich.
    »Nach Berücksichtigung aller Fakten, ja.«

25. Oktober
    Nach Berücksichtigung aller Fakten, hat Raphael Robson gesagt. Und eben danach suche ich doch, nach den Fakten.
    Sie antworten nicht. Ihr Gesicht bleibt ausdruckslos, Sie verhalten sich ganz so, wie es Ihnen als Assistenzärztin in der Psychiatrie oder als Studentin oder was weiß ich beigebracht wurde, und warten auf meine Erklärung dafür, warum ich mich so entschlossen auf dieses Gebiet konzentriert habe. Angesichts dieser abwartenden Haltung gerät mein Redefluss ins Stocken. Ich beginne, mich selbst zu

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