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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dürfen nicht verzweifeln. Gottes Wege sind unerforschlich, und keiner von uns kann sie begreifen. Wir können nur versuchen, die Prüfungen, die er uns auferlegt, zu bestehen, in dem Wissen, dass sie einen Sinn haben, den wir vielleicht im Moment nicht erkennen können. Aber eines Tages werden wir ihn erkennen, liebe Freundin. Daran müssen Sie glauben. Wir alle vermissen Sie bei der Morgenmesse und hoffen von Herzen, dass Sie bald zu uns zurückkehren werden. Die Liebe Christi und die meine begleiten Sie, Eugenie. Cecilia.
    Lynley schob das Blatt Papier wieder in den Umschlag und schlug das Buch zu. »Kloster der Unbefleckten Empfängnis, Havers«, rief er.
    »Wollen Sie mir empfehlen, meinen Lebenswandel zu ändern, Sir?«
    »Nur wenn Sie das Bedürfnis dazu haben. Nein, lassen Sie uns daran denken, dieses Kloster ausfindig zu machen. Wir suchen jemanden namens Cecilia, falls die Frau überhaupt noch am Leben ist, und ich vermute, wir werden sie dort finden.«
    »In Ordnung.«
    Lynley war Barbara während dieses kurzen Austauschs in die Küche gefolgt und sah sich um. Die gleiche Kargheit wie im Wohnzimmer. So wie es aussah, war hier seit mehreren Generationen nichts erneuert worden, das einzige halbwegs moderne Stück war der Kühlschrank, der allerdings auch schon mindestens fünfzehn Jahre auf dem Buckel zu haben schien.
    Der Anrufbeantworter stand auf einer schmalen Arbeitsplatte aus Holz neben einem Pappmacheeständer, in dem mehrere Briefe steckten. Lynley nahm sie heraus, während Havers zu dem kleinen Küchentisch mit den zwei Stühlen ging, der an der einen Wand stand. Auf ihm war eine kleine Fotoausstellung aufgebaut: drei ordentliche Reihen mit jeweils vier gerahmten Fotografien boten sich hier dem interessierten Betrachter dar. Die Briefe in der Hand, trat Lynley zu Barbara, als diese sagte: »Ob das wohl ihre Kinder sind? Was meinen Sie, Inspector?«
    In der Tat zeigten alle Aufnahmen dasselbe Sujet: zwei Kinder, die sich mit jedem Foto ein wenig weiterentwickelten. Auf dem ersten sah man einen kleinen Jungen - vielleicht fünf oder sechs Jahre alt -, der ungeschickt einen Säugling auf dem Arm hielt, ein kleines Mädchen, wie sich bei Besichtigung der späteren Bilder erwies. Der Junge wirkte mit seinem großäugig strahlenden Lächeln voll ängstlichen Eifers von der ersten bis zur letzten Aufnahme gleich bemüht zu gefallen. Das kleine Mädchen hingegen schien meist gar nicht zu bemerken, dass eine Kamera auf sie gerichtet war. Sie sah nach rechts, nach links, nach oben, nach unten. Nur einmal - da lag die Hand ihres Bruders an ihrer Wange - war es jemandem gelungen, sie dazu zu bewegen, in die Kamera zu blicken.
    Havers sagte gewohnt unverblümt: »Sir, irgendwas stimmt bei der Kleinen nicht, oder? Das ist doch das Kind, das gestorben ist, nicht? Von dem Ihnen der Superintendent erzählt hat. Richtig?«
    »Wir müssen uns das erst von jemandem bestätigen lassen«, meinte Lynley. »Es könnte auch ein anderes Kind sein. Eine Nichte oder ein Enkelkind.«
    »Aber was denken Sie?«
    »Ja«, sagte Lynley, »ich denke, es ist das kleine Mädchen, das damals ertrunken ist.« Und nicht infolge eines Unglücksfalls, wie man zunächst hatte glauben wollen.
    Das Bild konnte nicht lange vor ihrem Tod gemacht worden sein. Webberly hatte ihm erzählt, dass sie mit zwei Jahren gestorben war, und Lynley hatte den Eindruck, dass sie zum Zeitpunkt dieser letzten Aufnahme nicht wesentlich jünger gewesen war. Aber Webberly hatte ihm nicht alles erzählt. Das erkannte er jetzt bei näherer Betrachtung der Fotografie.
    Er spürte, wie Argwohn und Verdacht erwachten.
    Und diese Regungen gefielen ihm beide nicht.

5
    Major Ted Wiley dachte nicht an Polizei, als drüben auf der anderen Straßenseite der silberne Bentley anhielt. Er stand in seiner Buchhandlung an der Kasse, um den Einkauf einer jungen Frau mit schlafendem Kind im Buggy abzurechnen, und anstatt der Luxuskarosse, die außerhalb der Regattasaison in der Friday Street parkte, nähere Aufmerksamkeit zu schenken, begann er mit der jungen Frau ein Gespräch. Die vier Bücher von Dahl, die sie offensichtlich nicht für sich selbst ausgesucht hatte, schienen ihm Beweis dafür, dass sie zu den wenigen modernen jungen Eltern gehörte, die erkannten, wie wichtig es war, einem Kind so früh wie möglich das Lesen nahe zu bringen. Dies war neben den Gefahren des Rauchens eines von Teds Lieblingsthemen. Er und seine Frau hatten ihren drei Töchtern regelmäßig

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