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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ab. Er dachte nicht nur über das Schicksal Malcolm Webberlys nach, er zerbrach sich auch den Kopf über seine eigenen Unzulänglichkeiten und darüber, wie sie seine Fähigkeit beeinflussten, mit den Irrungen und Wirrungen dieser Untersuchung umzugehen.
    Er musste auf jeden Fall das Problem Esme anpacken. Wie, das würde ihm schon noch einfallen, aber dass er es anpacken musste, lag auf der Hand. Denn wäre er nicht durch Esmes Befürchtungen bezüglich des neuen Freundes ihrer Mutter - ganz zu schweigen von seiner eigenen Reaktion darauf, dass Bridget Ersatz für ihn gefunden hatte - abgelenkt gewesen, so hätte er sich ganz bestimmt erinnert, dass J.W. Pitchley alias James Pitchford früher einmal Jimmy Pytches gewesen war, dessen Verwicklung in den Tod eines Säuglings in Tower Hamlets vor langer Zeit für alle Boulevardblätter Londons ein gefundenes Fressen gewesen war.
    Nicht zum Zeitpunkt des Todes besagten Säuglings natürlich, der Fall hatte sich nach der Obduktion rasch geklärt; nein, Jahre später, als in Kensington wieder ein Kind gestorben war.
    Als die Frau vom Yard dieses pikante Detail zum Besten gegeben hatte, war Leach schlagartig alles wieder eingefallen. Er versuchte sich einzureden, dass er die Information aus dem Speicher seines Gedächtnisses gelöscht hätte, weil sie nichts weiter gebracht hatte als einen Haufen Ärger für Pitchford während der Ermittlungen wegen des Tods der kleinen Davies. Tatsächlich jedoch hätte er sich daran erinnern müssen, und es war nur Bridget und ihrem neuen Freund und insbesondere der Sorge seiner Tochter wegen Bridgets Freund zuzuschreiben, dass ihm die Sache vorübergehend entfallen war. Aber er konnte sich nicht erlauben, irgendetwas zu diesem lang zurückliegenden Fall zu vergessen, weil es immer wahrscheinlicher wurde, dass es zwischen dem Fall von damals und dem von heute eine Verbindung gab, die so leicht nicht aus der Welt zu schaffen sein würde.
    Ein Constable schaute kurz bei ihm herein und sagte: »Wir haben jetzt den Typen aus West Hampstead hier, mit dem Sie sprechen wollten, Sir. Sollen wir ihn in einen Vernehmungsraum bringen?«
    »Ist er mit seinem Anwalt hier?«
    »Was sonst? Der geht wahrscheinlich morgens nicht mal mehr auf die Toilette, ohne dass er vorher seinen Anwalt fragt, auf wie viel Blatt Klopapier er ein Anrecht hat.«
    »Dann bringen Sie ihn in einen Vernehmungsraum«, sagte Leach. Er wollte Anwälten keinen Anlass geben, zu glauben, sie hätten es geschafft, ihn einzuschüchtern, aber genau das würde Pitchford-Pitchleys Anwalt sich vermutlich einbilden, wenn er ihn mit seinem Mandanten in sein Büro bat.
    Er nahm sich ein paar Minuten Zeit, um mit einem Anruf Pitchleys Wagen freizugeben. Den Porsche noch länger unter Verschluss zu halten würde nichts bringen, und Leach war überzeugt, dass sie dank ihren Kenntnissen über Details aus James Pitchfords Vergangenheit stärkeren Druck auf den Mann ausüben konnte als mit der Beschlagnahmung des Wagens.
    Nach dem Telefonat holte er sich einen Becher Kaffee und ging in das Vernehmungszimmer, wo Pitchley-Pitchford-Pytches - Leach begann ihn der Einfachheit halber im Stillen Mr. P zu nennen - und sein Anwalt, die bereits am Tisch Platz genommen hatten, ihn erwarteten. Azoff rauchte trotz des unübersehbaren Rauchverbotsschilds, seine Art, kundzutun, dass sie alle miteinander ihn mal könnten, und Mr. P fuhr sich unablässig mit beiden Händen durch die Haare, als wollte er seinem Hirn eine gründliche Massage verpassen.
    »Ich habe meinem Mandanten geraten, keine Aussage zu machen«, begann Azoff ohne ein Wort der Begrüßung. »Obwohl er sich bisher in jeder Hinsicht kooperativ gezeigt hat, ist das von Ihnen in keiner Weise gewürdigt worden.«
    »Gewürdigt?«, wiederholte Leach ungläubig. »Was glauben Sie eigentlich, wo wir hier sind, Mann? Wir ermitteln in einem Mordfall, und wenn wir die Hilfe Ihres Mandanten brauchen, dann bekommen wir sie auch, darauf können Sie sich verlassen.«
    »Ich sehe keinen Anlass zu weiteren derartigen Treffen, wenn Sie keine konkreten Vorwürfe gegen ihn erheben«, konterte Azoff.
    Woraufhin Mr. P den Kopf hob und ihn so wütend anstarrte, als wollte er sagen, was laberst du da für einen Mist, du Vollidiot? Leach gefiel das; ein Unschuldiger hätte seinen Anwalt sicher nicht mit diesem mörderischen Blick durchbohrt, nur weil der von »Vorwürfen« gesprochen hatte. Ein Unschuldiger hätte bestätigend genickt und den Bullen herausfordernd

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