1104 - Die Spur des irren Köpfers
hochkommen ist problematisch. Das ist alles etwas tief.«
»Ich habe eine Leiter gesehen.«
»Dann ja.«
Abe holte sie. Er hatte nichts davon gesagt, daß auch er in diese Unterwelt steigen wollte.
Die Leiter paßte. Ich prüfte noch ihre Standfestigkeit und war zufrieden. »Was ist mit dir, Abe?«
»Ich bleibe hier oben, John. Das ist keine Feigheit, aber einer muß dir den Rücken decken.«
»Klar, das sehe ich auch so.«
Douglas schaute sich nervös um. »Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe das Gefühl, ständig beobachtet zu werden. Ich meine immer, daß der verdammte Kopf irgendwo lauert und uns einfach nicht aus den Augen läßt.«
»Kann schon sein. Sei wachsam.« Schon war ich auf dem Weg in die Tiefe. In der Scheune war es dunkel gewesen, doch hier unten ballte sich die Finsternis regelrecht zusammen. Ich sah nicht einmal die Hand vor Augen, und auch von oben sickerte nur ein schwacher Schein nach unten. Da war mir die kleine Leuchte eine gute Hilfe.
Ich brauchte nicht weit zu gehen, um die Steine zu erreichen, die ich schon von oben gesehen hatte.
Jemand hatte hier unten ein kniehohes Rechteck gemauert.
Ich leuchtete hinein.
Auf dem Boden lag eine dunkle Schicht. Es war Asche. Man hatte hier etwas verbrannt.
Über mir erschien Abes Kopf am Rand der Luke. »Hast du schon etwas entdeckt?«
»Nein, nur alte und kalte Asche in diesem Grill. Aber der Keller hier ist größer, als ich angenommen hatte.« Ich leuchtete nach vorn, traf auch eine Wand, in der sich Steine und Lehm zusammengepappt hatten, und führte den Lichtkegel in die Runde.
Langsam ließ ich den Arm sinken, damit das Licht auch über den Boden streifen konnte.
In einer Ecke lagen Knochen!
Mein Herz schlug schneller, und ich hörte mich selbst scharf durch die Nase atmen. Schon auf den ersten Blick war mir klar, daß es sich hier um alte Menschenknochen handelte. Man spricht immer von bleichen Gebeinen. Das waren diese hier auch, aber zugleich hatte der Staub eine graue Schicht hinterlassen, die auf den Knochen klebte. Deshalb sahen die Reste auch grauer aus.
Ich näherte mich dieser schaurigen Hinterlassenschaft. Hier war nicht nur ein Mensch gestorben und später vermodert, sondern mehrere. Alte Knochen lagen vor meinen Füßen, und ich mußte daran denken, daß auf der Ranch des Köpfers früher einmal Schwarze Messen gefeiert worden waren, wie uns Hannah Lane gesagt hatte.
Waren sie die Opfer dieser teuflischen Feierlichkeiten? Ich mußte davon ausgehen, denn eine andere Erklärung hatte ich nicht.
Wieder meldete sich Abe. »Hast du was gefunden?«
»Ja, alte und menschliche Gebeine.«
»Verdammt!«
Ich erklärte ihm, was ich mir gedacht hatte, und fragte ihn dann, ob dort oben alles in Ordnung war.
»Im Prinzip schon, John, nur habe ich das Gefühl, daß Dobbs in der Nähe ist.«
»Hast du ihn gesehen?«
»Nein, das nicht. Aber mein Gefühl, verstehst du?«
»Klar. Ich bin auch gleich wieder oben. Ich möchte nur nach einem Hinweis suchen, der darauf schließen läßt, wieso dieser Dobbs mit dem Teufel oder wem auch immer Kontakt bekommen hat. Vielleicht finde ich hier noch etwas.«
Oft war es so, daß Menschen bestimmte Gegenstände oder Fetische benutzten, um den Teufel wohlwollend zu stimmen. Das war ähnlich wie beim Voodoo-Zauber, aber hier sah ich nichts dergleichen. Nur die Knochen lagen als einziges Indiz in der Ecke.
Keine Fußspuren auf dem Boden. Keine alten Kleidungsstücke, nicht einmal Kerzen. Diese alte Stätte des Grauens war schon seit langen Jahren verlassen.
Ein Geräusch störte mich. Allerdings war es nicht in meiner Umgebung zu hören. Es kam von oben.
Ich schaute hoch.
Abe Douglas sah ich nicht.
Dann leuchtete ich hoch und rief den Namen meines Freundes.
Auch jetzt bekam ich keine Antwort.
Ich rief lauter. »Abe?«
Da hörte ich das Geräusch erneut. Es war ein Laut, der mir einen Schauer über den Rücken rinnen ließ. Denn so stöhnte nur ein Mensch, dem es verdammt schlecht ging…
***
Er hatte ihn nicht gesehen, aber der G-man spürte, daß sich der irre Köpfer in der Nähe befand. Dabei war es ihm egal, ob ihn nur der Kopf beobachtete oder ob sich auch der Körper irgendwo verborgen hielt. Gewisse Anzeichen wiesen darauf hin. Mal gab es kurze Unterbrechungen der Stille durch ein Schaben oder ein leises Lachen, und alles spielte sich hinter seinem Rücken ab.
Abe Douglas blieb nicht mehr länger neben der Öffnung knien. Er stand langsam auf und drehte sich. Er heftete
Weitere Kostenlose Bücher