110 - Herrin der Seelen
dem Weg zum Steinbruch abfangen konnten, kam er an. Die stämmige Gestalt mit dem Gamsbarthut war unverkennbar.
Burian redete mit einem hochgewachsenen, hageren Mann, der offenbar bei all den Arbeiten im Steinbruch die Aufsicht führte. Ohne Zeit zu verlieren, ging er dann zu den Leuten, die die Luguri- Menhire bearbeiteten. Er nahm einen Elektromeißel zur Hand und war im nächsten Augenblick von Gesteinsstaub umhüllt. Nach zwei Minuten schon zog er seine grüne Jacke aus.
„Jetzt müssen wir ihn doch aus dem Steinbruch herausholen", sagte Abi Flindt. „Ich hoffe, Hermes Trismegistos kann uns vor den Besessenen und ihren Herren, den Dämonen, schützen."
Er nahm Ungas Worte, Hermes Trismegistos habe Burian Wagners Befreiung und alles weitere angeordnet, ernst.
Coco Zamis, Unga und Abi Flindt machten sich auf den Weg. Sie stiegen den Hang hinunter und drangen dann rechts oberhalb der Zaunabsperrung in den Steinbruch vor.
Die Sonne war nun schon fast hinter den Baumwipfeln verschwunden, Schwere, graue Wolken hingen am Himmel. Ein kalter Wind rauschte in den Wipfeln der Bäume.
Die Besessenen kümmerten sich nicht um die beiden Männer und die schöne, junge Frau. Sie gingen stur ihrer Arbeit weiter nach, ohne sich auch nur eine Minute Pause zu gönnen.
Der Lärm war ohrenbetäubend. Den Männern und. Frauen, die angestrengt arbeiteten, lief der Schweiß in Strömen herunter. In all den Stunden, die Coco, Unga und Abi Flindt die Arbeiter im Steinbruch beobachteten, hatte keiner einen Bissen zu sich genommen oder einen Schluck zur Erfrischung getrunken.
Der hochgewachsene, hagere Mann kehrte den dreien den Rücken zu. Sie gingen direkt zu Burian Wagner, der auf der rechten Seite des Steinbruchs bei den Hütten und Schuppen arbeitete. Von den sieben Luguristatuen waren vier inzwischen fast fertig, und an den anderen gab es auch nicht mehr viel zu tun.
Coco hielt sich die Ohren zu. Der Sattelschlepper zog an Stahlseilen vier schwere Felsblöcke zu den Gesteinssägen. Arbeiter hängten den ersten Block an die Laufkatze. Ein Mann bediente den Kran mit einer einfachen Hebelsteuerung.
Coco packte Burian am Arm. Burian schüttelte ihre Hand ab, gönnte ihr nicht einmal einen Blick und arbeitete weiter an seiner Luguristatue. Er stand unter dem Gerüst, das einen der sieben Menhire umgab. Oben auf dem Gerüst machten zwei Männer und eine Frau mit Hammer und Meißel die letzten Feinarbeiten an den übereinander, befindlichen Blutnäpfchen. Burian rundete den Menhir unten ab. Die Luguristatue war schon grob herausgemeißelt. Zwei Männer kamen mit Fäusteln und Steinmetzmeißeln, um die Details an der Statue herauszuarbeiten.
„Burian", sagte Coco, „sieh mich an!"
„Laß mich in Ruhe!" brummte Burian.
Er stellte nicht einen Augenblick seinen Elektromeißel ab. „Die Menhire müssen fertig werden, Luguri will es."
„Erkennst du mich nicht mehr?" rief Coco über den Lärm hinweg, als Burian den Elektromeißel wieder auf dem Stein ansetzte.
Er antwortete nicht.
„Unga", sagte Coco, „halte ihn fest, damit ich ihn hypnotisieren und den Bann brechen kann!"
Der hünenhafte Cro Magnon entriß Burian Wagner den Elektromeißel, hob den untersetzten Mann in die Luft und preßte ihm die Arme gegen die Brust.
Burian sträubte sich aus Leibeskräften.
Unga trat etwas von den Menhir und dem Gerüst zurück. Coco und Abi Flindt folgten seinem Beispiel. Sie gerieten in den Gesichtskreis der dreiarmigen Statue mit dem Fratzengesicht, das dem eines gotischen Wasserspeiers ähnelte.
Coco wollte Burian in die Augen blicken und ihn hypnotisieren. Da hielten plötzlich, wie auf einen lautlosen Befehl, alle Dämonendiener in ihrer Arbeit inne. Von einer Sekunde zur anderen herrschte völlige Stille im Steinbruch. Der hagere Mann, der Aufsichtführende in diesem Steinbruch, drehte sich um und wandte sich Coco, Unga und Abi Flindt zu.
Der Cro Magnon hielt den zappelnden Burian Wagner fest. Stoisch ertrug er die Schmerzen, als der Bayer ihm mit den Absätzen so fest er konnte, gegen die Schienbeine trat.
Der hagere Aufseher hatte ein hohlwangiges, bleiches Gesicht und rotglühende Augen. Als er den Mund öffnete, entblößte er lange Eckzähne. Er war ein Vampir, ein echter Dämon, der sich auch dem Sonnenlicht aussetzen konnte.
Langsam kam er auf die drei zu. Von allen Seiten rückten die Besessenen, mit schweren Hämmern, Meißeln, Preßlufthämmern und Elektromeißeln näher. Die Werkzeuge konnten leicht zu
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