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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Schicksal zu besiegeln. Ich hatte das den Zeitungsausschnitten unter der Schlagzeile »Falschaussage des Kindermädchens vor der Polizei« entnommen. Bei ihrem einzigen Gespräch mit den Ermittlern hatte Katja Wolff behauptet, ein Anruf von Katie Waddington hätte sie an dem Abend, an dem Sonia umkam, veranlasst, das Badezimmer zu verlassen, jedoch höchstens eine Minute lang gedauert. Aber Katie Waddington hatte unter Eid ausgesagt, dass sie zu dem Zeitpunkt des angeblichen Telefongesprächs in einem Abendkurs gesessen hatte. Die Aussage des zuständigen Lehrers hatte ihre Aussage bestätigt. Für Katja Wolff, deren Verteidigung ohnehin auf schwachen Füßen stand, war dies ein schwerer Schlag gewesen.
    Aber Moment mal! Du lieber Gott, hatte vielleicht auch Katie Waddington ein Auge auf James, den Untermieter, geworfen gehabt? Hatte sie die Ereignisse vielleicht gar irgendwie inszeniert, um Katja Wolff als Konkurrentin aus dem Weg zu räumen?
    Als spürte sie, was da in meinen Gedanken schwärte, führte Katie das Thema, das sie zur Sprache gebracht hatte, weiter aus.
    »Katja interessierte sich nicht für James. Für sie war er nur jemand, der ihr mit der Sprache weiterhelfen konnte, und ich denke, wenn man es genau nimmt, hat sie ihn benützt. Sie merkte natürlich, dass er sich wünschte, sie würde ihre freie Zeit mit ihm verbringen, und sie tat es gern, solange sie in dieser freien Zeit Sprachunterricht erhielt. James war damit zufrieden. Ich vermute, er hoffte, sie würde sich irgendwann in ihn verlieben, wenn er nur nett genug zu ihr wäre.«
    »Er könnte also der Mann sein, der sie damals geschwängert hat?«
    »Als Bezahlung für die Englischstunden, meinen Sie? Das bezweifle ich. Sex als Gegenleistung für irgendetwas, das wäre nicht Katjas Stil gewesen. Dann hätte sie ja auch Hannes Hertel Sex anbieten können, damit er sie in seinem Ballon mitnimmt. Aber sie wählte einen ganz anderen Weg, einen gefährlichen Weg, der sie leicht ins Verderben hätte führen können.« Katie, die aufgehört hatte, den blauen Wellensittich zu streicheln, beobachtete den Vogel, der langsam wieder munter wurde. Zuerst glätteten sich die gespreizten Schwanzfedern, dann legte er die Flügel an, und zuletzt öffnete er die Augen und zwinkerte verwundert.
    Ich sagte: »Dann hat sie jemand anderen geliebt. Sie müssen doch wissen, wer es war.«
    »Ich weiß nichts davon, dass sie irgendjemanden geliebt hat.«
    »Aber wenn sie schwanger war -«
    »Seien Sie doch nicht naiv, Gideon. Ein Frau braucht nicht verliebt zu sein, um schwanger zu werden. Sie braucht nicht einmal willens zu sein.« Sie setzte den blauen Vogel wieder in den Käfig.
    »Wollen Sie sagen -« Ich konnte es nicht einmal aussprechen, so entsetzt war ich bei der Vorstellung, was Katja Wolff widerfahren sein könnte und durch wen.
    »Nein, nein«, beschwor Katie hastig. »Sie wurde nicht vergewaltigt. Das hätte sie mir gesagt. Davon bin ich überzeugt. Ich meinte etwas anderes mit meiner Bemerkung ...« Sie zögerte und nahm sich einen Moment Zeit, um den grünen Vogel aus dem Käfig zu holen und bei ihm die gleiche Behandlung zu beginnnen, die soeben der blaue erhalten hatte. »Wie ich vorhin schon sagte, sie hat ab und zu ganz gern mal was getrunken. Nicht viel und nicht oft. Aber wenn sie getrunken hat ... na ja sie wusste häufig hinterher nicht mehr, was vorgefallen war. Es ist also gut möglich, dass sie selbst keine Ahnung hatte ... Das ist die einzige Erklärung, auf die ich gekommen bin.«
    »Erklärung wofür?«
    »Dass ich von ihrer Schwangerschaft nichts wusste«, antwortete Katie. »Wir haben einander immer alles erzählt. Für mich ist die Tatsache, dass sie zu mir nie ein Wort von ihrer Schwangerschaft gesagt hat, ein Beweis dafür, dass sie selbst keine Ahnung hatte. Es sei denn, sie wollte geheim halten, wer der Vater war.«
    In diese Richtung wollte ich nicht weiter vordringen, darum sagte ich: »Wenn sie an ihrem freien Abend getrunken hat und sich in betrunkenem Zustand einmal mit einem Mann einließ, den sie nicht kannte, wollte sie vielleicht nicht, dass das herauskommt. Sie hätte ja dann nur noch schlechter dagestanden, nicht wahr? Besonders beim Prozess. Denn es wurde ja über ihre Persönlichkeit gesprochen, wie ich hörte.« Oder zumindest Sarah-Jane Beckett hatte das getan.
    »Ja, und ich hätte mich gern als Leumundszeugin zur Verfügung gestellt«. Katie hörte einen Moment auf, den Kopf des grünen Wellensittichs zu streicheln.

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