1100 - Der Frostrubin
Schutzschirm abgeschaltet hatte, sprang Rhodan auf ein kleines Felsenplateau. Er überprüfte den Quickmesser und sah, dass die Atmosphäre atembar war. Entschlossen öffnete er den Helm und kletterte zwischen den Felsen in Richtung Gipfel. Er wollte dorthin, wo es besonders viele von diesen organischen Fragmenten gab. Ein innerer Drang trieb ihn dazu. Taurec stand am Rand der Plattform und beobachtete ihn kopfschüttelnd.
Aus einem Pulk von Körperteilen glitt etwas hervor, das wie ein menschliches Knie aussah. Rhodan schaltete sein Flugaggregat ein und hob von den Felsen ab. „Was tust du?" schrie Taurec besorgt. „Ich habe es geahnt!" gab Rhodan. zurück. „Da ist etwas Menschliches." Er hatte nicht aufgepasst und prallte gegen einen überhängenden Felsen. Da er ganz in der Nähe des Knies war, hielt er sich an einem spitzen Stein fest. Das Knie schwebte zwischen einem roten Hautlappen und einem fremdartigen, grün leuchtenden Organ.
Rhodan hatte das Gefühl, der Antwort auf dieses vermeintliche Chaos ganz nahe zu sein. Er streckte einen Arm aus und versuchte, nach dem Knie zu greifen, um es zu sich heranzuziehen. In diesem Augenblick schien die Landschaft ringsum einen regelrechten Riss zu bekommen. Schwärze ergoss sich über den Planeten. Rhodan schrie auf. Er erhielt einen fühlbaren Stoß. Die Umgebung versank im Nichts.
Beinahe gleich3eitig tauchte aus der Dunkelheit eine völlig andere Planetenlandschaft. Es war Nacht, aber drei kupferfarbene Monde übergossen eine malerische Ansammlung bewaldeter Hügel mit genügend Licht, um Rhodan eine Orientierung zu ermöglichen. Er war noch immer außerhalb der SYZZEL, die jetzt an einem Baumstamm lehnte. „Komm lieber zurück!" rief Taurec von der Plattform aus. „Das kann jeden Augenblick erneut passieren, dann werden wir vielleicht getrennt." Die Stimme erreichte nur Rhodans Unterbewusstsein; sein gepeinigter Verstand war mit der Umsetzung der vermeintlichen Realität so sehr beschäftigt, dass er sich in die Enge getrieben fühlte. Trotzdem wankte Rhodan auf die Plattform zu, seine Blicke waren ins Leere gerichtet. Zum erstenmal verlor Taurec seine sprichwörtliche Freundlichkeit, denn er schien zu spüren, was mit Rhodan los war. Er stieß eine Verwünschung aus, sprang von der Plattform und eilte Rhodan entgegen, um ihn auf die SYZZEL zu ziehen.
Rhodan klammerte sich wie ein Ertrinkender an ihn. Über Taurecs Schulter hinweg sah er aus einem der Wäldchen einen kleinen Schwarm von Körperteilen hervorschweben. Hier also auch! dachte er. Da fiel ihm ein, was ihn die ganze Zeit über unterschwellig beschäftigt hatte. Icho Tolots Bericht! Tolot war gegen Befehle von Seth-Apophis immun, seit er den mentalen Schock erlebt hatte. Auch andere Wesen, die im Bereich des Frostrubins arbeiteten, hatten diesen mentalen Schock erlitten. Was hatte Tolot gesagt?
Es war, als wenn gleichzeitig Millionen von Bewusstseinen auf ihn eingestürmt wären. Was, wenn der Haluter ebenfalls hier gewesen war, mitten im Frostrubin? Nicht körperlich natürlich, sondern nur mit seinem Bewusstsein und auch nur für einen kurzen Augenblick. Waren es die mentalen Stimmen dieser Körperfragmente, die er vernommen hatte? Rhodan erschauerte wie im Fieber. Und da sagte Taurec: „Es ist ein menschlicher Kopf dabei!"
Die Gefangene
Es war kein vollkommener Kopf, denn die Schädeldecke und eine Seite mit dem Ohr daran fehlten völlig. Trotzdem wirkte er nicht hässlich oder abstoßend. Auf seine besondere Weise war er ein komplettes Gebilde. Es war genügend an ihm erhalten, dass man deutlich sehen konnte, dass es sich um einen Frauenkopf handelte. Rhodan hoffte, dass sie nicht allzu schnell einer weiteren drastischen Ortsveränderung. unterworfen wurden, obwohl dies in diesem fünfdimensionalen Medium durchaus möglich war. „Hallo!" rief Rhodan. „Bist du verrückt?" herrschte Taurec ihn an. „Hier ist kein Mensch, der dich sehen oder hören kann!" Für Rhodan war es eine Erleichterung, dass er Taurec diesmal voraus war, auch wenn er nur wilden Spekulationen folgte. Der Kopf löste sich aus dem Schwarm und kam langsam auf die SYZZEL zugeflogen. Rhodan warf seinem Begleiter einen triumphierenden Seitenblick zu. „Ich hoffe, dass ich euch helfen kann", sagte der Frauenkopf. „Obwohl ich selbst der Hilfe bedürfte. Aber ich habe jede Hoffnung aufgegeben. Meine Lage lässt sich nicht ändern." Taurec stieß einen leisen, überraschten Pfiff aus. „Jetzt wird mir einiges
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