1104 - Die Spur des irren Köpfers
Beinen und stöhnte leise vor sich hin.
Was mich am meisten schockte, war die rote Lache, die aus einer Wunde am Nacken rann und sich immer mehr ausbreitete.
Der irre Köpfer hatte meinen Freund erwischt!
Es gab keine andere Möglichkeit für mich. Wie er es auch immer geschafft hatte, es war der Horror gewesen. Daß Abe noch lebte, ließ zwar den Hoffnungsfunken zu einer kleinen Flamme werden, doch ich wußte nicht, ob er die nächsten Minuten überstehen würde.
Wie ich zu ihm kam, das war mir selbst nicht klar. Ich hatte auch den verdammten Killer vergessen und fand mich schließlich neben Abe wieder, erfüllt von einer wahnsinnigen Angst.
Er lag auf der Seite. Ich sprach mit ihm, obwohl ich meine Worte selbst nicht verstand. Durch seine Haltung konnte ich sehen, wo es ihn erwischt hatte.
Am Hinterkopf, auch am Nacken. Dort hatte die Klinge eine Fleischwunde verursacht, aus der noch immer Blut tropfte. Unter dem Nacken war die Klinge an der Kleidung entlanggeglitten, aber sie hatte keine Wunde mehr am Rücken hinterlassen. Die beiden anderen Verletzungen reichten allerdings aus. Auch im Nackenhaar klebte der rote Lebenssaft.
Abe hatte gemerkt, daß ich bei ihm war. Er spürte meine Nähe, er fühlte mich auch und drehte sehr langsam den Kopf. »John«, keuchte er, »verdammt noch mal, ich bin wieder ein Idiot gewesen. Er hat mich erwischt. Ich konnte nichts mehr tun. Er lenkte mich mit seinem verdammten Kopf ab, dann kam der Körper und…«
»Hör auf zu reden, Abe. Wir packen das. Ich fahre dich nach Gatesville ins Krankenhaus.«
»Aber der Köpfer…«
»Ist erst mal nicht mehr wichtig…«
Er schloß die Augen. Ich schaute mir die Wunde an, bevor ich Abe anhob. Sie sah nicht gut aus, war aber auch nicht besonders tief, was mich wiederum hoffen ließ. Wenn nur nicht der verdammte Blutverlust gewesen wäre. Am Kopf hielt er sich noch in Grenzen. Leider nicht am Nacken, da mußte das Blut gestoppt werden.
Ich holte ein Taschentuch hervor und drückte es als einen provisorischen Verband auf die Wunde.
Es schmerzte, und ich hörte den G-man stöhnen.
»Keine Sorge, das packen wir.« Aus der Jackentasche holte ich den Wagenschlüssel hervor. Im Auto lag auch ein Verbandskasten. Er würde mir jetzt wirklich eine gute Erste Hilfe leisten.
Ich nahm Abe auf den Arm.
Bis zum Chrysler war es nicht weit. Aber auf dieser Strecke konnte verdammt viel passieren. Ich war durch meine menschliche Last so gut wie wehrlos, und bei jedem Schritt blickte ich mich sichernd um.
Truman Dobbs zeigte sich nicht.
Er blieb in seinem Versteck, wo immer es sein mochte, doch ich ging davon aus, daß er uns sehr wohl beobachtete und vielleicht auf eine Chance lauerte.
Ich öffnete die linke Hintertür. Danach bettete ich den Verletzten behutsam auf den Sitz, machte ihm mit einigen Worten Mut und öffnete den Kofferraum, um den Verbandskasten hervorzuholen.
Ich öffnete ihn und legte ihn auf das Dach.
Der Verletzte lag mit dem Kopf zur Tür hin. So konnte ich direkt in sein Gesicht schauen, wobei ich den Eindruck nicht loswurde, daß sich ein Schleier auf Abes Augen gelegt hatte.
»Keine Sorge, alter Freund, das packen wir«, flüsterte ich. »Auch wenn es etwas weh tut, da mußt du durch.«
»Nein, ich…«
»Keine Sorge, Abe, wir haben schon andere Stürme gemeinsam überstanden. Ich bin kein Sanitäter, aber ich weiß wie man einen Verletzten behandelt.«
Sehr behutsam legte ich ihm den Verband an. Auch Abes Stöhnen lenkte mich nicht weiter ab. Mir kam es nur darauf an, daß ich es schaffte, die große Blutung zu stoppen. Um die anderen Dinge würde man sich im Krankenhaus kümmern.
Ich konnte den Verband festklammern und war dann in der Lage, wieder in den Wagen zu klettern und weiterzufahren. Zuvor schaute ich mich noch um.
Nein, der irre Köpfer war nicht zu sehen. Die Dunkelheit bot ihm genügend Schutz. Eine günstige Gelegenheit hatte er verpaßt. Wahrscheinlich bewußt. Er baute voll und ganz auf seine Stärke und auf das Moment der Überraschung. Ich konnte mir vorstellen, daß er nur mit mir spielen wollte, um später um so grausamer und überraschender zuzuschlagen.
Ich stieg in den Chrysler, nachdem auch der letzte Rundblick nichts gebracht hatte.
Im Fond lag Abe Douglas. Er hatte das Bewußtsein behalten und stöhnte vor sich hin.
»Ich bin nur Ballast für dich, John…«
»Verdammt noch mal, hör auf.«
»Er ist schlau, John.«
»Das weiß ich.«
»Mach dich auf alles gefaßt.«
Ich startete
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