1101 - Die Rache des Griechen
gemacht, was ich bin. Ebenso wie meine Helfer. Er hat versprochen, sie zu Engeln zu machen, aber es waren besondere Engel. Dank seiner Kraft sind sie zu Marionetten geworden, die einzig und allein auf ihn und mich hören. Sie sehen aus wie Menschen, aber sie sind in Wirklichkeit etwas anderes. Marionetten einer anderen Welt. Sie atmen nicht, sie brauchen keine Nahrung, aber trotzdem leben sie. Das ist das Leben verkehrt. Das ist eine Folge der schwarzmagischen Seite. Es sind die Reste der Urzeit, die auch damals schon in Sodom zu finden waren. Ich habe sie übernommen. Mich hat der Engel umarmt. Mir hat er einen Teil seiner Seele eingehaucht, so daß ich ein Stück von ihm bin.«
Mit dem letzten Wort hatte er auch die letzte Scherbe in sein Gesicht gesteckt.
»Ich bin bereit für Nadine. Für deine Nadine. Wenn sie tatsächlich hier ist, dann soll sie sich zeigen. Azrael und ich haben auch vor einem Wesen aus Avalon keine Furcht.«
Leonidas bewegte sich jetzt durch das grüne Licht wie eine unheimliche Erscheinung. Er war ein Schwebender, der die Leichtigkeit einer anderen Dimension spürte. Er war nicht größer geworden, doch Johnny kam er so vor. Die Scherben hatten seine Machtfülle verstärkt, und er dachte noch längst nicht daran, seinen Plan zu ändern. Auf den Engel konnte er sich verlassen. Die Hand der Statue würde Johnny erst loslassen, wenn Leonidas es wollte. Er suchte Nadine.
Es machte ihn nervös, daß er sie weder sah noch hörte. Sie hatte sich versteckt, sie trieb vielleicht im Unsichtbaren, aber sie war zugleich eine Beobachterin, die alles unter Kontrolle hielt.
Johnny hatte eine Galgenfrist erhalten, und er kämpfte verbissen gegen den Schmerz an, der in seiner Hand brannte. Einige Tropfen seines Bluts waren bereits zu Boden gefallen und hatten dort Flecken hinterlassen.
Die Hölle von Sodom war groß. Leonidas ging weiter, und es dauerte nur wenige Sekunden, da war er aus dem Sichtfeld des Jungen verschwunden.
Johnny und der Engel blieben zurück. Aber auch die Schmerzen in der rechten Hand. Johnny hätte vieles darum gegeben, wenn es ihm gelungen wäre, die Hand aus dem festen Griff zu befreien.
Er startete einen Versuch.
Die Finger waren ihm eingeklemmt worden. Sie drückten aufeinander.
Sie klebten fest, und er zerrte und zupfte. Er drehte die Hand, auch wenn die Wunde sich dabei leicht veränderte und noch stärkere Schmerzen absandte.
Es war nicht möglich. Die andere Hand aus Stein drückte einfach zu hart zu.
Dann hörte er den Laut!
Zuerst wußte er nicht, wie er ihn einordnen sollte. Er hatte auch keine Ahnung, wer dieses leichte Stöhnen ausgestoßen haben konnte.
Leonidas nicht, der war zu weit von ihm entfernt. Auch Johnny hatte sich zusammengerissen und keinen Laut von sich gegeben.
Es gab nur noch eine Erklärung.
Er starrte auf den Engel. Das steinerne Gesicht mit den dunklen Augen glotzte ihn an, aber es hatte sich etwas verändert, denn Johnny sah, daß der Mund zuckte.
Leben - kehrte jetzt das Leben in ihn zurück? Würde er seine Starre völlig verlieren, um zu dem zu werden, der er einmal gewesen war?
Johnny konnte seinen Blick nicht lösen. Er irrte sich. Der Engel als Statue bewegte sich nicht. Hinter ihm im ungewöhnlich fremden Licht zeichnete sich etwas ab. Es war kein starres Bild, denn die Gestalt schaffte es, sich zu bewegen.
Sie hob einen Arm!
Johnny Conolly kam aus dem Staunen nicht heraus. Er konnte selbst keine Erklärung geben, es mußte an der magischen Zone dieser Engelgestalt liegen, daß sich in ihrer Nähe auch eine fremde Magie aus dem Unsichtbaren löste.
Ein Geist nahm Gestalt an, weil er die Verbindung, die es schon gegeben hatte, noch mehr verstärken konnte. Er wurde nicht fest, er blieb in diesem anderen Spannungsfeld stehen, aber er war zu erkennen.
Oder vielmehr sie.
»Nadine!« rief Johnny.
***
Wir sahen so gut wie nichts, doch jeder von uns stellte fest, daß sich die Atmosphäre verändert hatte. Die hinter uns liegende Tür mußte zwei verschiedene Ebenen voneinander getrennt haben, und wir erreichten ein völlig neues Gebiet.
Sicherheitshalber hatten wir die Lampen ausgeschaltet und blieben im Dunkeln stehen. Nach wie vor hielt uns die Unterwelt gefangen. Nur gab es weder Steine, Gänge, noch irgendwelche Hindernisse, wir befanden uns in einem großen leeren und auch kalten Raum noch unterhalb des normalen Bodens.
»Da ist Licht!« flüsterte Suko.
Ich merkte, wie er meinen Arm nahm und ihn in die Höhe hob. Er
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