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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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glaubte, ich wäre gekommen, um ihren Rat einzuholen, und beeilte mich, sie zu belehren. Zum Glück brauche ich ihr Spezialistenwissen nicht, versicherte ich mit herzlicher Munterkeit. Nein, ich sei gekommen, um sie ein wenig über Katja Wolff auszufragen, wenn sie nichts dagegen habe. Ich würde den Zeitaufwand selbstverständlich bezahlen, da ich ja wohl mit meinem Anliegen einem Klienten die Stunde wegnähme. Aber - hm, Schwierigkeiten der Art, wie sie ihr täglich Brot waren ...? Ha, ha, kicher, kicher. Nun, im Augenblick gebe es keinerlei Anlass für eine Intervention dieser Art.
    »Na wunderbar. Freut mich, das zu hören!«, sagte Katie und setzte sich bequemer in ihren Lehnsessel, dessen Bezug in Herbstfarben gehalten war, jenen Tönen ähnlich, in denen das Wartezimmer und der Korridor ausgestattet waren. Es war ein äußerst stabiles Möbel, was angesichts von Katies Leibesumfang zweifellos notwendig war. Die fünfundzwanzigjährige Studentin, die früher so oft bei uns zu Hause in der Küche gesessen hatte, war pummelig gewesen, jetzt aber war Katie Waddington schlicht fett, so unförmig, dass sie in keinen Kino- oder Flugzeugsitz mehr passte. Aber sie kleidete sich immer noch in Farben, die ihr schmeichelten, und der Schmuck, den sie trug, war geschmackvoll und sah teuer aus. Dennoch hatte ich Mühe, mir vorzustellen, wie sie es schaffte, sich durch die Stadt zu bewegen. Und noch weniger konnte ich mir vorstellen, dass irgendjemand ihr seine tiefsten libidinösen Geheimnisse anvertrauen würde. Aber es war offensichtlich, dass meine Aversion nicht von allen geteilt wurde.
    Das Institut sah nach einem florierenden Unternehmen aus, und mir war es nur deshalb gelungen, zu Katie vorzudringen, weil ein Klient kurz zuvor seine Sitzung abgesagt hatte.
    Ich erklärte ihr, ich sei gerade dabei, die Erinnerungen an meine Kindheit aufzufrischen, und da sei sie mir wieder eingefallen. Sie habe doch oft in der Küche gesessen, wenn Katja Sonia gefüttert hatte, und da ich keine Ahnung hätte, wo Katja sich derzeit aufhalte, wollte ich sie - Katie - bitten, mir zu helfen, diese oder jene Lücke in meiner Erinnerung zu füllen.
    Zum Glück fragte sie nicht, wie es bei mir zu diesem plötzlichen Interesse an der Vergangenheit gekommen war. Und sie unterließ es auch, vom Gipfel ihres beruflichen Wissens herab einen Kommentar dazu abzugeben, was diese Erinnerungslücken bei mir möglicherweise bedeuten könnten. Stattdessen sagte sie: »Im Kloster haben sie uns immer nur die zwei KWs genannt. ›Wo sind die KWs?‹, hieß es immer. ›Hol doch mal jemand die beiden KWs, damit sie sich das ansehen können.‹«
    »Sie waren also eng befreundet?«
    »Ich war nicht die Einzige, die sich ihr näherte, als sie ins Kloster kam. Aber unsere Freundschaft ... na ja, sie ging ziemlich tief. Man könnte schon sagen, dass wir damals eng befreundet waren, ja.«
    Auf einem niedrigen Tisch neben ihrem wuchtigen Sessel stand ein kunstvoll gearbeiteter Vogelbauer mit zwei Wellensittichen darin, der eine leuchtend blau, der andere grün. Beim Sprechen öffnete Katie die Käfigtür, packte den blauen Vogel blitzschnell mit ihrer feisten Hand und holte ihn heraus. Er schimpfte und hackte zornig nach ihren Fingern. »Na, na, Joey«, sagte sie und griff nach einem Zungenspatel. Im ersten Moment glaubte ich erschrocken, sie wolle den Vogel damit schlagen. Aber sie strich ihm statt dessen sanft über Kopf und Hals, so dass er sich beruhigte. Ja, das Streicheln schien den Vogel förmlich zu hypnotisieren, und mir erging es nicht viel anders, während ich fasziniert beobachtete, wie die Augen des Vogels sich langsam schlossen. Katie öffnete die Faust, und das Tier sank entspannt in ihre offene Hand.
    »Therapeutisch«, erklärte sie mir, während sie die Massage fortsetzte, nun mit den Fingerspitzen, da der Vogel sich beruhigt hatte. »Das senkt den Blutdruck.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Vögel an hohem Blutdruck leiden können.«
    Sie lachte leise. »Nicht Joeys Blutdruck. Meinen. Ich leide, wie nicht zu übersehen, an krankhafter Fettleibigkeit. Mein Arzt prophezeit mir, dass ich keine Fünfzig werde, wenn ich nicht schleunigst mindestens sechzig Kilo abnehme. ›Sie sind nicht dick auf die Welt gekommen‹, sagt er immer. ›Nein, aber ich bin's geworden und geblieben‹, sag ich dann. Es ist eine wahnsinnige Belastung für das Herz, und der Blutdruck steigt, dass einem schwindlig werden kann. Aber irgendwas bringt uns alle früher oder

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