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1105 - Glendas Totenhemd

1105 - Glendas Totenhemd

Titel: 1105 - Glendas Totenhemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Warum auch? Es gab Menschen, die einfach bestimmte Wege gehen mußten. Sie gehörte dazu, denn sie sah sich als eine Auserwählte an. Die Spur hatte sie recht gut verwischen können. Es hatte ein knappe Totenanzeige in der Zeitung gegeben, damit war der Arbeitgeber beruhigt worden. Ob sich irgendwelche Verwandte meldeten, wußte sie nicht. Es wäre auch schwer gewesen, ihre Spur zu finden. Zudem hatte Cordelia Miller sie immer nur allein besucht.
    Die alte Holztür schloß sie nicht ab.
    In diesen Keller kam sowieso nur sie hinein. Er gehörte zum Geschäft, die anderen Bewohner des Hauses besaßen keine Keller.
    Mit einem sehr guten Gefühl ging sie die Stufen der Treppe wieder hoch und hielt sich für einen Moment im schmalen Flur auf, der von der Eingangstür zum Geschäft führte. Es war ein Hintereingang, denn ihr kleiner Laden lag auch in einem Hinterhof. Wer das Haus auf dem normalen Weg betrat, der mußte es von vorn tun.
    Sie hatte den Laden abgeschlossen. Ein Kunde würde jetzt nicht kommen. Recht zufrieden stieß sie die Tür zu ihrem Geschäft auf und überlegte, ob sie noch einige Kleider richten und dekorieren oder ob sie sich in ihrem kleinen Privatraum ausruhen sollte.
    Sie entschied sich für die letzte Möglichkeit. Auf der Tür stand das Wort privat. Sie öffnete und betrat einen kleinen Raum mit einem ebenfalls kleinen Fenster. Es gab noch eine zweite Tür, die zu einer Toilette mit Waschbecken führte. Ansonsten war das Zimmer als Büro eingerichtet worden.
    Es gab einen kleinen Schreibtisch, auch einen schmalen Schrank für die Akten. Ein Kühlschrank war ebenfalls vorhanden, auch ein Fernseher, aber kein Computer. Dafür eine Rechenmaschine, die neben dem Telefon ihren Platz gefunden hatte.
    Natürlich hingen auch hier noch Kleider, Mäntel und einige Jacken. Auf einem kleinen fahrbaren Gestell mit Stange hatte Isabella alles sorgfältig aufgehängt - und auch das besondere Kleid, das aussah wie ein Totenhemd.
    Sie setze sich nicht hinter ihren Schreibtisch, sondern schaltete dort nur die Lampe an. Das Licht reichte ihr aus, während draußen allmählich die Dunkelheit über die Stadt kroch.
    Vor dem besonderen Kleid blieb sie stehen. Das Licht war etwas gelblich und verteilte auch diese Farbe auf dem Kleid. So glich es immer mehr einem alten Totenhemd, das schon ein paarmal getragen worden war.
    Isabella streichelte über den Stoff hinweg. Dabei begann sie zu lächeln. Was sich so anfühlte wie Stoff, das war keiner, sondern etwas ganz Besonderes. Es besaß verschiedene Eigenschaften. Es war hart und weich zugleich, aber es konnte sich auch anschmiegen oder störrisch sein. Diese Mischung aus Kleid und Totenhemd mußte als einmalig bezeichnet werden.
    Je länger sie über den ungewöhnlichen Stoff hinwegstrich, um so erregter wurde sie. Sie wußte, daß sie, wenn sie so weitermachte, das Kleid einfach überstreifen mußte. Da gab es keine andere Möglichkeit, denn dann verwandelte sich ihr Drang in eine regelrechte Sucht. Noch riß sie sich zusammen, doch lange würde der normale Zustand nicht anhalten, das wußte sie.
    Isabella zog die Hände zurück und drehte sich dem Spiegel an der Wand zu. Er wies die gleichen Maße auf wie der in der Umkleidekabine und war mehr hoch als breit.
    Sie betrachtete sich.
    Zufrieden mit ihrem Spiegelbild war sie nicht. Man konnte auch nicht von einer modernen Kleidung sprechen, die sie am Körper trug. Ein langer, etwas pluderiger Rock, dazu der violette Pullover, der etwas changierte, das war in der Mode nicht eben in. Doch das machte ihr nichts. Weniger zufrieden war sie mit ihrem Aussehen. Sie war mittlerweile 41 Jahre alt geworden und hatte die Hälfte des Lebens sicherlich hinter sich. Genau das sah man ihr auch an.
    Ihre Haut hatte sich verändert. Es gab einfach zu viele Falten. Hinzu kam die Farbe der Haut. Sehr braun, künstliche gebräunt von der Sonnenbank, deshalb erinnerte sie Isabella auch manchmal an dünnes Leder. Dunkle Augen, eine gerade Nase, schmale Lippen und auch ein schmales Gesicht mit leicht eingefallenen Wangen. Von einer Frisur konnte man bei ihren Haaren nicht sprechen. Sie hingen wie struppige und an den Enden auseinandergefranste Zöpfe um ihren Kopf herum und streiften sie mit den Spitzen über die Schultern hinweg.
    Eine hohe Stirn, die auch nicht mehr so glatt war. Falten an den Mundwinkeln, und die Haut am Hals hatte ebenfalls die Straffheit verloren.
    Manchmal gab es Tage, an denen sie sich haßte. Und da war es schon gut,

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