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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dem Anrufbeantworter einzige moderne Gerät im Haus, eine Nähmaschine, neben der ein ansehnlicher Stapel winziger Kleidungsstücke lag. Puppenkleider, wie Barbara bei Durchsicht feststellte, alle mit Liebe entworfen und mit Liebe gearbeitet. Puppen allerdings waren nirgends zu sehen, weder im Näh- noch im Schlafzimmer nebenan.
    Dort nahm Barbara sich als Erstes die Kommode vor. Was sie an Wäsche und anderen Kleidungsstücken darin fand, war - selbst an ihren Maßstäben gemessen - armselig: abgetragene Schlüpfer, ausgeleierte Büstenhalter, ein paar Pullis, ein kleines Häufchen Strumpfhosen. Da es keinen Kleiderschrank gab, hatten auch die wenigen Röcke, langen Hosen und Kleider, die die Frau ihr Eigen genannt hatte, säuberlich gefaltet in der Kommode Platz gefunden.
    Ganz hinten in der Schublade mit den Hosen und Röcken entdeckte Barbara ein Bündel Briefe. Sie holte es heraus, nahm das Gummiband ab, das es zusammenhielt, und breitete die Briefe auf dem Bett aus. Alle waren von derselben Hand geschrieben. Sie wollte ihren Augen nicht trauen. Sie kannte diese schwarzen, energischen Schriftzüge!
    Die Briefe waren alt. Die Poststempel auf den Umschlägen zeigten Daten, die bis zu siebzehn Jahren zurücklagen, das letzte Datum etwas mehr als zehn Jahre. Sie nahm den Brief zur Hand und zog das Schreiben aus dem Umschlag.
    Er nannte sie »Eugenie, meine Liebste«. Er schrieb, er wisse nicht, wie er beginnen solle, und schrieb genau das, was Männer immer schreiben oder sagen, wenn sie behaupten, nach schwerem Ringen zu dem Entschluss gelangt zu sein, der von Beginn an feststand: Sie dürfe niemals daran zweifeln, dass er sie mehr als sein Leben liebe; sie solle wissen und niemals vergessen, dass er sich in den mit ihr verbrachten Stunden zum ersten Mal seit langem wieder lebendig gefühlt habe - wahrhaft und wunderbar lebendig, du, meine Liebste!
    Barbara verdrehte gequält die Augen. Sie ließ den Brief sinken und nahm sich einen Moment Zeit, um seinen Inhalt und die Tragweite ihres Funds zu bedenken. Weiter lesen oder nicht, Barb?, fragte sie sich. Wenn ja, würde sie sich irgendwie unsauber fühlen, wenn nein, unprofessionell.
    Sie las wieder weiter. Er war, las sie, mit der Absicht nach Hause gefahren, seiner Frau alles zu sagen. Er hatte seinen Mut hochgeschraubt, so weit es ging - Barbara schnitt eine Grimasse über diese Anleihe bei Shakespeare -, und sich Eugenies Bild fest vor Augen gehalten, damit es ihm die Kraft gäbe, einer Frau, der man nichts vorwerfen konnte, einen vielleicht tödlichen Schlag zu versetzen. Aber er habe sie krank vorgefunden -»Eugenie, Liebste« -, die Art der Erkrankung könne er in einem Brief nicht beschreiben, aber bei ihrem nächsten Wiedersehen würde er ihr alles bis ins letzte hoffnungslose Detail erklären. Das solle auf keinen Fall heißen, dass sie nicht am Ende doch noch zusammenkommen würden, dass sie etwa keine gemeinsame Zukunft hätten. Es solle vor allem nicht heißen, dass das, was zwischen ihnen gewesen war, keine Bedeutung habe. Dem sei gewiss nicht so.
    »Warte auf mich«, schloss er. »Ich bitte dich. Ich werde zu dir kommen, Liebste.« Und unterschrieben war der Brief mit dem Krakel, den Barbara seit Jahren kannte, von Rundschreiben, Weihnachtskarten, Dienstanweisungen, Aktennotizen.
    Wenigstens weiß ich jetzt, warum ich auf dem Fest bei Webberly so ein ungutes Gefühl hatte, dachte sie, als sie den Brief wieder in den Umschlag steckte. Dieses ganze herzliche Getue, um fünfundzwanzig Jahre Heuchelei zu feiern.
    »Havers?« An der Tür stand Lynley, die Brille auf der Nasenspitze, in der Hand eine Grußkarte. »Hier haben wir etwas, das zu einer der telefonischen Nachrichten passt. Was haben Sie gefunden?«
    »Tauschen wir«, sagte sie und reichte ihm den Brief.
    Die Karte, die er ihr dafür gab, war von einer Person namens Lynn. Der Umschlag trug einen Londoner Poststempel, aber keinen Absender. Der Text war kurz:
    Vielen Dank für die schönen Blumen, liebe Eugenie, und dein Kommen, das mir sehr viel bedeutet hat. Das Leben geht weiter, das weiß ich. Aber es wird natürlich nie wieder so sein wie früher.
    Herzlichst, Lynn.
    Barbara sah sich das Datum an: Das Schreiben war gerade eine Woche alt. Sie stimmte Lynley zu; der Tenor legte nahe, dass es von der Frau kam, die die Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte.
    »O verdammt!« Das war Lynleys Reaktion auf den Brief, den er von Barbara bekommen hatte. Er wies zu den übrigen Briefen auf

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